Sich einzureihen in Demo und Kundgebung am Dienstag, dazu lud am Freitag Sonnebergs Bürgermeister ein. In einer Mitteilung aus dem Rathaus wird verwiesen auf jene Stadtratssitzung, bei welcher das Gremium sich einstimmig und parteiübergreifend auf eine Resolution geeinigt hat, in welcher Landes- und Bundesregierung aufgefordert werden, alles zu unternehmen, um die Energiepreise für Bürger sowie Unternehmen auf ein verträgliches Maß zu reduzieren. Mit einer diesbezüglichen Kontaktaufnahme ist Bürgermeister Heiko Voigt beauftragt. Anfang Oktober sind entsprechende offizielle Briefe an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und an den Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) versandt worden, so das Rathaus. Deren Inhalt lässt sich wie folgt zusammenfassen: „Das Rückgrat unseres Wohlstands steht auf dem Spiel. Die Maßnahmen der bisherigen Entlastungspakete wirkten eher wie Strohfeuer.“ Schnelle und unbürokratische Lösungen im Interesse der Menschen und Unternehmen seien gefragt. Der Staat müsse entschlossen, zielgerichtet und besonnen handeln, um der Bevölkerung und den Unternehmern die „blanke Existenzangst“ zu nehmen, so Voigt.
Stadt und Stadträte haben sich im Rahmen ihres Einflussbereiches darauf geeinigt, den Bürgern nicht noch mehr Belastungen n zuzumuten, heißt es. „So wird – so lange es die gesetzlichen Vorgaben zulassen – das Sonnebad mit Sauna trotz des hohen Energieverbrauchs weiterhin geöffnet bleiben gegen einen nur geringen Eintrittsaufpreis. Für Reha-, Schulsport, Babyschwimmen sowie Freizeit- und Vereinssport oder einfach zur Erholung stehen Bad und Saunalandschaft weiter zur Verfügung. Ebenso hat die Eishalle ihren Betrieb aufgenommen und ist für die Besucher wie jedes Jahr bis Ende März für den Kufensport im Vereins- und Freizeitbereich offen.“ Neben den sportlichen Aktivitäten sollen auch kulturelle Möglichkeiten nicht zu kurz kommen. Das Gesellschaftshaus werde wie gewohnt Veranstaltungen bieten – von den Internationalen Jazztagen Anfang November übers Travestie-Festival bis hin zu hochwertigen Musikveranstaltungen wie dem Karat-Auftritt oder den Weihnachtskonzerten im Dezember. Auch die Beleuchtung in der Innenstadt zur Adventszeit kommt. „Damit wollen wir versuchen, den Grundbedürfnissen unserer Bevölkerung Rechnung zu tragen“, so der Bürgermeister.
Der Stadtchef kündigt weitere Schritte an. So sollen den auf Basis von Beschlüssen erfolgten Resolutionen Einladungen nachfolgen an politische Verantwortungsträger in Land und Bund. Diese mögen den Sonnebergern vor Ort konkrete Lösungsvorschläge erläutern.
AfD spricht von „Spalterei“
Welchen Zuspruch der Protest am Dienstagabend bekommt, bleibt abzuwarten. Doch findet der Aufruf große Beachtung und Verbreitung. Allein auf der städtischen Homepage wurde die Ankündigung bis Freitag knapp 8000 Mal angeklickt.
Klar als Gegner eines „Aufrufs staatlicher Stellen und Regierungsparteien zur Dienstagsdemo in Sonneberg“ positionierte sich derweil zu Wochenbeginn Holger Winterstein namens des AfD-Gebietsverbandes Sonneberg. Winterstein, Kreistagsmitglied und Sonneberger Stadtrat, verweist stattdessen auf die so genannten Montagsdemos des Vereins „Sonneberg zeigt Gesicht“ mit jeweils knapp oder über 2000 Teilnehmern bei den vergangenen drei Auflagen. Winterstein meint: „Nun versuchen gerade die, die sich (mit)schuldig gemacht haben und wegen denen der Zusammenhalt in der Gesellschaft bröckelt, eine Gegendemo am Dienstag zu organisieren. Jetzt eine ‚unabhängige und überparteiliche Demonstration’ zu veranstalten, anstatt sich reumütig am Montag einzureihen, ist unglaubwürdig und unehrenhaft. Wir brauchen diese Spalterei nicht.“
Dies war auch Tenor bei der SzG-Versammlung am 3. Oktober. Dabei hatte die Vereinsvorsitzende Anna Bernardy in ihrem Redebeitrag zwar einen gewissen AfD-Drall unter Rednern und Organisatoren bisheriger Kundgebungen eingeräumt, dies aber unter Verweis auf Akteure auch aus anderen Parteien bzw. gesellschaftlichen Gruppen relativiert. „Sonneberg leidet an Distanzeritis“, es werde unterschieden in „gute Demo, böse Demo“, so ihr Eindruck. Bernardy und später Antje Duckwitz behaupteten in ihren Reden verschiedentlich, es gebe eine Traditionslinie zwischen den Protesten im Wendeherbst 1989 und den Montagsdemos dieser Tage. Während die eine ihre Furcht bekundete, es werde eine „Retro-DDR“ etabliert, sprach die andere vom Erbe der Bürgerrechtsbewegung, das es mutmaßlich noch heute zu vollstrecken gelte: „Friede, Freiheit, Selbstbestimmung.“
Im Ergebnis dessen wird auf der eigenen Originalität als Protestmacher beharrt: Für Montag, 10. Oktober, jedenfalls ruft SzG mit dem Vorwort „Wir bleiben dran“ neuerlich zur Teilnahme an einer Demo durch die Bahnhofsstraße nebst Kundgebung am Rathausplatz auf.