Ramona Nößler winkte ihm von unten herzlich zu. Dann trat eine blonde Dame auf den Minibalkon von Richards Zimmer und fotografierte den Lkw aus Schmalkalden. Richards ist neben dem 79-jährigen Sänger Mick Jagger einziges Band-Urgestein von 1962 an. Schlagzeuger Charlie Watts verstarb im August 2021 im Alter von 80 Jahren. Minuten später blickte auch Mick Jagger aus seiner Präsidenten-Suite, zwei Etagen über Richards, aus dem Fenster. Ein Gespräch mit dem Sicherheits-Chef der Rolling Stones bezüglich des besonderen Autogrammwunsches brachte wenig. Er erklärte, sein Job sei es, für maximale Sicherheit der Band zu sorgen und jedwede Risiken möglichst klein zu halten, er könne leider nichts für die Nößlers tun. Viele vorbeikommende Berlin-Touristen und Stones-Fans fotografierten den Lkw und verteilten Komplimente an das Ehepaar Nößler. Eine Frau, die aus Atlanta (USA) extra zum Stones-Konzert nach Berlin geflogen war, machte mit großer Begeisterung Fotos von allen Seiten vom Kunstobjekt und bedankte sich bei den Schmalkaldern.
Ein Knöllchen fürs Parken vor dem Adlon
Nach drei Stunden Trubel kam dann das Berliner Ordnungsamt und verteilte Knöllchen am Brandenburger Tor und bereitete damit der temporären Touristenattraktion ein Ende. Umso größer war die Freude jedoch beim Ehepaar Nößler, als sie einen Tag später, ohne ihren Lkw, den sie einige hundert Meter entfernt abgestellt hatten, vor dem Hotel mit einem deutschen Mitarbeiter des Security-Teams der Stones sprachen und dieser sagte, auch er könne zwar nicht viel dafür tun, was das Signieren des Trucks anbelangt, dies liege leider nicht in seinem Kompetenzbereich. Aber er zeigte den Nößlers auf seinem Handy, dass auf der von den Rolling Stones offiziell betriebenen, eigenen Instagram-Seite am Morgen des Konzerttages in Berlin, zwei Fotos vom Stones-Truck als Status-Bilder eingestellt wurden. Eines war das Foto, das die unbekannte blonde Dame aus dem Hotelzimmer von Keith Richards vom LKW gemacht hatte. Die zweite Aufnahme zeigt den kompletten Truck mit Anhänger auf einer Straße in Berlin. „Dies ist schon ein großer Coup, denn so etwas passiert gewiss nicht alle Tage“, kommentierte der Sicherheits-Mitarbeiter der Band.
Am Tag nach dem Konzert in Berlin, was die Nößlers diesmal leider wegen Terminverpflichtungen nicht besuchen konnten, kam es dennoch zu einem weiteren, kleinen Happy End. Als der mit seinen 75 Jahren Jüngste der Rolling-Stones-Kerntruppe, Gitarrist Ronnie Wood, am Tag nach dem Konzert mit seiner Frau Sally das Hotel über einen Nebeneingang verließ, gab er noch einige Autogramme mit blauem Filzstift. Auch auf ein Fotoplakat des Schmalkalder Stones-Trucks, bevor er mit einer Luxuslimousine, freundlich winkend, davonbrauste. Auf die direkte Reporter-Frage, wie er dieses rollende Kunstwerk finde, antwortete Wood auf Englisch: „Ich habe den Truck vor dem Hotel stehen sehen. Er ist wirklich sehr schön.“ Dieses Kompliment kommt nicht von irgendwem. Seit seiner Kindheit widmet sich Ronnie Wood der Bildenden Kunst. Seine Malereien und Grafiken werden seit Jahrzehnten weltweit in Ausstellungen gezeigt. Einige seiner Gemälde hängen auch im Stones-Museum im niedersächsischen Lüchow im Wendland. Museumschef Ulli Schröder war mehrere Jahre der Galerist von Ronnie Wood und hat dessen Arbeiten im deutschsprachigen Raum verkauft. Der Stones-Truck-Besitzer Jens Nößler und seine Frau Ramona freuen sich „jedenfalls riesig über das Autogramm von Ronnie Wood und die weltweite Beachtung durch den Instagram-Post der beiden Lkw-Fotos durch die Rolling Stones.“
Die Nößlers jedenfalls tragen weiterhin die Hoffnung in ihren Fan-Herzen, dass es „irgendwann doch noch mit einem Autogramm der Stones auf ihrem LKW klappen wird. Wir würden dafür sogar bis nach London fahren“, sagt Jens Nößler und lächelt.