Schmalkalden-Meiningen Greiser: Atomlager? Nein danke

Atommüllfässer in Morsleben. Foto: picture alliance / dpa/Jens Wolf

Wird Südthüringen das Atomklo Deutschlands? Für Schmalkalden-Meiningens Landrätin Peggy Greise ist das eine realistische Gefahr. Sie sieht die Region im nun fortschreitenden Such-Verfahren benachteiligt und trommelt nun für politische Unterstützung im Kampf gegen ein Atommüll-Endlager.

 
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Meiningen/Berlin - Nach Müllofen, Stromtrassen, Pumpspeicher und ICE-Strecke nun womöglich auch noch ein Atommüll-Endlager als weiteres Großprojekt-Vorhaben zulasten Südthüringens: Dieses Szenario sieht die Schmalkalden-Meininger Landrätin Peggy Greiser kommen – und kritisiert die Vorgehensweise des Bundes bei der Suche nach geeigneten Lagerstätten scharf. „Wir sind besorgt über das derzeit laufende Standortauswahlverfahren“, erklärte die SPD-nahe Politikerin am Freitag. Nach ihrer Ansicht fehlt es an Transparenz und wissenschaftlicher Ausgewogenheit. Nur so sei es zu erklären, dass überdurchschnittlich viele der Lagerstätten-Kandidaten Thüringer Flächen seien.

Am Mittwoch hatte die Debatte über ein künftiges deutsches Endlager neue Fahrt aufgenommen. Die zuständige Bundesgesellschaft für Endlagerung ( BGE) hatte vier Modellregionen bekannt gegeben, in denen bald ausprobiert werden soll, welche geologischen Untersuchungsmethoden man am besten anwendet, um diese und alle anderen in Frage kommenden unterirdischen Gesteine auf ihre Eignung als Lager für radioaktive Abfälle zu testen.

Zwei dieser vier Modellregionen betreffen Thüringen, darunter einen breiten Streifen von Suhl über Schleusingen/Hildburghausen und Eisfeld bis in den Südzipfel des Kreises Sonneberg sowie Teile der Region Ilmenau. Der Wartburgkreis ist gar nicht, Schmalkalden-Meiningen nur mit dem Dorf Dillstädt betroffen.

Allerdings sind rund 70 Prozent Schmalkalden-Meiningens als prinzipiell geeigneten Flächen-Kandidaten eingestuft, auf die dann später die in den Modellregionen getesteten Methoden angewendet werden sollen. Insgesamt haben 54 Prozent der Gesteins-Flächen Deutschlands diesen Status. In Thüringen beträgt dieser Anteil 60 Prozent; nur Südostthüringen, der größte Teil des Kreises Sonneberg, der südwestliche Kreis Hildburghausen sowie große Teile des Werra-Kalireviers sind schon jetzt als Atommüll-Standort ganz ausgeschlossen. Eine entsprechende Deutschland-Karte war bereits Ende September 2020 veröffentlicht worden – damals ohne kritische Thüringer Reaktionen. Die BGE betonte am Mittwoch, dass es sich bei den vier Modellgebieten nicht um eine engere Auswahl bei der Endlagersuche handele.

Am Mittwoch nun hatte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) die Wahl der Thüringer Modellregionen als unfair kritisiert. Demgegenüber gab sich die CDU zuversichtlich, dass der Atommüll-Kelch an Thüringen vorbeiziehen werde. Am Freitag forderte der Landesverband der Freien Wähler mit Verweis auf die Belastungen aus dem Uranabbau, Thüringen aus der Endlagersuche auszuschließen.

Landrätin Greiser argwöhnt nun darüber hinaus, dass die Geologen der BGE ungenaue Daten zur Standortsicherheit erhoben hätten. So seien detaillierte analoge Karten „offenbar komplett durchs Raster gefallen“, heißt es in Greisers Erklärung. „Die in Thüringen ausgewiesenen Teilgebiete sind demzufolge deutlich zu groß.“ So seien in Teilen der ausgewiesenen Flächen die für das Endlager notwendigen Gesteine gar nicht vorhanden, was auch für Schmalkalden-Meiningen gelte.

Zudem moniert die Kreischefin, dass die Frist für die fachlichen Stellungnahmen zu kurz und der Auswahlprozess bereits ohne Öffentlichkeit weit vorangeschritten sei. „Das Verfahren findet unter enormen Zeitdruck statt. Es hat den Anschein, dass hier etwas möglichst geräuschlos und schnell durchgedrückt werden soll.“ Alle Thüringer seien daher aufgefordert, sich in den Prozess aktiv einzubringen. „Die Region ist bereits durch zahlreiche Stromtrasse- und Infrastrukturprojekte massiv betroffen.“

Das Landratsamt werde nun die Initiative ergreifen und vor einer am 6. und 7. August geplanten Fachkonferenz der BGE bei weiteren Thüringer Landkreise für ein gemeinsames Vorgehen werben. Die Bürger forderte Greiser auf, selbst an dieser digitalen Konferenz teilzunehmen, Anträge einzureichen und so den Druck zu erhöhen und mehr Transparenz zu schaffen.

Zudem möchte der Landkreis Experten aus der Region wie etwa Geologen zur Mitarbeit in einem „Fachforum Teilgebiete“, dass von der BGE errichtet werden soll, gewinnen, „um tatsächlich alle Ausschlusskriterien für unsere Region zu beleuchten und festzuschreiben“. Ziel müsse es sein, einen Standort in Deutschland mit der bestmöglichen Sicherheit zu identifizieren.

 www.fachkonferenz-anmeldung.de

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