Schicksal der Besiegten Warum ein Franzose durch Zella-Mehlis starb

In Zella-Mehlis erinnern Stadtverwaltung und Kirche an den 80. Todestag des Franzosen Marcel Callo. Das kann auch ein Rückblick sein, wie Besiegte trotz guten Willens nach Kriegen besondere Härten erleiden.

Propaganda für den französischen Arbeitsdienst, der junge Franzosen nach der Niederlage gegen Deutschland für die Arbeit bei den Besatzern rekrutierte. Auf dem linken Plakat steht: „Ich arbeite in Deutschland. Für die nächste Generation, für meine Familie, für Frankreich, machen Sie es wie ich!“ Das Plakat in der Mitte sagt: „Junge – für Sie, für die Ihren, für unsere Gefangenen. Üben Sie einen guten Job aus, indem Sie einen Beitrag zur nächsten Generation leisten.“ Foto: imago

Die Stadt Zella-Mehlis und die katholischen Kirchgemeinde „Christkönig“ werden am Mittwoch, 19. März, an den 80. Todestages von Marcel Callo erinnern. Die öffentliche Gedenkveranstaltung beginnt um 13 Uhr am Gedenkstein für Zwangsarbeiter im Sommerauweg, Kreuzung Talstraße, wie Linda Münzel, Sprecherin der Stadtverwaltung mitteilt. Zella-Mehlis liegt im Landkreis Schmalkalden-Meiningen und ist Nachbarstadt von Suhl.

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Der französische Katholik und Jugendarbeiter Marcel Callo (6. Dezember 1921 bis 19. März 1945) war ein Gegner des Nationalsozialismus, der als 22-Jähriger von Frankreich nach Zella-Mehlis verschleppt wurde und in der Waffenfabrik Walther Zwangsarbeit leisten musste.

Vorausgegangen war die französische Niederlage nach nur sechs Wochen Krieg gegen den Angriff Deutschlands im Jahr 1940. Obwohl – oder gerade weil – der südfranzösisches Reststaat in Vichy und ein Teil der Franzosen mit den Besatzern kooperierten (um die Folgen der Niederlage erträglicher zu gestalten), wurden junge Franzosen zur Arbeit in Deutschland verpflichtet.

Das Vichy-Regime im unbesetzten Südfrankreich führte den „Service du travail obligatoire“ (STO: „Pflichtarbeitsdienst“) ein, bei dem rund 650 000 Franzosen nach Deutschland zur Arbeit mussten. Der STO rekrutierte in ganz Frankreich, auch Marcel Callo kam über dieses Pflichtprogramm nach Deutschland. Im Gegenzug für die Hilfe aus dem STO ermöglichte Deutschland lediglich die Rückkehr von weniger als 100 000 französischen Kriegsgefangenen, die aus Alters- und Gesundheitsgründen wohl ohnehin zurückgeschickt worden wären.

Als Zivilarbeiter wurden aus allen Landesteilen insgesamt bis 922 000 Franzosen (freiwillige, dienstverpflichtete wie im STO und Sklaven-Zwangsarbeiter) in Deutschland eingesetzt. Von den 1,6 Millionen französischen Kriegsgefangenen aus der Zeit von Mai/Juni 1940 waren am Kriegsende immer noch eine Million als Arbeitskräfte in Deutschland tätig.

Im Arbeitslager versammelte Marcel Callo die Menschen unter anderem zum Gottesdienst und war als Chorleiter der Christ-König-Kirche tätig. Er gründete eine Aktionsgruppe und wurde verhaftet. Er wurde ins Konzentrationslager Mauthausen/Gusen gebracht, wo er 1945 starb. 1987 wurde Marcel Callo von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen. In Zella-Mehlis ist der Platz vor der katholischen Kirche nach ihm benannt.