Regionalkonferenz Erfolgreich unterwegs zur Wasserstoffregion

Werner Kaiser
Mit ihrer Einladung zur regionalen Wasserstoffkonferenz hatten der Wartburg- und der Unstrut-Hainich-Kreis einen Nerv bei der Industrie, der Versorgungs-, Verkehrs- und Wohnungswirtschaft und der öffentlichen Verwaltung getroffen. Foto: Werner Kaiser

Energieerzeugung und -reserven sind aktuell in aller Munde, aber Lösungen werden bis 2050 und darüber hinaus dringend gebraucht, so Landrat Reinhard Krebs zur 1. HyExpert Regionalkonferenz der Wasserstoffregion Wartburg-Hainich.

 
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Partnerschaften mit benachbarten Landkreisen zu wichtigen Themen waren für den Wartburgkreis schon wiederholt erfolgreich. Mit dem Unstrut-Hainich-Kreis soll nun die Wasserstoffregion Wartburg- Hainich ins Werk gesetzt werden, in deren Mittelpunkt der Aufbau einer regionalen grünen Wasserstoffwirtschaft steht. Dass hierfür überzeugende Konzepte entwickelt werden, zeigt die Auszeichnung im Bundesförderprogramm HyLand als HyExpert-Region – eine von 30 Gewinnerregionen unter 119 Bewerbungen. Reinhard Krebs und seine Mitarbeiterinnen Maxi Domke und Maika Baldauf konnten vom zuständigen Bundesminister für Digitales und Verkehr Volker Wissing die mit einer Förderung von knapp 400 000 Euro verbundene Auszeichnung entgegennehmen. Er greife in Sachen Energie gegenwärtig nach jedem Strohhalm, sagte der Landrat. Hier gehe es aber mit gleicher Dringlichkeit um die strategische Vorausschau.

Schon vor der Krise angetreten

Die Konferenz im Tagungssaal des Eisenacher AWE-Museums war gut besucht. Landrat Krebs hatte im unmittelbaren Vorfeld eine Bürgermeisterberatung zum Thema durchgeführt, und dieser Kreis – darunter Klaus Bohl, Michael Brodführer und Martin Müller – gehörte ebenso zu den Teilnehmern wie Vertreter von Versorgungs- und Verkehrsbetrieben sowie Wirtschafts- und Wohnungsunternehmen.

Hochkarätig war das Feld der Referenten besetzt. Den Auftakt machten Ausführungen zu „Energieversorgung und grüner Wasserstoff aus der Sicht des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz“ von Martin Gude, Abteilungsleiter Energie und Klima der Landesbehörde. Mit Blick auf globale Szenarien, wie sie etwa von der Internationalen Energieagentur (IEA) und der International Renewable Energy Agency (IRENA) entwickelt wurden, werde sich der Bedarf bis 2030 moderat, bis 2040 aber schon explosionsartig entwickeln. Sinnvoll sei die Konzentration auf „no regret“-Anwendungen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in Angriff genommen werden müssten. In der Industrie komme der Wasserstoffeinsatz demnach als Reaktionsmittel sowie in der stofflichen Nutzung zum Tragen, im Verkehr bei Langstreckenrelationen per Flugzeug und Schiff sowie bei der Fernwärmeversorgung. Individuelle Lösungen etwa für Pkw oder Einfamilienhäuser seien weniger sinnvoll.

Als Wasserstoffnetze kommen jetzige Erdgasleitungen in Betracht. Pilotfunktion haben die Verbindungen von Kirchheilingen im Eichsfeld zum Industriegebiet Erfurter Kreuz und nach Schwerborn bei Erfurt. Um den Primat der Eigenerzeugung vor Import und planbare Preise zu sichern, verdient die Eigenerzeugung auf der Basis erneuerbarer Ressourcen den Vorzug. Entsprechend der geografischen Bedingungen hat bislang der Unstrut-Hainich-Kreis einen höheren Anteil von Windenergie aufzuweisen als der Wartburgkreis, wo der Ausbau der Photovoltaik voranschreitet. Zu den in Thüringen angestrebten Zielen gehören neben der Abwehr überhöhter Gaspreise unter anderem die Deckung des weiter wachsenden Energiebedarfs, die Versorgungssicherheit und die Einhaltung der Klimaschutzziele.

„Im Freistaat Thüringen wurde eine Wasserstoffstrategie schon 2021 beschlossen, also vor der Energiekrise,“ konnte Professor Dieter Sell feststellen. Der Geschäftsführer der Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur (ThEGA) verwies unter anderem auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Herstellung der Klimaneutralität bis 2045. In Ergänzung zu den Grundsätzen des Umweltministeriums wies er auf das Beispiel Kanada hin: Die dort getroffenen Absprachen zur Lieferung von Wasserstoff versprechen derzeit keine stabilen Lösungen; der inländischen Erzeugung ist also der Vorrang zu geben, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, die H2-Wirtschaft anzukurbeln und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Potenziale liegen unter anderem in der Beschäftigungssicherheit sowie in Wettbewerbsvorteilen.

Gebündelte Kapazitäten

In dem Auftragskonsortium zur Erstellung eines Gesamtkonzepts für den Aufbau einer regionalen grünen Wasserstoffwirtschaft sind vor allem drei Partner mit ihren Beratungs- und Forschungskapazitäten: die aus der Eisenacher Lindig-Gruppe hervorgegangene Triveda mit Sitz in Erfurt, die unter anderem in Zella-Mehlis ansässige Technologie- und Innovationsberatung EurA und das Oberhausener Frauenhofer-Institut Umsicht (Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik), das in Bad Langensalza einen starken Standort aufgebaut hat. Von deren leitenden Vertretern wurden anschaulich die Schritte bis zum für den 30. Juni 2023 geplanten Ergebnis vorgestellt. Die Schwerpunkte dabei sind, geeignete Standorte für erneuerbare Energien und die Wasserstofferzeugung zu evaluieren, ein Logistikkonzept zur Verteilung, Speicherung und Bereitstellung von Wasserstoff zu erstellen und die Bedarfs- und Anwendungsgebiete sowohl im Mobilitätssektor bei ÖPNV, Logistik, Intralogistik und Luftfahrt – der Flugplatz Kindel spielt durchaus eine Rolle – als auch im Industrie- und Wärmesektor zu erfassen.

Die Konferenzteilnehmer nahmen die Gelegenheit zu Nachfragen an die Referenten wahr, unter anderem, ob die steigenden Wasserpreise in die Kalkulationen für die Wasserstofferzeugung einbezogen seien. Sebastian Stießel vom Fraunhofer-Institut erklärte, im Gesamtprozess spiele der Wasserpreis eine geringe Rolle, und Abteilungsleiter Martin Gude ergänzte: Thüringen sei eher in der komfortablen Lage, eher ein Verteilungs- als ein Angebotsproblem zu haben.

Nach den Vorträgen wurde die Regionalkonferenz mit lebhaften Diskussionen in fünf Fachgruppen fortgesetzt, wobei die von den Triveda-Vertretern Knut Langer und Jens-Uwe Eras moderierte Gruppe Industrie & Intralogistik den meisten Zuspruch fand. Beim abschließenden Get-Together fand man schließlich noch die Möglichkeit, Erfahrungen auszutauschen und auch Kontakte zur Realisierung schon konzipierter technologischer Lösungen zu knüpfen.

Maxi Domke, Klimaschutzmanagerin im Landratsamt Wartburgkreis, verweist zudem auf weitere Informationen unter www.wasserstoffregion-wartburg-hainich.de

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