Schmalkalden Viba-Geschäftsführung kontert Attacke der Gewerkschaft

Sauer aufgestoßen ist der Gewerkschaft, dass sie ihren Info-Stand beim Süßwarenhersteller nicht in der Kantine in Floh-Seligenthal aufstellen darf. Foto: Wolfgang Benkert

Die Geschäftsführung des Süßwarenunternehmens Viba sweets GmbH widerspricht dem Vorwurf der Gewerkschaft, den Zugang zum Betriebsgelände verweigert und damit gegen geltendes Recht verstoßen zu haben.

 
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Schmalkalden - Schwere Vorwürfe gegen das Süßwarenunternehmen Viba sweets GmbH mit Hauptsitz in Floh-Seligenthal hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) erhoben. Der Gewerkschaft sei der Zutritt zum Betrieb verweigert worden, teilt Jens Löbel, Geschäftsführer der NGG-Region Thüringen mit und bezeichnet das als „ungeheuerlichen Vorgang“. Die NGG habe einen Stand in der Kantine im Produktionsstandort Floh-Seligenthal für den 25. Juni angemeldet. Man habe über die Möglichkeit der betrieblichen Mitbestimmung durch Betriebsräte und den aktuellen Stand zu den Tarifverträgen informieren wollen. Dieses Ansinnen habe der Arbeitgeber mit Verweis auf sein Hausrecht verweigert. Ein Ausweichtermin sei nicht genannt worden. Nun wolle man den Zugang zum Betrieb gerichtlich durchsetzen, so Löbel.

In der Zwischenzeit hat die Geschäftsführung von Viba sweets reagiert. „Wir werden der Gewerkschaft vorschlagen, auf dem Parkplatz auf unserem Betriebsgelände in Seligenthal einen Info-Stand aufzustellen“, erklärt auf Nachfrage Geschäftsführerin Corinna Wartenberg. Sie und Personalleiterin Katja Vogt können allerdings nicht verstehen, warum die Gewerkschaft solche, aus ihrer Sicht, teils unwahre Vorwürfe gegen das Unternehmen erhebt. Da nun auch noch Sandro Witt, Direktkandidat der Linken für den Bundestag im hiesigen Wahlkreis, und stellvertretender Bezirksvorsitzender des DGB Hessen-Thüringen sowie Leiter des DGB-Landesbüros, die Vorwürfe gegen den Süßwarenhersteller in seiner Wahlkolumne in der Heimatzeitung am Donnerstag wiederholte, vermutet Wartenberg einen politischen Hintergrund. „Wir wollen aber auf keinen Fall in den Wahlkampf hineingezogen werden.“ Die Geschäftsführung habe immer Anfragen von Parteien jeglicher Gesinnung abgelehnt, betont die Marketing-Chefin.

Corinna Wartenberg weist die Vorwürfe von Löbel und Witt entschieden zurück, das Informationsrecht der Gewerkschaft beschneiden zu wollen. Die Gewerkschaft sei in den zurückliegenden Jahren schon mehrfach im Hause und auf dem Gelände gewesen, zuletzt 2018. Der Antrag, am 25. Juni einen Info-Stand in der Kantine aufzustellen, sei aufgrund der aktuellen Infektionsschutzrichtlinien abgelehnt worden. „Unser Pausenraum ist 65 Quadratmeter groß. Deshalb dürften rein rechnerisch sich nur 6,5 Personen gleichzeitig darin aufhalten. Wenn dann schon zwei Gewerkschafter dort sind, ist für die eigene Belegschaft zu wenig Platz“, begründet Corinna Wartenberg. Das habe man der NGG mitgeteilt. „Wir sind davon ausgegangen, dass Herr Löbel sich bei uns meldet, um Alternativen zu besprechen. Stattdessen wurde die Pressemitteilung veröffentlicht, die unsere Firma verunglimpft“, so die Geschäftsführerin.

Das Unternehmen verstoße nicht gegen geltendes Recht. Es müsse das Ansinnen der Gewerkschaft gegen die eigenen Interessen, etwa einen störungsfreien Betriebslauf und die Gewährleistung des Arbeitsschutzes, abwägen. Deshalb würden zurzeit nur absolut notwendige betriebsfremde Personen in die Gebäude gelassen, wie Monteure oder Techniker anderer Firmen. In geschlossenen Räumen sei nach wie vor die Gefahr der Ansteckung mit Covid-19 groß. Aus diesem Grund schlage man der NGG nun vor, auf den Parkplatz auszuweichen.

Auch inhaltlich weisen Corinna Wartenberg und Katja Vogt die Vorwürfe zurück. Etwa, dass sich „das Vorzeigeunternehmen der betrieblichen Mitbestimmung entzieht und Löhne weit unter dem Tarifvertrag der Süßware zahlt“. Die Gewerkschaft fordert, den betriebsrats- und tariflosen Zustand zu beenden.

Bis Mitte der 1990er-Jahre habe es einen Betriebsrat gegeben, erläutert dazu die Personalleiterin, die als Mitarbeiterin im Rechnungswesen bei Viba begonnen hat. Dann hätten sich keine Kandidaten aus der Arbeitnehmerschaft mehr gefunden, die dort mitwirken wollten. Im Tochterunternehmen Heilemann im Allgäu gebe es einen Betriebsrat, „mit dem wir partnerschaftlich zusammenarbeiten“, sagt Corinna Wartenberg.

Sollte sich ein Betriebsrat gründen, werde die Geschäftsführung das natürlich akzeptieren, betont Wartenberg. „Die Unterstellung, mit unserer Absage das verhindern zu wollen, ist schlichtweg falsch“, empört sich Wartenberg. Ebenso wie die Aussage von Jens Löbel, dass Beschäftigten, die einen Betriebsrat hätten gründen wollen, gekündigt worden sei. Das seien unbewiesene Mutmaßungen.

Richtig sei, dass es bei Viba sweets keine Tarifbindung bei Löhnen und Gehältern gebe. „Wir orientieren uns aber an drei geltenden Tarifen“, erklärt Katja Vogt. Das liege daran, dass im Unternehmen etwa 400 Menschen in drei Bereichen tätig sind – in der Fertigung in der Süßwarenproduktion, in der Gastronomie in den Nougat-Welten und im Handel in den Viba-Shops. Man habe deshalb drei Pakete geschnürt und orientiere sich bei der Bezahlung an den jeweiligen Branchen. Wie viel Prozent bei Viba weniger gezahlt werde als im Tarif verankert, kann Vogt nicht sagen. Aber man habe andere Anreize geschaffen, um die Beschäftigten ans Unternehmen zu binden und deren Zufriedenheit zu erhöhen.

So gebe es die Altersvorsorge-Tantieme – eine Form der Gewinnbeteiligung der Mitarbeiter in der Fertigung. 15 Prozent des Gesamtgewinns würden an diese ausgezahlt, automatisch, mit vier Prozent Verzinsung.

Im Bereich Gastro gebe es etwa Sonntagszuschläge und im Handel Provisionsmodelle und Umsatzbeteiligungen.

„Wir haben keinen Bereich in eine extra Gesellschaft ausgegliedert, wie es andere tun, sondern verfolgen die Philosophie, dass alle Viba-Mitarbeiter ein Team bleiben“, betont Vogt.

Zur jährlichen Belegschaftsversammlung und zur Weihnachtsfeier, die wegen der saisonalen Belastung im Dezember bei Viba immer im Januar stattfindet, würden alle Mitarbeiter über Entwicklungen, Umsätze und Projekte informiert sowie über Aushänge.

In der Regel seien Löhne und Gehälter jährlich um etwa zwei Prozent gestiegen, nur 2019 gab es eine Nullrunde, erläutert die Personalleiterin. Zum 1. Juli dieses Jahres erhalten alle Mitarbeiter 2,5 Prozent mehr.

Zudem habe es eine Corona-Pandemie-Prämie in Höhe von 300 Euro für alle gegeben. Und das Kurzarbeitergeld sei vom Arbeitgeber auf 85 Prozent aufgestockt worden. „Und das, obwohl die Nougat-Welt sieben Monate geschlossen war“, ergänzt Corinna Wartenberg. Es sei niemand in der Krise entlassen worden. Man habe Anfragen von Mitarbeitern nach Nebenbeschäftigungen in der Kurzarbeitszeit positiv beschieden.

Das Durchschnittsalter der Beschäftigten liege bei 42 Jahren, weiß Vogt. Diese relativ junge Belegschaft sei von sich aus bestrebt, im Unternehmen vorwärtszukommen. Die Bezahlung orientiere sich an den üblichen Entgelten der jeweiligen Branche, ausschlaggebend seien aber nicht Berufsjahre, sondern die Tätigkeit und Funktion. Im Übrigen stünden schon von jeher die Türen der Geschäftsführung jedem Mitarbeiter bei Problemen offen. „Jeder kann zu uns kommen oder anrufen“, betont Corinna Wartenberg, die als Trainee im Unternehmen begann und seit April den Bereich Marketing in der Geschäftsführung verantwortet.

Durch Corona habe die Kommunikation und der Zusammenhalt insgesamt gelitten, sagt Katja Vogt. Keine Weihnachtsfeier, keine Belegschaftsversammlung, Distanz halten und Homeoffice stünden der bisherigen Praxis entgegen. Deshalb müsse nun wieder mehr für den Teamgeist getan werden. In Planung sei eine Viba-App, um auf digitalem Wege wieder mehr Zusammenhalt zu erzeugen. Die öffentlichen Anschuldigungen der Gewerkschaft hätten viele Mitarbeiter persönlich genommen und als Rufschädigung verstanden, geben die beiden leitenden Angestellten das Echo im Haus wieder.

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