Rüstungsindustrie Waffenschmiede Haenel fühlt sich durch Gutachten bestätigt

Mit dem MK556 gewann Haenel die Ausschreibung für das neue Sturmgewehr der Bundeswehr. Doch seit der Entscheidung gibt es Streit. Foto: dpa/C.G. Haenel/Thomas Lange

Der Streit um das neue Sturmgewehr der Bundeswehr wird zu einer endlosen Geschichte. Ein Gutachten im Auftrag des Verteidigungsministeriums kommt zu dem Ergebnis, dass beim Gewehr der Suhler Firma Haenel eine Patentverletzung vorliegen könnte. Doch ein Gutachten im Auftrag des Unternehmens kommt zu einem anderen Ergebnis.

 
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Suhl - Der Streit um das neue Sturmgewehr der Bundeswehr geht in eine neue Runde. Nachdem Mitte Dezember bekannt geworden war, dass ein Gutachten im Auftrag des Beschaffungsamtes der Bundeswehr zu dem Ergebnis kommt, dass der Suhler Waffenhersteller bei seiner in der Ausschreibung siegreichen Waffe MK556 ein Patent verletzt haben „könnte“, kommt ein Gutachten im Auftrag der Firma Haenel nun zu dem Ergebnis, dass das Gutachten im Auftrag des Beschaffungsamtes in entscheidenden Punkten unvollständig sei.

Wie Swen Lahl, Finanzchef der Firma Haenel, mitteilte, habe Haenel in seiner Stellungnahme an das Beschaffungsamt dargelegt und bewiesen, dass ein Ausschluss des Unternehmens vom Vergabeverfahren unzulässig wäre. Haenel gehe daher weiterhin davon aus, dass man den Zuschlag doch noch endgültig erteilt bekomme. Andernfalls hatte das Unternehmen vor gut einer Woche seinerseits mit einer Klage gedroht. Eines scheint sicher: Bis die Soldaten der Bundeswehr wirklich ein neues Sturmgewehr tragen, könnten noch Jahre vergehen.

Zum Hintergrund: Im September 2020 hatte die Vergabestelle des Bundes im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BMVg) bekannt gegeben, dass das Suhler Unternehmen C.G. Haenel als Sieger des Vergabeverfahrens zum „Projekt System Sturmgewehr“ hervorgegangen ist. Die Nachricht war damals eingeschlagen wie eine Bombe. Vor allem der bisherige Hoflieferant der Bundeswehr, die Firma Heckler & Koch aus dem Schwarzwald, setzte daraufhin alle Hebel in Bewegung.

Das Ergebnis: Heckler & Koch behauptete gegenüber der Vergabestelle, Haenel habe Patentrechte verletzt. Das Bundesamt hat daraufhin entschieden, den Vorwurf zu prüfen. Es beauftragte einen Patentanwalt mit einem Gutachten zu möglichen Patentverletzungen.

Am 18. Dezember, so berichtet Swen Lahl, habe das Bundesamt Haenel mitgeteilt, dass der Patentanwalt zu dem Schluss komme, dass C.G. Haenel bei seiner angebotenen Waffe MK 556 ein Patent verletzt haben „könnte“. Wie bei Juristen üblich, bleibt also viel im Konjunktiv. Festlegungen enthält das Gutachten offensichtlich nicht.

Allerdings, so erklärt Lahl, habe sich der Patentanwalt nicht mit der Frage befasst, ob das Patent nichtig sei. Genau das behauptet Haenel, dass das von Heckler & Koch angemahnte Patent bei der angebotenen Waffe keine Rolle spielt.

Das Bundesamt hatte Haenel nach dem Gutachten die Möglichkeit gegeben, bis Mitte Januar zu den Ergebnissen des Gutachters Stellung zu nehmen. Und genau das hat Haenel getan, wie Lahl gegenüber dieser Zeitung berichtet.

Das Suhler Unternehmen hat seinerseits ein Gutachten eingeholt. Gegenstand dieses Gutachtens sei einerseits die patentrechtliche und technische Richtigkeit des im Auftrag des Bundesamtes zu prüfen. Gleichzeitig sollte der von Haenel beauftragte Anwalt darlegen, dass das strittige Patent im Fall des MK556 nichtig ist. „Zugleich hat C.G. Haenel die Sozietät Blomstein um eine vergaberechtliche Prüfung der Sache gebeten“, schreibt Lahl in einer Mitteilung.

Und die Anwälte erklären, Haenel habe zu keinem Zeitpunkt eine schwere berufliche Verfehlung begangen, die Zweifel an der Integrität des Unternehmens hervorrufen könnten. Vielmehr fehlten dem durch das Bundesamt in Auftrag gegebenen Gutachten Inhalte, die zum Nachweis einer schweren Verfehlung zwingend erforderlich gewesen wären.

Der Vorwurf einer Patentverletzung bezieht sich im Kern auf die sogenannte „Over-the-Beach-Fähigkeit“ des zu beschaffenden Gewehres. Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich dabei um die Fähigkeit der Waffe, auch nach einem Eindringen von Wasser unverzüglich wieder schießen zu können.

Lahl erklärt, dass Haenel für diese Eigenschaft des Gewehrs eine technischen Lösung gefunden habe, die keine Patente verletze. Der Gutachter des Bundesamtes habe eine mögliche Patentverletzung, wenn überhaupt, bei einer anderen technischen Vorrichtung im Gewehr MK556 festgestellt. Doch diese Vorrichtung sei nicht einmal vom Wettbewerber zum Gegenstand der Abmahnung gemacht worden.

Lahl weist ferner darauf hin, dass zwischen Haenel und Heckler & Koch derzeit kein Rechtsstreit zum angebotenen Gewehr MK556 anhängig ist.“ Vor Gericht streiten sich die beiden Firmen um eine andere Waffe von Haenel. Das CR223. Es gilt als der zivile Bruder des MK556, sei aber in vielen Punkten grundsätzlich anders konstruiert, versicherten Lahl und Haenel-Chef Olaf Sauer schon vor Wochen im Gespräch mit dieser Zeitung.

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