Reisebranche Großer Aufklärungsbedarf vor der Urlaubsreise

Annett Recknagel

Seit Monatsbeginn herrscht in den örtlichen Reisebüros wieder eine große Nachfrage – wegen der verschiedenen Bestimmungen ist der Beratungsaufwand immens.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Nicole Ogola freut sich, dass es die Leute wieder in die Ferne zieht. Foto: /Annett Recknagel

Schmalkalden - Susanne Heß machte es ihren Kunden vor. „Ich habe es selbst probiert und war in Griechenland im Urlaub“, sagt die Frau vom Reiseladen bei Peter-Touristik in Trusetal und fügt hinzu: „Es hat super geklappt.“ Und genau das erzählt sie ihren Kunden, nimmt ihnen damit die Unsicherheit und macht ihnen auf diese Weise den Urlaub schmackhaft. Natürlich freut sie sich sehr, nach dem langen Lockdown endlich wieder Kunden beraten und letztlich in die Ferien schicken zu dürfen. Viele Menschen seien nach wie vor unentschlossen, wenn auch urlaubsreif.

Nach der Werbung weiterlesen

Nachfragen aber gehen wieder vermehrt beim Reiseladen ein. Ein Vergleich zu vor der Pandemie aber sei das nicht. Momentan hängt an einer möglichen Buchung ein immenser Aufwand, sagt Susanne Heß. Jedes Reiseziel sei mit entsprechenden Fragen versehen. Braucht man einen Test? Wenn ja, wo wird der durchgeführt? Wann muss ich ihn machen? Wie verhält man sich als geimpfte Person? Gelten im Urlaubsland gesonderte Bestimmungen? Zu vergleichen sei das mit der Zeit, als man noch einen Reisepass brauchte, so Heß.

Glücklicherweise sei die Quarantäne nach dem Urlaub abgeschafft. Und trotzdem seien viele Urlaubswillige noch sehr vorsichtig. Das Problem: „Im Moment ändert sich alles ständig“, erklärt Susanne Heß. Für ihre Kunden ist sie bereit, im Vorfeld der Reise alle Fragen rund um das gewünschte Urlaubsziel zu beantworten und Probleme möglichst auszuräumen. Das brauche Zeit, sei aber Service. Seit Anfang Juni floriert das Tourismusbusiness wieder. Susanne Heß ist über jede Nachfrage froh und bemüht, ihre Kunden mit so vielen Informationen wie möglich in den Urlaub zu verabschieden.

Im Trend liegen Reisen in den Nahbereich. Griechenland, Ibiza, die Balearen zum Beispiel. Deutschland ist auch gefragt, aber nicht mehr so wie im vorigen Sommer. Ab und an komme es auch vor, dass Flüge gestrichen werden, weil man sie nicht voll bekomme. Und natürlich brauche man, um einreisen zu können, entsprechende Anmeldungen. Diesbezüglich müssten die Kunden schon mitziehen, so Susanne Heß. So habe sie auch schon etlichen geholfen, ihr Smartphone mit der entsprechenden App auszustatten. Digitalisierung ist nötig. Damit sollten sich die Kunden anfreunden, ältere Menschen könnten sich diesbezüglich Hilfe von ihren Kindern holen.

Dass die Menschen für Urlaubsreisen offen seien, beobachtete Susanne Heß in den letzten Wochen sehr genau. Noch vor zwei Jahren sei Verreisen selbstverständlich gewesen. Jetzt nach dem Lockdown wisse man es ganz anders zu schätzen.

Positives berichtet auch Nicole Ogola, Inhaberin des Reisebüros Brazil am Schmalkalder Lutherplatz. Nachdem sie über die Wintermonate vereinzelt Reisen nach Dubai, zu den Malediven oder auf die Seychellen buchte, sind seit Anfang Juni Ferien in Europa wieder im Kommen. „Die Leute stehen seit Mai in den Startlöchern. Das ist wie Fahren mit angezogener Handbremse, alle wollen, wussten bisher aber nicht wie“, sagt die Fachfrau. Momentan boome es in der Reisebranche. „Ich dachte Griechenland würde in diesem Sommer der Renner, aber jetzt ist die Türkei groß im Kommen“, sagt Nicole Ogola. Auch habe sie viele Buchungen nach Bulgarien, Ägypten, Spanien und jede Menge Portugal getätigt. Nachdem die Testpflicht in Kroatien aufgehoben wurde, rücke dieses Land wieder in den Blickfang der Urlaubswilligen. Ferien im Inland dagegen seien momentan weniger gefragt. „Das war im vorigen Sommer der Trend“, merkte Nicole Ogola an.

Natürlich holten sich die Kunden im Reisebüro vermehrt Rat zu aktuellen Einreisebestimmungen. Informationen zu möglichen Virus-Varianten, Hochinzidenzen und Risikogebieten würden verlangt. Genauso gebe es viele Fragen zu den Testbedingungen. Reicht ein Schnelltest? Oder braucht man einen PCR-Test? „Ich versuche, allen meinen Kunden die geltenden Modalitäten in ihrem Urlaubsland genau zu erklären“, sagt Nicole Ogola und freut sich, dass am 1. Juli auch die Busreiseveranstalter wieder durchstarten.

Ganz wichtig findet sie die Impfbescheinigungen. Die sollte man auf der entsprechenden App auf seinem Smartphone haben, um sie überall dort, wo man sie brauche, unkompliziert vorlegen zu können. Ab Juli beginnen allmählich auch die Mallorca-Flüge wieder.

Und so hat Nicole Ogola den Sommer mit Buchungen gut gefüllt. Selbst bis Ende November konnte sie Urlaubswillige bereits zufriedenstellend bedienen. „Manch ein Reiseveranstalter hat sogar schon das nächste Frühjahr freigeschaltet“, sagt sie. Und welche Klientel bedient sie? „Querbeet“, kommt die Antwort. Von ganz jungen Leuten über die klassische Familie bis hin zu älteren Herrschaften reiche die Kundschaft.

Das bestätigt auch Heike Schmalz vom gleichnamigen Reisebüro in Breitungen. Auch bei ihr nahmen die Nachfragen seit der beginnenden Lockerungen zum Monatsanfang von einem Tag auf den anderen zu. Familien hätten bereits ihre Urlaubsziele für die Herbstferien fest gemacht. Momentan registriere sie zunehmend Buchungen in die Türkei, nach Griechenland, Spanien und Italien. Auch Südtirol und der Gardasee seien beliebte Reiseziele.

So wie ihren Kolleginnen ist Heike Schmalz der derzeitige große Aufklärungsbedarf auch bekannt. „Die Leute wollen sich absichern und fragen nach, ob sie bestimmte Dinge richtig verstanden haben“, sagt sie. Insgesamt aber freut sie sich, Reisewillige wieder auf ihren Urlaub neugierig machen zu dürfen und mit ihnen zu planen.

Natürlich sei die gegenwärtige Situation noch lange nicht wieder so wie vor Corona. Noch immer ist Kurzarbeit ein Thema. Zudem hat das Breitunger Reisebüro nach wie vor eingeschränkte Öffnungszeiten. „Schön war die Unterstützung durch die Überbrückungshilfe, so konnten wir uns über Wasser halten“, sagt sie und blickt recht optimistisch in die Zukunft.