Rennsteig-Radler Wenn die Traum-Tour am Bagger endet

Jolf Schneider

Was für eine Aussicht: An der Hohen Möst bei Oberhof eröffnen sich dem Radler tolle Perspektiven. Die anschließende Abfahrt hat es in sich. Und beim Heimweg vom Rennsteig sind plötzlich tiefe Gräben im Weg.

 
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Ein paar Felsen und ein Holzgeländer, mehr ist am Rennsteig manchmal gar nicht nötig, damit ein besonderer Ort entsteht. Die Hohe Möst und der nicht weit entfernte Aussichtspunkt auf Oberschönau sind zwei Beispiele dafür. Was für eine Aussicht! Die Hohe Möst steht im Winter regelmäßig auf meinem Programm. Falls der Schnee denn zum Skifahren reicht. Wenn die Landschaft ganz in weiß gekleidet ist, finde ich den Blick über das Tal eigentlich noch beeindruckender. Doch auch jetzt, im Sommer, ist er auf jeden Fall einen Abstecher wert. Allerdings kann nun kein Schnee kaschieren, was dem Wald in den vergangenen Jahren widerfahren ist. Der Blick fällt auf viele kahle Stellen, auf viele freigerodete Schneisen, in denen einst noch Fichten standen.

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Ich gebe zu, ich habe es mir heute einfach gemacht, zu dieser Aussicht zu gelangen. Bis zum Grenzadler bin ich mit dem Auto gefahren. Es hat sich so ergeben. Nach einem Termin war ich sowieso schon hier oben. Das Rad lag sowieso im Auto und die Fahrradklamotten hatte ich am Morgen auch eingepackt. Wenn ich schon einmal in Oberhof bin, dann muss ich das doch ausnutzen. Das Wetter ist super. Das typische Rennsteig-Lüftchen ist ein angenehmer Kontrast zur Hitze im Tal. Ich kreuze die Skiroller-Strecke und nehme den Rennsteig. Ich wundere mich noch, warum der Weg so viel breiter ist als in der Vergangenheit, so frisch geschottert und gewalzt. Eine richtige Wald-Autobahn. Ich nehme an, dass er einfach nach intensiven Waldarbeiten wieder in Schuss gebracht worden ist. Doch schon nach wenigen hundert Metern ändert sich das Bild. Von Bauarbeiten keine Spur mehr. Wieder kreuze ich die Rollerstrecke und nehme den Weg Richtung Schutzhütte „Karin“. Von hier aus ist es dann nur noch ein Katzensprung bis zur Hohen Möst, dem ersten Höhepunkt dieser Tour.

Nicht nur die Aussicht von hier aus ist spektakulär, auch die Abfahrt hinüber zum Aussichtspunkt auf Oberschönau hat es in sich. Steil, felsig und ausgewaschen ist der Weg. Achtung, hier ist wirklich Vorsicht und Fahrkönnen geboten. Im Zweifelsfall das Rad lieber für ein paar Meter schieben. Dann wird der Weg auch wieder einfacher.

Der Blick auf Oberschönau wurde von den Zuschauern des MDR vor wenigen Jahren zu einem der zehn schönsten Täler Mitteldeutschlands gekürt. Völlig zu recht, finde ich. Auch hier ist die Weiterfahrt spektakulär. Achtung, wieder ist der Weg teilweise sehr ausgewachsen und steil. Im Zweifelsfall lieber ein paar Meter schieben. Doch danach rollt es auf einem schönen Weg bergab in Richtung Oberschönau, bis ich wieder auf den Hauptweg treffe. Ich entscheide mich gegen die Abfahrt ins Tal und kurbel wieder hinauf zur Schutzhütte Karin und von dort in Richtung Rennsteig. An der Holzmichel-Figur entscheide ich mich für eine Variante zum Höhenweg, fahre erst wieder am Hang in Richtung Oberschönau. Nun schaue ich von der anderen Seite des Tals auf die Hohe Möst. Der Anblick ist nicht weniger spektakulär. Der Forst muss hier in den vergangenen Monaten viel Holz von den Hängen geholt haben, denn entlang des Weges sind aufwendige Terrassen aufgeschüttet, auf denen offensichtlich Holz zwischengelagert wurde. Bevor ich zu tief ins Tal fahre, biege ich nach rechts ab und fahre wieder hinauf auf den Rennsteig.

Die 150 Höhenmeter vergingen irgendwie wie im Flug. Foto: Stefan Krug

Den Rest des Weges kenne ich wieder gut aus dem Winter. Es geht hinab zum Wachsenrasen. Der vor wenigen Jahren neu gebaute Aussichtspunkt „Hohe Schorn“ ist der nächste Zwischenstopp. Der Aufstieg auf den kleinen Aussichtsturm lohnt sich, denn er eröffnet wieder die Fernsicht vom Rennsteig hinunter ins Tal. Früher wurde der Höhenweg ja oft dafür kritisiert, dass er diese Fernsicht kaum ermögliche, weil fast überall hohe Fichten den Blick versperren. Der Neubau von Aussichtspunkten und der Waldumbau der vergangenen Jahre haben das teilweise dramatisch verändert.

Am Wachsenrasen ist im Winter meistens der Wendepunkt für meine Skitouren, doch heute will ich eigentlich noch nicht den Heimweg über die Alte Tambacher Straße antreten. Also fahre ich den Rennsteig einfach weiter. In Richtung Ebertswiese. Ab jetzt steht stellenweise noch ordentlich Wasser auf dem Weg von den Regenfällen der vergangenen Tage. Auch heute künden die Wolken am Himmel davon, dass es noch ein Gewitter geben könnte. Doch noch hält das Wetter. Dafür hole ich mir in einer der großen Pfützen nasse Füße. Sie ist tatsächlich so tief, dass ich bei der Durchfahrt mit den Füßen im Wasser lande. Doch bei dem Wetter ist mir das gerade egal. Mein Plan: An einer der nächsten Kreuzungen den Weg hinunter zur Alten Tambacher Straße antreten. Zum Beispiel an der Ausspanne an der Neuhöfer Wiese. Ich biege rechts ab, rolle hinab ins Tal und will mich dann eigentlich am Nordhang entlang in Richtung Grenzadler durchschlagen. Doch plötzlich stehen Bagger im Weg. Und diese haben tiefe Gräben in die Waldwege gegraben. Neben den Wegen liegen lange Rohre. Offensichtlich werden hier neue Gasleitungen verlegt.

Also schlage ich mich irgendwie durch, bis ich auf den Weg komme, der mich wieder zum Wachsenrasen führt. Wenn eine Baustelle meine Pläne durchkreuzt, dann fahre ich eben über den Rennsteig zurück. Ich versuche es noch an zwei Stellen, zur Alten Tambacher Straße zu kommen, doch einmal ist der Weg gesperrt, ein anderes Mal haben Forstmaschinen tiefe Spuren hinterlassen und der Weg ist unbefahrbar. Egal. Ich hänge mich an zwei E-Biker, die mit Rucksack auf dem Rücken offensichtlich auf Rennsteig-Tour sind. Gemeinsam rollen wir zum Grenzadler – und ich nutze einen der großen Vorzüge: Die Dusche im Rennsteighaus. Frisch geduscht schmeckt das alkoholfreie Hefe nach der Tour gleich noch besser. Und isotonische Getränke werden nach dem Sport ja dringend empfohlen. Was für eine Aussicht!

Achtung, gefährliche Abfahrten!

An zwei Stellen
enthält diese Tour steile und technisch schwierige Abfahrten. Bitte überschätzen Sie ihr Fahrkönnen nicht. Lassen Sie es langsam angehen und schieben Sie im Zweifelsfall lieber für ein paar Meter. Mit ein wenig Übung sind die beiden Schlüsselstellen aber fahrbar. Tipp: Sattel runter, den Po weit nach hinten schieben und den Blick dorthin richten, wohin Sie fahren wollen und nicht auf die tiefe Rinne, die Sie eigentlich umfahren wollen. Denn die Lenkbewegungen folgen in aller Regel dem Blick. Passen Sie auf sich auf.