Rennrodeln Olympiasieger-Betreuer

Trainer mit viel Herz: Jan Eichhorn. Foto: imago/Gerhard König

Die Arbeit in der Oberhofer Rennrodel-Trainingsgruppe wird nicht weniger – im Gegenteil. Trainer Jan Eichhorn und Mechaniker Robert Eschrich kämpfen mit neuen internationalen Regeln.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Wir müssen Material im sechsstelligen Bereich versenken. Das Ganze ist ja auch eine Kostenfrage.“ Was Jan Eichhorn, Trainer am Stützpunkt Oberhof, da anspricht, ist die Regeländerung des internationalen Rennrodelverbandes Fil, die Schlitten der einzelnen Fahrer aneinander anzugleichen. „Wir bauen die Schlitten komplett neu“, sagt Robert Eschrich, der Oberhofer Materialtechniker: „Das nimmt mehr Zeit in Anspruch, als mir lieb ist.“ 15 Schlitten, zählt Jan Eichhorn auf, seien in seiner Trainingsgruppe zu versorgen – samt Fahrern, versteht sich. Das Anliegen der Fil, den Sport ein Stück weit fairer zu machen, kann er nicht nachvollziehen. „Das ist für mich keine Rechtfertigung, den Rodelsport so weit zu minimieren, wie es jetzt wohl passieren soll.“

Zum Verständnis: Die Technische Kommission der Fil hatte vor zwei Jahren beschlossen, die Schlitten der Männer und Doppelsitzer nach und nach anzugleichen; bei den Frauen ist diese Entwicklung bereits seit mehreren Jahren im Gange. Die Schlitten sollen tiefer und damit sicherer werden, so der Plan der Fil. Allerdings dürfen und sollen die Metallschienen, die Wannen und Haltegriffe am Schlitten weiterhin individuell auf die körperlichen Gegebenheiten der einzelnen Athleten angepasst werden.

Vor allem für die Doppelsitzer dürfte das neue Regelwerk eine Herausforderung sein, liegen sie doch meist sehr hoch über dem Eis. Die Faustformel „Je höher der Schlitten, desto aerodynamischer“ fällt nun dem Sicherheitsdenken des Weltverbandes zum Opfer.

Die Schale muss tiefer werden, lautet die neue Vorgabe. Insider gehen davon aus, dass der deutsche Vorteil, erarbeitet in jahrelanger Tüftelei, damit nicht verschwinden wird. Und verweisen darauf, dass der endgültige Beschluss – vor Wochen auf dem Fil-Kongress im österreichischen Hall – einstimmig beschlossen wurde, also auch mit den Stimmen aus Deutschland.

Freundschaften, die bleiben

Und dabei sollte doch die Vorbereitung auf die Heim-Weltmeisterschaft im Januar nächsten Jahres in Oberhof in diesen Tagen schon weit gediehen sein. „Wir wollen in diesem Jahr weiter an der Aerodynamik arbeiten. Der Fokus liegt ganz klar auf Oberhof. Hier wollen wir versuchen, den Heimvorteil rauszukitzeln“, sagt Robert Eschrich. Mit Jan Eichhorn verbringt er unzählige Stunden im Schlittenraum – mitunter mehr als mit der eigenen Familie. Im besten Fall entstehen bei derartig enger Zusammenarbeit auch enge Freundschaften. „Die Trainingsgruppe ist wie meine zweite Family“, sagt Eschrich, der selbst einmal aktiv auf dem Rennschlitten saß. Er und Jan Eichhorn, auch er ein ehemaliger Rennrodler, sind miteinander befreundet, erst kürzlich feierten sie und ihre Familien Eichhorns 41. Geburtstag miteinander. Eschrich: „Ich bin total froh darüber, dass wir so eine gute und ehrliche Beziehung zueinander haben. Es ist gut, jemanden zu haben, mit dem man auch mal etwas auf privater Ebene besprechen kann. Diese Arbeitsatmosphäre hat für mich einen ganz hohen Wert.“ All das gelte auch für Andi Langenhan, den dritten einstigen Rennrodler im Oberhofer Bund. Langenhan ist Trainer der B-Gruppe.

Erinnerungen, die bleiben

Aber wie ist das neue Leben des Olympiasiegertrainers Jan Eichhorn beziehungsweise des Olympiasiegerschlittenbauers (über diesen Begriff lacht er ganz besonders) Robert Eschrich? Auch nicht anders als zuvor. Aber halt, dass ihnen da im Februar in Peking mit der Goldmedaille für Johannes Ludwig etwas ganz Großes, etwas Wunderbares gelungen ist, das zeigte sich spätestens nach der Ankunft daheim. „Meine Frau hat mir einen Bilderrahmen geschenkt. Da war ein Bild von Johannes und mir. Eins mit Toni und Sascha (Eggert/Benecken, die beiden Silbermedaillengewinner im Doppel – Anm. d. Red.) und eins, auf dem ich Julia in die Arme nehme“, erzählt Eichhorn. Ja, die vertane Goldchance der bis dato souverän durch die Saison gerodelten Julia Taubitz, die im zweiten Lauf einen Sturz hinnehmen musste, habe ihn schon gewurmt, gesteht er. „Wenn ich mir diese Bilder anschaue, läuft es mir eiskalt den Rücken runter.“ Auch ihn hat die kleine persönliche Tragödie der Julia Taubitz, die ja Favoritin war, persönlich mitgenommen. „Klar, eine Medaille für Julia hätte alles krönen können, aber dass es damit nichts geworden ist, vermiest mir die Sache nicht.“ Trotz allem, auch trotz der Corona-Situation, seien es für ihn, erzählt Jan Eichhorn weiter, bisher die schönsten Spiele gewesen.

„Man hat auch einen gewissen Teil beigetragen“, sagt Robert Eschrich, der Olympiasiegerschlittenbauer. Ein klitzekleines bisschen Stolz schwingt in diesen Worten mit – auch wenn er dies, bescheiden wie er ist, nie zugeben würde. Aber, und das gibt er jetzt doch zu, „man fiebert natürlich auch mit.“

Eschrich, übrigens auf den Tag genau ein Jahr älter als Johannes Ludwig, ist auch bei Olympischen Spielen für die gesamte deutsche Mannschaft zuständig, betreut hauptsächlich jedoch die Schlitten der Oberhofer Athleten. „Grundsätzlich kann aber jeder, der kommen möchte, jederzeit zu mir kommen. Ich schicke niemanden weg.“

Über die Jahre hat er sich ein derart großes Arsenal an Wissen und Know-how angeeignet, dass er guten Gewissens sagen kann: „Die Arbeit wird im Vorfeld gemacht.“ Wer bei Olympischen Spielen anfange, viel herumzuschrauben, habe vorher seine Arbeit nicht richtig gemacht. Bereits jetzt würde die Arbeit für kommende Saison erledigt. Und die ist, wie anfangs schon beschrieben, nicht weniger geworden. Im Gegenteil.

Autor

Bilder