Das politische Gespür von Joachim Gauck basiere nicht so sehr auf der nüchternen Analyse der Lage, sondern auf einem tiefen Verständnis des Menschen. „Er ist zugleich Seelsorger und Psychologe“, sagte Voßkuhle und erinnerte an viele Momente, in denen der Preisträger Menschen, die Trost brauchten, mit einer selbstverständlichen Geste umarmt hat. Dafür sei er nicht selten kritisiert worden, dass solche Gesten mit dem Amt eines Bundespräsidenten nicht vereinbar seien.
Gemeinsam mit Kuratoriums-Vizepräsident Jürgen Aretz und dem Stiftungsratsvorsitzenden Stefan Heck überreichte Christian Hirte an Joachim Gauck den Point-Alpha-Preis. Der Geehrte sprach wie der Laudator von einem „wunderschönen Tag“ und einer wunderschönen Laudatio. Damit gehe es ihm sehr gut. Er erinnerte daran, dass in der DDR Menschen, die Angst hatten, sich von ihrer Angst verabschiedet und den Weg zur Freiheit gesucht hatten. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine mahnte er die Menschen, auch heute ihre Angst zu überwinden und sich nicht zu fürchten „vor möglichen Einschränkungen des eigenen Lebensstandards“.
„Können noch mehr tun“
„Wir sind aufgefordert, alles bis zur Grenze des uns Möglichen zu unternehmen, um Putins mörderisches Treiben zu beenden. Diese Grenze haben wir noch nicht erreicht, wir können noch mehr tun“, betonte Gauck. Er begrüßte, dass die Bundesregierung eine Kehrtwende vollzogen habe – den Aggressor als solchen benenne und der Ukraine beistehen wolle. Beeindruckt habe ihn auch, dass viele Menschen in der Bundesrepublik Ukrainern helfen, unter anderem mit Spenden. Demokratie müsse wehrhaft sein. Dazu gehöre neben einer gut ausgerüsteten Bundeswehr auch „die Erkenntnis, dass wir Feinde haben“, eine Feindschaft, die uns aufgezwungen worden sei.
„Ich mag es, wenn Menschen nicht einfach nur zuschauen, sondern sagen: Wir sind die Bürger. Das ist unsere Demokratie und wir werden sie schützen“, sagte Gauck.