„Im Gastronomie- und Hotelbetrieb, bei Friseuren und im Dienstleistungsgewerbe laufen wie im Einzelhandel die Fixkosten für Miete und Betriebskosten weiter und die Umsätze liegen bei null Euro. Die Stadt stundet zwar laufende Grundsteuer und gegebenenfalls Gewerbesteuer für die Vorjahre, wenn aber eine Insolvenz droht, gibt es keine Gewähr für eine spätere Zahlung.“
„Alle Einrichtungen können ein gutes Hygienekonzept vorweisen. Auf dessen Einhaltung wird überall konsequent geachtet. In großen Märkten treffen sich große Menschengruppen, was in den kleinen Geschäften gar nicht möglich ist und auch gar nicht geduldet wird.“
„Weitere Schließungen können die Gewerbetreibenden nicht länger durchhalten. Alle Rücklagen sind aufgebraucht. Die uns vorliegenden Zahlen sind erschreckend.“
„Die Inhaber stehen unweigerlich vor dem Ruin, müssen Insolvenz beantragen. Die Arbeitnehmer verlieren ihre Arbeitsstelle und müssen sich bei der Arbeitsagentur arbeitslos melden. Einzelunternehmern steht dieser Weg ohnehin nicht offen, sie können am Ende nicht einmal ihre Krankenversicherungsbeiträge selbst bezahlen.“
Das von Scheler und Lämmchen formulierte Fazit lautet: „In unserer ländlichen und tourismusgeprägten Region steht eine Pleitewelle der Klein- und Kleinstunternehmen, aber auch des Mittelstandes bevor.“
„Eine totale Schließung treibt uns in den Ruin“
Nicht unterschlagen möchte der Bürgermeister im Gesamtzusammenhang, dass die Stadt Neuhaus als Erholungsort im Jahr 2020 zunächst 138000 Euro zur Minderung der Auswirkungen der coronabedingten Schließungen erhalten habe und voraussichtlich derselbe Betrag nochmals für 2021 fließen werde. Doch folgt ein großes Aber: „Es ist nicht möglich, davon die gesamte Branche in unserer Stadt zu retten.“ Und damit nicht genug. Denn, so Scheler weiter, sollten die coronabedingten Schließungen weiter anhalten, brauche man als Stadt auch kein Integriertes Stadtentwicklungskonzept (ISEK) mehr, über das die Stadträte innerhalb ihrer jüngsten Zusammenkunft erst neuerlich Beschluss fassten. Weil es dann schlicht und ergreifend „kein Leben mehr in unserer Stadt“ gebe. Auch ein Touristisches Entwicklungskonzept und Tourismusförderung – ebenfalls erst im Stadtrat thematisiert – würde keinen Sinn mehr machen. „Denn: Wir haben keine Hotels und Gaststätten mehr, die einen Urlauber beherbergen und bewirten können.“
Niemand leugne die Corona-Pandemie. Das wollen Uwe Scheler und Anett Lämmchen in ihrem Schreiben betont wissen, ebenso dass die Einschränkungen der Bundes- und Landesregierung weitgehend akzeptiert würden. Doch das nächste große Aber folgt: „Eine totale Schließung treibt uns in den Ruin.“ Die entstehenden Schäden seien dauerhaft und unumkehrbar und könnten durch keinen Zuschuss und keine Entschädigung wieder gut gemacht werden.
Und genau deshalb bitten die beiden Appellschreiber den Ministerpräsidenten darum, „gemeinsam mit Ihrem Kabinett ein Konzept für eine sichere und gerechte Öffnungsstrategie für den Einzelhandel, die Gastronomie, Hotels und die Freizeiteinrichtungen zu erarbeiten“. Man brauche dringend eine sichere Perspektive. „Ohne eine solche Öffnungsstrategie haben wir keine Zukunft mehr. Die Zeit drängt! Nur mit Ihrer Hilfe können wir das gemeinsam überstehen.“
Ob es aus Erfurt eine Reaktion geben wird? Wenn ja, wie diese dann aussieht? Es bleibt abzuwarten.