Rennsteiglaufstart in Oberhof Maske ab und los!

Anica Trommer

Am Samstagmorgen fiel der Startschuss für die 17-Kilometer-Tour der Walker und Wanderer. Auf die Einhaltung der Corona-Regeln hatten die Ordnern auf dem Sportplatz am Harzwald ein Auge.

 
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Oberhof - Am Wochenende hat sie zum Gepäck der Rennsteigläufer einfach dazugehört: Die Mund-Nasen-Bedeckung. Wer den Oberhofer Sportplatz am Harzwald betritt und seine Startposition sucht, muss das Accessoire auf dem Gesicht tragen. Ordner Gerd Haucke und seine Kollegen achten genau auf die Einhaltung der durch Corona nötig werdenden Vorsichtsmaßnahmen. „Ich bin schon seit Ewigkeiten beim Rennsteiglauf dabei. Aber dieses Mal ist es doch was anderes“, sagt er. Die Sportler – vom Wanderer über den Walker bis zum Läufer – sind in Blöcke eingeteilt. Alle eineinhalb Minuten ertönt ein Startsignal, damit sich die Massen dosiert in Bewegung setzen. „Ich glaube, wir kriegen das ganz gut geregelt“, sagt der Order.

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Aufgereihte Erinnerungen

Eine Maske haben auch Thomas und Jürgen Hedicke auf – und tragen zudem eine besondere Kette um den Hals. Die Brüder treten am Samstag zum 40. Mal beim Rennsteiglauf an. Ihre bis dahin gesammelten Startnummern haben sie fein säuberlich aufgereiht, sodass eine meterlange Kette entstanden ist. Jürgen Hedicke läuft vorne weg, etliche Meter dahinter folgt sein Bruder Thomas und zwischen ihnen baumeln die Erinnerungen an die vergangenen 39 Ausflüge in den Thüringer Wald.

Sie kennen alle Strecken, sind vom Halb- bis zum Super-Marathon alles mitgelaufen, erzählt Thomas Hedicke. Nun geht es etwas gemächlicher vorwärts – und zwar über 17 Kilometer mit Nordic-Walking-Stöcken. „Wir laufen auch mit der Kette bis zum Ziel“, schildern die Männer aus Halle/ Saale. Alle fünf Jahren reihen sie die Startnummer aneinander. Zweimal wollen sie das noch tun – denn nach ihrer 50. Teilnahme soll Schluss sein.

Den 50. im Visier

Den 50. haben auch die Mitglieder des Müritzsportclubs aus Waren im Visier. In zwei Jahren gibt es den Rennsteiglauf ein halbes Jahrhundert, dann wollen sie unbedingt dabei sein. Am Samstag freuen sich Jürgen Behrend und Bernhard Jürß erst einmal auf ihre 31. Teilnahme. „Es ist so schön hier. Einfach eine tolle Veranstaltung“, schwärmen sie.

Unter drei Stunden, das ist das Ziel, sagt der 83 Jahre alte Nordic Walker Jürgen Behrend. Er ist geübt. Als Marathon- und Halbmarathonläufer hat er Schmiedefeld bereits erreicht. Nun wird gewalkt. „Ich will fit bleiben“, begründet er seine Teilnahme. Dafür trainiert er regelmäßig. 15 Kilometer ist er Zuhause bereits gelaufen, so das Mitglied vom Müritzsportclub. Außerdem organisierte sein Sportverein jedes Jahr den Müritz-Triathlon. Auch den gebe es bereits seit 35 Jahren, sagt Jürgen Behrend.

Zum ersten Mal stehen Gaby Albrecht und Wolfgang Borkenstein aus Wilmsdorf am Start. Weil ihre Partner beim Marathon mitliefen, hätten sie sich für die Nordic-Walking-Tour entschieden, erzählt Gaby Albrecht. In Schmiedefeld sehen sie sich dann alle vier wieder. Auch Antje Huhn ist zum ersten Mal dabei. Die Christeserin wurde von ihrer Nichte, Annett Hofmann aus Suhl, zur Teilnahme überredet. Bestens ausgerüstet – mit Stöcken in der Hand und Maske auf dem Gesicht – springen und hüpfen sie zu Liedern wie dem Schneewalzer und zum Rennsteiglied auf dem Sportplatz, um sich warm zu machen.

Rein in die Tonne

Schließlich heißt es für alle Starter: Maske ab und los! Karsten Backhaus sammelt die Mund-Nasen-Bedeckungen ein. Er hat eine gelbe Tüte dabei, trägt selbst Mundschutz und Handschuhe. Schon nach den ersten 500 Startern ist die Mülltonne, in denen die OP-Masken gesammelt werden, randvoll.

„Ich bin froh, dass die Veranstaltung so stattfinden kann und wir ohne Maske laufen können“, sagt Michaele Klein aus Plaue. Gemeinsam mit Nicole Lang aus Plaue und Nicole Steuding aus Gotha steht sie in den Startlöchern, um Schmiedefeld walkend zu erreichen. „Dabei sein ist alles, aber wir wollen es gern unter drei Stunden schaffen“, sagt sie.

Unter zwei Stunden bleiben – das ist das Ziel vieler Halbmarathon-Läufer, die am Sonntagmorgen auf dem Sportplatz am Harzwald starten. Auch jenes von Christian Petzold aus Teistungen. Der junge Mann fällt auf. Er ist mit einer blauen Mülltüte bekleidet. „Ich laufe gern in kurzen Sportklamotten. Um nicht auszukühlen, habe ich mir die Tüte übergezogen“, erzählt er. Am Start wirft er sie schließlich in den Müll. Er ist zum dritten Mal beim Rennsteiglauf dabei. Im vergangenen Jahr – als der größte Crosslauf Europas coronabedingt abgesagt wurde – ist er die Marathonstrecke für sich gelaufen. An seinen ersten Zieleinlauf in Schmiedefeld kann er sich gut erinnern: „Ich hab mich noch nie so lebendig gefühlt“, schildert er. Seitdem hat er einen strickten Trainingsplan, ehe er in Oberhof an den Start geht. 16 Wochen im Voraus beginnen die Lauf-Einheiten.

Ein Bier im Gepäck

Um nach dem 21 Kilometern wieder in ihre warmen Sachen schlüpfen zu können, packen die beiden Weimarer Mathias Pfundheller und Norman Freitag sowie Ingo Hertel aus Utzberg alles in die gelben Gepäckbeutel. Darin befinden sich außerdem Getränke, die sie am Ziel benötigen. „Eigentlich habe ich immer ein Bier dabei, das ich in Schmiedefeld trinke. Heute habe ich’s vergessen mitzunehmen“, bedauert Ingo Hertel. Für die drei ist der Rennsteiglauf das Highlight des Jahres.

Den Volksfest-Charakter des Rennsteiglaufes lieben auch Sophie Beyer aus Berlin, ihr Bruder Björn Beyer aus Duisburg und Lena Kutsche aus Passau. „Bei keinem anderen Lauf geht es so entspannt und familiär zu“, betonen Sophie und Björn Beyer. Sie bedauern, dass am Ziel in diesem Jahr kein Partyzelt aufgebaut werden konnte. Trotzdem lassen sich die Powerhunde, wie sich das Team nennt, die Veranstaltung nicht entgehen. „Wir sehen uns das ganze Jahr nicht und nutzen den Rennsteiglauf, um uns zu treffen“, schildert Björn Beyer.

Zum ersten Mal treffen sich dagegen Nicole Kasten und Timo Opitz. „Wir kennen uns bisher nur aus den sozialen Netzwerken“, sagt die Berlinerin. Nun geht es gemeinsam auf die Strecke. „Sie ist wahrscheinlich schneller als ich“, sagt Timo Opitz lachend.

Die familiäre Atmosphäre zieht Katja Gebhardt aus Schweinfurt seit Jahren an den Rennsteig. „Man ist auch immer ein bisschen aufgeregt. Es fühlt sich an wie an Weihnachten.“