Schmalkalden Fahrschullehrer an die Wand gemalt

Der Schmalkalder Werbefachmann und Künstler Jörg Wolke hat wieder zum Pinsel gegriffen und kahle Wände zur Leinwand gemacht.

 
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Frank Luck hat alles im Blick. Muss er auch. Als Fahrschullehrer ist es mitunter lebenswichtig, dass man den Überblick behält, gerade wenn es brenzlig wird. Doch nicht nur im Auto spüren die Schüler seinen Blick, seit Kurzem auch in den Unterrichtsräumen. Denn egal, auf welchem Stuhl man sich auch niederlässt, der Chef sitzt einem im Nacken, sein Blick scheint überall hin zu verfolgen. „Man meint sogar, dass er seinen Sohn auf der gegenüberliegenden Wand kritisch beäugt“, sagt Jörg Wolke. Er muss es wissen, er hat das Vater-Sohn-Gespann an die Wand gemalt. Strich für Strich. Lucks Frau Andrea schmunzelt, als Wolke das sagt.

Den Schmalkalder Jörg Wolke, dessen Leidenschaft von Kindesbeinen an das Malen ist, kennen die Lucks seit etwa 15 Jahren. Damals hat er die stinknormale Werbung übernommen, auch die Autos der Fahrschule beklebt. Jetzt sollte es mal etwas Besonderes sein, denn das 25-jährige Bestehen der Fahrschule steht dieses Jahr an. Und da Wolke bereits eine Wand in den Räumen der Fahrschule bemalt hatte, waren die Lucks gespannt, welche Idee der gebürtige Trusetaler diesmal ausbrüten würde.

Richtig bekannt wurde Wolke mit der Bemalung von Lkw-Sattelzugmaschinen: AC/DC, die Stones oder Herr der Ringe. Zuletzt waren es Formel-1- und Las-Vegas-Legenden, die für Schlagzeilen sorgten und der riesige röhrende Hirsch an einer Schallschutzwand in der Oberhofer Skiarena. Dann folgten großflächige Wandbilder in Unternehmen der Region im vergangenen Jahr. Die jüngsten Bilder aus der Hand des diplomierten Industriedesigners sind zwar kleiner, wirken aber genau so wuchtig auf den Betrachter. Denn wer die Fahrschule Luck auf dem Schmalkalder Lutherplatz betritt, der schaut sofort ins Gesicht des Inhabers. Frank Luck war von der Idee Wolkes begeistert, sich selbst ein Denkmal zu setzen und ihn an die leere Wand zu pinseln. Und das soll jetzt keineswegs despektierlich klingen, es ist schlicht die Wahrheit. Denn Jörg Wolke hat nach seiner Airbrush-Phase das Zeichnen mit dem Pinsel wieder entdeckt. „Das ist das Wahre“, sagt er.

Neben dem Konterfei des Fahrschullehrers hat er Designstudien der bevorzugten Automarke der Lucks auf die Wand gebracht. Dass die beiden Lucks, der Senior links und der Junior rechts, das Wandbild rahmen, „gibt der ganzen Geschichte einen Sinn“, sagt Wolke – zufrieden auf sein Ergebnis blickend. An seinen Händen hat er noch Farbe, denn er hat „noch ein bisschen am Gesicht vom Toni rumgemalt“. Denn das, was Jörg Wolke macht, kann eben nicht jeder. Ein Bild ist eben kein Foto. Ein Bild lebt. „Sonst hätte man ja auch ein Poster aufhängen können.“ Fotos macht Wolke auch – als Vorlage für seine Bilder.

Sohn Toni Luck fängt am 2. Mai mit seiner Fahrlehrerausbildung an und tritt somit in die Fußstapfen des Vaters. Was den sichtlich stolz macht. Den künftigen Juniorchef hat Wolke im Graffiti-Style verewigt. Wenn das 50-Jährige ansteht, werden vielleicht Tonis Kinder über die Bilder an der Wand schmunzeln.

Ein paar hundert Meter weiter, im Stadtteil Walperloh, hat Jörg Wolke eine andere Künstlerin glücklich gemacht. Tamara Bode eröffnete im vergangenen Jahr ein Tattoo-Studio, kam in Wolkes Firma und wollte von ihm die übliche Werbung. „Dann hat sie meine Bilder gesehen und war sofort begeistert.“

Einige dieser Bilder wird Jörg Wolke in seiner ersten eigenen Ausstellung zeigen, die nächstes Jahr im Januar im Kempinski in Dresden zu sehen sein wird. „Ein echter Knaller“, freut sich der Schmalkalder schon jetzt. Die Schau sollte ursprünglich schon dieses Jahr sein, aber das Grand Hotel Taschenbergpalais Kempinski neben dem Zwinger wird dieses Jahr generalsaniert und öffnet dann sozusagen mit Wolkes Ausstellung. Angebote, seine eigenen Bilder zu zeigen, hatte Wolke schon einige. Aber er ließ sich Zeit. Nun sei die Zeit gekommen, sagt er.

Zurück ins Walperloh: Für Tamara Bode malte er einen stilisierten Frauenkopf und einen Totenkopf im Science-Fiction-Style und veredelte so ihre Studiowand. Was für ein Kontrast zu einer weiteren Arbeit des Schmalkalder Künstlers: In der Zahnarztpraxis Rudolph schauen die Prophylaxe-Patienten seit geraumer Zeit auf einen echten Wolke. Eine Frau, die gerade auf eine Chili-Schote beißt, und ein Auge zukneift, ist das Motiv. „Das sollte Frische ins sterile Praxiszimmer bringen und auch gute Laune.“ Dass die Patienten ganz genau hinschauen, weiß Wolke. Denn Heike Rudolph hat ihm erzählt, dass mehreren aufgefallen sei, dass die Backsteine auf dem Wandbild genau so aussehen wie die am Haus. „Das ist so. Ich habe die draußen an der Außenwand gemessen und sogar die Fugen in Originalgröße und -farbe drinnen nachgemalt“, sagt Wolke und kneift dabei genau wie sein Modell ein Auge zu.

Übrigens: Dass es so aussieht, als schaue Frank Luck jeden im Raum an, liegt an den Augenpunkten, die Wolke mit dem Pinsel gesetzt hat. Die sieht aber nur, wer ganz genau hinschaut.

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