Rundfunk-Staatsvertrag Ramelow setzt MDR unter Druck: Mehr Gebührengeld nach Thüringen

Das MDR-Funkhaus in Halle/Saale. Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Die Landesregierung will den MDR dazu zwingen, mehr Geld in Thüringen auszugeben. Der Sender reagiert empört und fürchtet Finanzprobleme und zu viel politische Einmischung.

 
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Leipzig/Erfurt - Im Kampf gegen die ungleiche Verteilung von Senderstandorten, Jobs und Geldern beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) auf die Länder Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt macht die rot-rot-grüne Landesregierung Ernst: Sie droht mit der nachträglichen Kündigung des derzeit zum Beschluss anstehenden neuen MDR-Staatsvertrags, sofern nach Thüringen künftig nicht so viele MDR-Gelder fließen, wie die Drei-Länder-Anstalt umgekehrt aus den Rundfunkbeiträgen der Thüringer erhält.

Der zwischen den drei Ländern ausgehandelte und bereits unterzeichnete Vertragsentwurf sieht vor, dass die MDR-Leitung dazu gezwungen wird, mehr Gebührengelder nach Thüringen umzuleiten. Intendantin Karola Wille wird demnach verpflichtet, „im Rahmen des Möglichen darauf hinzuwirken, dass den Ländern ihre Anteile an den Einnahmen des MDR mittelfristig zugute kommen“. Ob und wie das gelingt, soll den Aufsichtsgremien erstmals nach einem halben Jahr und dann alle drei Jahre erläutert werden. In einer Protokollnotiz zum Vertrag behält sich Thüringen die Kündigung des Vertrags vor, falls das Ziel nicht erreicht wird.

Die wirtschaftliche Benachteiligung Thüringens innerhalb der Drei-Länder-Anstalt hatte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) oftmals kritisiert. Thüringer Vertreter im Rundfunkrat hatten zuletzt die Wirtschaftspläne des MDR als nicht rechtskonform bezeichnet, weil die Ausgaben regional unausgewogen verteilt sind. Im Land befindet sich nur einer der fünf Senderstandorte Leipzig, Halle, Dresden, Magdeburg und Erfurt. Der MDR beschäftigt in Sachsen etwa 1500, in Thüringen aber nur rund 100 Menschen. Einem Rundfunkbeitrags-Aufkommen von jährlich 150 Millionen Euro aus Thüringen steht ein Etat für das Landesfunkhaus Erfurt von 40 Millionen Euro gegenüber. Laut Ramelow nimmt der MDR in Thüringen drei Mal so viel Geld ein, wie er für Produktionen dort ausgebe.

Beim MDR herrscht Kopfschütteln über die Vertrags-Passagen, die dem Sender offenbar erst seit einer Woche vorliegen. Statt sich auf konkrete Aussagen zu einer künftigen Geld- und Standortverteilung festzulegen, schöben die drei Landesregierungen diese Aufgabe auf die MDR-Chefetage ab, hieß es aus Kreisen des Senders. Die erzwungene Umverteilung nach Thüringen empfinde man als unzulässigen staatlichen Eingriff in die Rundfunkfreiheit. Von „vorprogrammierten Konflikten“ war die Rede, von „Sand im Getriebe einer funktionierenden Drei-Länder-Anstalt“.

Konkret fürchtet der MDR, Investitions- und Vergabeentscheidungen korrigieren und einseitig auf Thüringen ausrichten zu müssen. Am Standort Halle (Sachsen-Anhalt), der Hörfunk- und Technikzentrale des MDR, stehe stehe nun der geplante Ausbau in Frage. Für den Sender kommt die neue politische Vorgabe zur Unzeit. Mit Sachsen-Anhalt liegt der MDR bereits im Clinch um das ausbleibende Ja des Landes zur Erhöhung des Rundfunkbeitrags, den der Sender in seine Etats eingeplant hat.

Die Thüringer Staatskanzlei verteidigt ihr Vorgehen als Teil des Bemühens um regionale Identität und betonte, man werde die Entwicklung der Ressourcenverteilung im Blick behalten. er

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