Rodelblitz Dampfender Star im Winterwald

Auch wenn der Freistaat Thüringen das Nostalgieprogramm eingedampft hat – der Verein IGE Werrabahn Eisenach will den Rodelblitz noch nicht aufs Abstellgleis stellen. Am Samstag schnaufte er noch einmal durch den Thüringer Wald.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Eigentlich gilt der Zella-Mehliser Bahnhof als rauchfrei. Aber am Samstag gab es noch einmal eine der großen Ausnahmen, an denen nicht wirklich jemand Anstoß nimmt. Im Gegenteil. Die Bahnsteige sind bestens besucht. Von Familien. Und von Fans nostalgischer Loks, die ihre Kameras in Position bringen. Darunter auch der Zella-Mehliser Burkhard Büchel. „Ich fotografiere und filme den Rodelblitz schon seit vielen Jahren und es ist immer wieder schön“, sagt der 70-Jährige. Und schon kündigt sich der Rodelblitz schnaufend, hupend und tüchtig Dampf ausstoßend an. Aus den offenen Fenstern schauen die Mitreisenden warm eingemummelt sowie mit Ski- und Taucherbrillen ausgerüstet. Thomas Dietrich aus Tübingen, Achim Dix aus Göttingen und Torsten Wilhelm aus Frankfurt zum Beispiel. Sie gönnen sich das Vergnügen, von der 1800 PS starken 84 Jahre alten Lok 41 1144-9 durch die verschneite Winterlandschaft Thüringens gezogen zu werden.

Zukunft ist ungewiss

Und das trotz des stattlichen Ticketpreises von 85 Euro, der mehr als doppelt so hoch ist wie in den vergangenen Jahren. „Wir mussten die Preise so gestalten, um die Kosten decken zu können“, sagt Matthias Böse, Vereinsmitglied, und seit 25 Jahren – also von Anfang an – auf der Lok als Heizer oder Lokführer unterwegs. In diesem Jahr muss der Verein den Rodelblitz erstmals auch finanziell komplett in Eigenregie auf die Strecke schicken. Der Freistaat hat das Dampfnostalgieprogramm, in dem bislang 500 000 Euro zur Verfügung standen, gestrichen. Wegen Kompetenzgerangels zwischen Ministerien. Vereinschef Uwe Pfotenhauer hofft gemeinsam mit seinen Mitstreitern und sicher auch den vielen Fans, dass ihre Aktion die Landesregierung überzeugt, dass Thüringer Tourismus nicht nur Oberhof und Weimar ist und man sich mit der Abbestellung des Thüringer Dampfnostalgieprogrammes ein Armutszeugnis ausgestellt hat.

Damit ist auch die Zukunft des beliebten Rodelblitzes ungewiss. Denn ob der Verein noch einmal die hohen Kosten aus eigener Kraft deckeln kann, ist fraglich. Die Preise für die Steinkohle sind um das vier- bis fünffache auf bis zu 1000 Euro pro Tonne gestiegen. Und für den Rodelblitz, der von Eisenach bis Arnstadt fährt, werden pro Fahrt fünf Tonnen gebraucht, damit die Lok ordentlich unter Dampf steht, der durch den Zylinder geleitet wird, um schließlich die Kolben zu bewegen.

Das und noch etliche andere Kostenfaktoren haben letztendlich dazu geführt, die auch für Sonntag geplante Fahrt mit dem Rodelblitz abzusagen. „Wir hatten bis zum Stichtag, an dem wir die Strecke hätten bestellen müssen, zu wenige Anmeldungen. Sicher hätten wir noch etliche Tickets verkaufen können, aber das Risiko war für unseren Verein einfach zu hoch. Aber am Wochenende 28./29. Januar und am vergangenen Samstag waren wir gut ausgebucht“, so Matthias Böse. Die Passagiere kämen nicht nur aus dem Bundesgebiet, sondern auch aus den Niederlanden, aus Belgien, der Schweiz sowie aus anderen Ländern.

Wassertanken in Oberhof

Der Halt auf dem Zella-Mehliser Bahnhof ist kurz. Das Dampfross setzt sich vor herrlicher Kulisse in Szene und findet seine Bewunderer, zu denen auch Nico Schneider mit seiner Familie zählt. Der Wunsch von Töchterchen Ava (4) ist klar: „Ich will mitfahren.“ Vielleicht das nächste Mal.

Jetzt macht sich der Rodelblitz auf den Weg Richtung Arnstadt. Dort wird der Zug geparkt, während die Lok zum Gleisdreieck Gotha weiterfährt, um dort zu drehen und sich dann wieder vor den Zug spannen zu lassen. Auf der Rückfahrt gibt es etwas, was es eigentlich – sehr zum Leidwesen vor allem von Eisenbahnfreunden, die insbesondere die perfekte Kulisse schätzen – nicht mehr gibt: einen Halt am Bahnhof Oberhof. Hier wird über den Wasserkran das Wasser nachgefüllt, das die Lok unterwegs verloren hat. Damit ist dann für genügend Dampf gesorgt, dass es der Rodelblitz mit seinen vier Wagen auch wieder nach Hause nach Eisenach schafft. Hier wartet sie auf ihren nächsten Einsatz. Vielleicht ist das 25. Rodelblitz-Jahr ja doch nicht das Letzte. Seine Fans und die kleine Ava jedenfalls hoffen sehr darauf.

Autor

Bilder