Schätze im Fotoalbum Bilder sagen mehr als tausend Worte

Über 100 Jahre alt ist das Fotoalbum mit Ansichts,-Post- und Grußkarten, das Susanne Brauns geerbt hat. Ihre Oma Elsa hat es einst angelegt.

 
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Blick in das 1906 von Elsa Brauns, geborene Morgenroth, angelegte Album. Foto: FW/Sascha Willms

Schmalkalden - In den privaten Fotoalben unserer Leserinnen und Leser schlummern wahre Schätze. Als wir Anfang dieses Jahres dazu aufriefen, diese auch zu zeigen, rechneten wir mit einer guten Resonanz. Aber unsere Erwartungen wurden inzwischen übertroffen. Mehr als 100 Fotos aus verschiedenen Jahrzehnten warten noch darauf, veröffentlicht zu werden. Darunter Familienfotos, Landschaftsaufnahmen, vor allem aber Bilder von der Stadt Schmalkalden mit seinem einzigartigen Schloss, den idyllischen Gassen und Plätzen. Selbst Experten wie die Leiterin des Stadt- und Kreisarchivs haben bisher ihnen unbekannte Aufnahmen entdeckt.

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Hin und wieder überraschen uns auch Leser, die gleich ihr Fotoalbum mitbringen. Wie Susanne Brauns. Ihr Album ist in vielerlei Hinsicht ein ganz besonderes. Ein Erbstück. 1906 angelegt von ihrer Oma Elsa Brauns, geborene Morgenroth, gebürtig aus Sonneberg. Die Enkeltochter hütet das in Leder gebundene und bereits durch viele Hände gegangene Buch wie ihren Augapfel. Dass sie es jemals öffentlich zeigen würde, hätte sie nie gedacht. Als Kind habe sie diese farbenfrohen, glitzernden Karten sehr gemocht, erzählt Susanne Brauns.

Fräulein Elsa muss in jungen Jahren eine leidenschaftliche Sammlerin von Ansichts,- Gruß- und Glückwunschkarten gewesen sein. Viele sind an ihre Schwester, die Putzmacherin Bertha Morgenroth, verheiratete Beck, und ihren Bruder Albin gerichtet. Auch die Bildnisse von Schauspielerinnen wie Arlette Dorgeré oder Edith Whitney sowie von Zirkuskünstlern hat Elsa aufbewahrt wie Darstellungen von politischen und kulturellen Ereignissen, Feldpostkarten mit Gebeten und Liebesbekundungen an die Daheimgebliebenen. Colorierte Lithografien sind darunter, Fotografien sowohl in schwarz/weiß als auch nachcoloriert, mit viel Glitzer. Bebildert und bedruckt mit romantischen oder patriotischen Gedichten. „Fahr wohl, fahr wohl, du selige Zeit, Fahrt wohl, ihre Träume Liebe“, sinniert zum Beispiel 1912 eine holde Maid an der Weser. „Gott dir ergeb ich mich. Wenn mich die Donner des Todes begrüßen, Wenn meine Adern geöffnet fließen, mein Gott dir, ergebe ich mich und ruf nach dir“, betet ein Soldat, den Blick himmelaufwärts auf ein Schlachtfeld gerichtet. Familie Morgenroth war offensichtlich sehr reiselustig. Sie schickten Karten aus Kassel, Berlin, Nürnberg, Wiesbaden, Breslau, Danzig oder dem Ostseebad Göhren.

Die Ansichtskarte wurde bis in die 1920er Jahre hinein auch gerne als Ersatz für Fotografien von Einwohnern verwendet, die ihr Viertel, ihre Straße, aber auch sich selbst vor ihrem Haus bzw. Geschäft mittels Postkarte festhalten lassen haben. Auch solche Motive hat Fräulein Morgenroth seinerzeit in ihr Album geklebt. Da lächeln junge Männer in kaiserlichen Uniformen in die Kamera, eine Gruppe junger Tänzerinnen mit „rotem Mündchen“ und eine Familie vor ihrem Wohnhaus.

Apropos: Die erste Postkarte der Welt wurde am 1. Oktober 1869 von Perg bei Linz nach Kirchdorf versandt und diente der Abstimmung eines Besuchs im Bekanntenkreis. Schon im kurz nach der Postkarten-Einführung beginnenden Deutsch-Französischen Krieg vom Juli 1870 bis Mai 1871 wurden ca. zehn Millionen Feldpostkarten von deutschen Soldaten verschickt. Von der Feldpost bis zum Urlaubsgruß, vom statischen Vordruck bis zur colorierten Bebilderung: Die Entwicklung dieser besonderen Grußbotschaft ist ein Spiegel der Kulturgeschichte. Kaum ein Thema wurde und wird ausgespart: Gruß- und Glückwunschkarten zu jeder Gelegenheit, Ansichten von Landschaften, Städten und Dörfern. Abgebildet werden Vergnügungsorte, Kunst, Sport, Liebe, Erotik und viel Humor. Die Entwicklung dieser besonderen Grußbotschaft ist ein Spiegel der Kulturgeschichte. Das offenbar auch der Blick in die Schatztruhe von Elsa Brauns beziehungsweise ihrer Enkelin Susanne.

Wir freuen uns natürlich weiterhin über Ihre Fotos und Geschichten. Schicken können Sie diese an lokal.schmalkalden@stz-online.de oder lokal-schmalkalden@freies-wort.de oder 98574 Schmalkalden, Hoffnung 26.

Eine weitere, sehr interessante Geschichte einer Schmalkalder Familie erzählen wir Ihnen in der nächsten Woche.