Gut ein Jahr nach dem ersten bekannten Corona-Fall in Thüringen hat sich das Leben auch im Freistaat deutlich verändert. Ein Corona-ABC dazu:

A wie Abstand: Kein Handschlag, keine Umarmung: Auf körperliche Distanz gehen, so lautet die Devise seit fast einem Jahr. 1,5 Meter Mindestabstand sollen in der Regel zu Menschen aus anderen Haushalten gewahrt werden.

B wie Beschränkungen: Kontakte einschränken, das Haus nachts nur aus triftigem Grund verlassen, kein Neujahrsfeuerwerk, geschlossene Geschäfte und Restaurant: In der Pandemie haben die Thüringer schon viel entbehren müssen.

C wie Closed-but-open: Unter diesem Motto haben auch viele Thüringer Kultureinrichtungen aus der Not eine Tugend gemacht: Mit verschiedenen Angeboten haben sie etwa durch Museen und Ausstellungen geführt und Ausschnitte aus Theaterstücken gezeigt.

D wie Desinfektionsmittel: Mittlerweile alltäglich. Spender mit Viren abtötenden Flüssigkeiten stehen am Eingang jedes Supermarkts und vieler öffentlicher Einrichtungen - und liegen in der Handtasche bereit.

E wie Exekutive: Die Corona-Pandemie bedeutet auch in Thüringen den großen Auftritt der Exekutive. Gerade am Anfang der Pandemie sollten Entscheidungen schnell getroffen werden - Verordnungen kamen meist per Notverkündung. Für lange Diskussionen und die Einbeziehung des Parlaments blieb oft keine Zeit. Später dann wurde der Landtag im Nachgang wichtiger Entscheidungen informiert, mittlerweile werden Verordnungen auch im Landtag diskutiert - bevor sie in Kraft treten. Aus den Reihen der Abgeordneten kommen nun zwar Empfehlungen, das letzte Wort bleibt aber bei der Regierung.

F wie FFP2-Maske: Thüringen hat für bedürftige Menschen rund zwei Millionen medizinische Masken im Wert von rund 2,7 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, darunter 400 000 FFP2-Masken und 1,6 Millionen sogenannte OP-Masken. Sie stammen aus den Beständen des Pandemielagers und werden über die Kommunen verteilt. Inzwischen hat der Bund diese Möglichkeit geschaffen.

G wie Gastronomie: Nur zum Mitnehmen oder zur Lieferung dürfen Restaurants und Cafés Essen und Trinken seit einigen Wochen anbieten. Vielerorts scheinen vor allem abends mehr Pizza-, Sushi- und andere Essenlieferanten mit Elektrorädern oder Autos unterwegs zu sein. Und der Anblick von Warteschlangen vor Imbissen zu Stoßzeiten gehört inzwischen auch zum Alltag.

H wie Hotspot: Was im Vergleich zu anderen Orten ein Corona-Hotspot ist, lässt sich auch mit Blick auf die Sieben-Tage-Inzidenz sagen. Und dabei lag Thüringen zuletzt immer wieder deutschlandweit an der Spitze. Kein anderes Bundesland zählte so viele Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb der vergangenen sieben wie der Freistaat mit seinen rund 2,1 Millionen Einwohnern.

I wie Impfungen: Läuft in Thüringen in 29 regionalen Impfstellen und durch 15 mobile Teams in Pflegeheimen. Anfangs schleppend wegen Impfstoffmangels, inzwischen ist die Marke von 100 000 Geimpften geknackt, bis Ostern sollen zehn Prozent der Bevölkerung geimpft sein. Größtes Problem für viele Senioren: an der Hotline zur Terminvergabe durch- und mit der Online-Terminbuchung zurechtzukommen.

J wie Jugend: Für junge Leute sind die Einschränkungen durch die Anti-Corona-Maßnahmen schmerzlich: Keine Konzerte, keine Club-Nächte, keine Erstsemester-Partys. Hinzu kommt: Schüler, in diesem Jahr ihren Abschluss machen, hatten ein verkorkstes letztes Schuljahr - mit Distanzunterricht, Wechselmodellen und teils ersten Erfahrungen mit digitalem Unterricht. Immerhin: Bei den Prüfungen können sie wegen der besonderen Situation mit ein paar Erleichterungen rechnen.

K wie Kinos: Corona hat den hiesigen Kinos laut Zahlen der Filmförderungsanstalt im vergangenen Umsatzeinbußen von rund 13,9 Millionen Euro im Vergleich zu 2019 beschert.

L wie Lüften: Ob in der Schule, im Gericht oder zu Hause: Regelmäßig die Fenster zu öffnen, um dem Virus mit besserer Luftzirkulation vorzubeugen, ist ein Standard geworden. Schulen hätten sich allerdings die Ausrüstung mit Luftfiltern gewünscht.

M wie Ministerpräsidentenkonferenz: Nicht immer wurden die Ergebnisse der Schalten der Länderchefs und der Bundeskanzlerin in Thüringen Eins zu Eins umgesetzt. Aufmerksamkeit erregte Thüringen innerhalb der Diskussionen über die «MPK» zuletzt aber weniger mit Inhalten, sondern mit Ministerpräsident Bodo Ramelows (Linke) Eingeständnis, zum Zeitvertreib in den langen Besprechungen auf dem Smartphone Candy Crush zu spielen.

N wie Neustadt am Rennsteig: Der 900-Einwohner-Ort im Thüringer Wald war die bislang erste und einzige Gemeinde in Thüringen, die wegen hoher Infektionszahlen komplett abgeriegelt worden war - zwei Wochen lang im vergangenen Frühjahr. Mediziner untersuchten den Abschottungseffekt in einer Studie.

O wie Online-Konferenzen: Ob für die Schule, die Arbeit oder auch abends mit Freunden als Ersatz für den gemeinsamen Kneipenabend - Online-Video-Konferenzen sind zum Alltag für viele Thüringer geworden - genauso wie der Ärger über schlechte Internetverbindungen.

P wie Parks: Auch in Thüringen haben viele Menschen das Spazieren gehen für sich entdeckt. Statt zum Sonntags-Kaffeeplausch treffen sich inzwischen viele zum Sonntagsspaziergang im Park.

Q wie Querdenker: Immer wieder rufen auch lokale Gruppen der umstrittenen Querdenker-Bewegung in Thüringen zu Protesten gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen auf. Aus dem Ruder lief etwa eine Demo im Dezember in Erfurt, zu der trotz Verbots viele Hundert Teilnehmer kamen.

R wie Regelbetrieb: Lange hat Thüringen nach dem ersten Lockdown im März 2020 versucht, Schulen und Kindergärten offen zu halten - und führte ein Ampelsystem ein. Als den Freistaat die zweite Infektionswelle mit voller Wucht erfasste, mussten die Einrichtungen dann doch wieder schließen. Die neue Strategie zur Rückkehr von Kita-Kindern und Schüler sorgte bisweilen stellenweise für Verwirrung.

S wie Sport: War in Vereinen nur sehr eingeschränkt möglich. Das hat Auswirkungen: Insgesamt verloren die Sportvereine im Freistaat nach Angaben des Landessportbundes (LSB) rund 16 500 Mitglieder. Das entspreche einem Minus von etwa 4,5 Prozent der vormaligen Mitgliederzahlen.

T wie Tests: Sie sollen unter anderem an Schulen, Kindergärten und Pflegeheimen für mehr Sicherheit sorgen: Corona-Schnelltests. Doch an einer umfassenden Teststrategie feilt die Bundesregierung noch. In Thüringen können sich etwa Lehrkräfte und das Personal in Pflegeheimen regelmäßig kostenlos testen lassen.

U/Ü wie Übersterblichkeit: Viele Hunderte Menschen (rund 3000) sind in Thüringen im Zusammenhang mit dem Virus bislang gestorben. Zahlen des Statistischen Bundesamts zufolge starben in der zweiten Januarwoche insgesamt 945 Menschen. Das waren 53 Prozent mehr Todesfälle als im Vergleichszeitraum in den vier vorangegangenen Jahren.

V wie Verwaltungsgerichte: Lockdown und Corona-Auflagen beschäftigen die Thüringer Verwaltungsgerichte in immer neuen Verfahren und bringen sie an die Grenze der Belastbarkeit. Die Klagen richteten sich etwa gegen die Schließung von Fitnessstudios, Bordellen und Geschäften oder gegen die Maskenpflicht und das Abstandsgebot. Die Mehrzahl der Eilanträge blieb allerdings erfolglos und wurde abgelehnt.

W wie Wirtschaftshilfen: Die Summe seit Beginn der Pandemie liegt bei fast einer halben Milliarde Euro in Thüringen. Exakt wurden nach Angaben des Wirtschaftsministeriums bis kurz vor Ende Februar insgesamt 499,6 Millionen Euro ausgezahlt. Mehr als 70 000 Förderanträge seien bearbeitet worden. Dabei ging es um die Corona-Soforthilfe, die verschiedenen Überbrückungshilfen für Umsatzausfälle durch Lockdown, die November- und Dezemberhilfe. Zusätzlich zu den Angeboten des Bundes habe Thüringen zusätzliche Hilfsprogramme aufgelegt - für das Dienstleistungsgewerbe, für Soloselbständige, Auszubildende und die Veranstaltungswirtschaft.

X wie Xenophobie: Menschen mit asiatischem Aussehen waren vor allem zu Beginn der Pandemie als vermeintliches Infektionsrisiko Anfeindungen ausgesetzt - auch wenn sie China noch nie betreten hatten.

Y wie das Autokennzeichen der Bundeswehr: Hilft in Thüringen nicht nur in den Gesundheitsämtern etwa bei der Ermittlung von Kontaktpersonen Infizierter. Auch in vielen Impfstellen helfen Bundeswehrangehörige, sie sitzen dort am Empfang.

Z wie Zahnärzte: Die Praxen von Zahnmedizinern leerten sich vor allem zu Pandemiebeginn schlagartig, da viele Menschen aus Angst vor Ansteckung Zahnvorsorgeuntersuchungen sausen ließen. Inzwischen hat sich das gebessert. Dennoch bleiben laut Kassenzahnärztlicher Vereinigung unterm Strich Einnahmeverluste für die Praxen - für die es anders etwa als für Krankenhäuser keine Ausgleichszahlungen gebe.