Schmalkalden Älteste Einwohnerin feiert 105. Geburtstag

Zum 105. Geburtstag gratulierte Bürgermeister Thomas Kaminski der Jubilarin Helene Viernickel (Mitte) wieder persönlich. Foto: privat

Helene Viernickel aus Schmalkalden ist 105 Jahre alt geworden – und damit die älteste Bewohnerin der Fachwerk- und Hochschulstadt.

 
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Helene Viernickel darf sich im Augenblick als Rekordhalterin fühlen. Mit 105 Jahren ist sie – Stand Mai 2022 – der älteste noch lebende Mensch in Schmalkalden. Ihren fast schon biblischen Geburtstag konnte die gebürtige Trusetalerin nach zwei Jahren Coronapandemie endlich wieder richtig feiern. Am 5. April. Im Vereinsheim der Bergfreunde. Im Kreis der Familie, mit Freunden und Bekannten. Die „Bergfreunde“ überraschten die Jubilarin mit einem Auszug aus ihrem umfangreichen Musikrepertoire. Auch Bürgermeister Thomas Kaminski gratulierte, diesmal persönlich. Zum 103. und 104. Geburtstag ging das nur telefonisch. Auch auf ihre beliebten Kaffeekränzchen im Café Liebaug hatte die inzwischen vierfache Oma und zweifache Ur-Oma in den letzten beiden Jahren verzichten müssen. Abstand halten, kaum soziale Kontakte und Aktivitäten, Helene Viernickel litt sehr unter den Einschränkungen.

Umso mehr genoss sie die schöne Feier zu ihrem 105. Geburtstag, wie sie der Heimatzeitung erzählte. Die aktuellen Ausgaben liest sie nämlich immer noch jeden Tag. Wenn auch nur die Überschriften, wie sie am Telefon verrät. Zu viel Krieg, Not und Elend, sagt die kleine zierliche Seniorin mit dem modernen Kurzhaarschnitt. Wenn sie an die Zukunft des Landes denkt, werde ihr schon bang. Dass die Menschen nicht friedlicher werden und aus der Vergangenheit lernen, hatte die Seniorin schon bei meinem letzten Besuch vor zwei Jahren beklagt. Auch wenn die Beine nicht mehr so wollen, verfolgt Helene Viernickel alles, was um sie herum geschieht, sehr aufmerksam. Hin und wieder greift sie auch noch zur Strick- oder Häkelnadel. Eine Bauersfrau hatte ihr seinerseits Handarbeiten beigebracht.

Hinter der 105-Jährigen liegt ein bewegten Leben mit Höhen und Tiefen. Als jüngstes von sieben Kindern wuchs sie in Trusetal auf. Nach dem Abschluss der 8. Klasse wechselte die fleißige Schülerin auf die Handelsschule nach Schmalkalden. Die Buchhaltung mochte sie am liebsten. Da sie nach der Lehre keine Anstellung fand, zog die junge Frau nach Eisenach, arbeitete dort in einem Hotel als Zimmer- und Küchenmädchen. Es waren die „goldenen Zeiten“, die ab 1929 mit der Weltwirtschaftskrise jäh abbrachen. Auf Umwegen fand Helene Viernickel in den 1930er-Jahren in Schmalkalden nicht nur ihren Traumjob, als Verkäuferin im „Café Viebahn“, sondern auch ihre erste große Liebe. Der Verlobte gilt seit Stalingrad als vermisst. Sein Porträt hängt noch immer neben dem Bild ihres Mannes Gerhard, den sie 1948 heiratete. Ihm zuliebe gab die zweifache Mutter ihre geliebte Arbeit im Café auf. 1965 starb der Ehemann nach mehreren Herzinfarkten. Mit 48 Jahren war sie Witwe und alleinerziehende Mutter zweier Töchter; Barbara, geboren 1952, und Heide, geboren 1956. Helene Viernickel wohnt auch im hohen Alter noch in ihren eigenen vier Wänden, gemeinsam mit Tochter Barbara und deren Mann Klaus. Vor neun Jahren waren die beiden zurückgekehrt, aus dem Westen in die Heimat nach Schmalkalden. Um, inzwischen Rentner, die Mutter zu betreuen.

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