Deutsch-deutsche Geschichte am Point Alpha Es ist noch lange nicht alles erzählt

red
Zahlreiche Besucher begutachteten bei der Eröffnung die Ausstellungsarbeiten der Schüler. Foto: Wolfgang Weber

Die Sonderausstellung „Ossis, Wessis, Wossis?“ in der Gedenkstätte Point Alpha wurde eröffnet. Die Bedeutung der deutsch-deutschen Geschichte für die Jugend von heute ist eine der vermittelten Kernbotschaften.

 
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Die deutsche Teilung hat nicht nur eine politische, historische und geografische, sondern auch eine aktuell persönlich-familiäre Dimension. „Die Jugendlichen von heute wollen unbedingt erfahren, wie und unter welchen Bedingungen ihre Eltern und Großeltern in der DDR und BRD gelebt und was sie erlebt haben. Dies ist eine Kernbotschaft, die von der Eröffnung der Sonderausstellung ,Ossis, Wessis, Wossis – Wie wir am 9. November 2022 eine imaginäre Mauer eingerissen haben’ ausgeht“, heißt es in einer Pressemitteilung der Point-Alpha-Stiftung. Rund 100 Besucher hatten sich im Haus auf der Grenze von Point Alpha eingefunden, um die Premiere sowie den informativen Einführungsvortrag mitzuerleben. Die Projekt-Beteiligten waren sich einig: Die Geschichte der Zweistaatlichkeit muss weitererzählt und weiter erforscht werden.

Die Oberstufenkurse des Rhön-Gymnasiums aus Kaltensundheim und des Wigbertgymnasiums aus Hünfeld hatten sich im Rahmen eines zweitägigen Schulprojektes auf eine Zeitreise in die deutsch-deutsche Teilungsgeschichte begeben. Die Schüler aus Thüringen und Hessen erkundeten die Ausstellungen des authentischen Zeitzeugnisses, inspizierten die rekonstruierten Grenzsperranlagen, arbeiteten mit kontroversen Quellen, befragten Bekannte und Zeitzeugen und kamen miteinander ins Gespräch. Ihre Erlebnisse und Arbeitsergebnisse hielten sie in Reportagen fest, die ergänzt durch Fotos oder auch Zeichnungen nun bis zum 30. April auf 22 Plakattafeln im Sonderausstellungsraum der Gedenkstätte zu sehen sind.

Beim Lesen und Betrachten der Ausstellungsarbeiten wird schnell deutlich: Die Schüler aus Thüringen und Hessen konnten hier eigene Erfahrungen mit prägenden Ereignissen der Historie machen und bei der Spurensuche in der Vergangenheit für die Gegenwart und Zukunft lernen. Beispiele lieferten Paula Philipp, Vanessa Neumann und Maximilian Hartmann aus dem Rhön-Gymnasium sowie Anna Schweiger, Chiara Ziegler und Maximilian Laibach vom Wigbertgymnasium, die Passagen aus ihren Projekttexten rezitierten.

„Ideengeber für das Thema war die Point-Alpha-Stiftung, die Ausgestaltung lag aber ganz in den Händen der Schüler. Anfangs hielten die Teilnehmer aus Ost und West noch sichtlich Distanz, doch nach einer gemeinsamen Workshop-Fete waren alle Mauern zwischen den Gruppen eingerissen, eine Einheit hergestellt“, skizzierte Aline Gros, wissenschaftliche Mitarbeiterin, rückblickend das zweitägige Schulprojekt. Über 30 Jahre nach der Friedlichen Revolution und der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten gingen die Schulklassen mit Blick auf die „Dritte Generation DDR“ und die „Nachwendekinder“ der Frage auf den Grund, ob die Zeit der deutschen Zweistaatlichkeit für die Lebensgestaltung der Jugend von heute überhaupt noch von Relevanz ist. Gros verdeutlichte dem Publikum, dass es bezogen auf die Biografien der Menschen Gewinner und Verlierer gibt, sich die Erzählungen zwischen Erfolg und Absturz oder zwischen Faszination und Skepsis bewegen. Es habe sich viel verändert, verdeutlichte Gros, doch immer noch könne man Bruchlinien in der Gesellschaft, Klischees, Unterschiede und Vorurteile oder das Phänomen des Schweigens ausmachen. „Und die junge Generation will mehr darüber wissen, wie es damals war und warum, sie will aus den Fehlern ihrer Vorfahren lernen. Als außerschulischer Lernort bietet sich Point Alpha für Workshops für Begegnungen und Austausch diesbezüglich geradezu an“, meint Gros.

Zu Beginn der Vernissage hatte der geschäftsführende Vorstand der Point-Alpha-Stiftung, Benedikt Stock, die Gäste begrüßt und die sehr gelungene Kooperation zwischen den Schulen und der Stiftung hervorgehoben. Die Sonderausstellung „Ossis, Wessis, Wossis?“ sei unter der Projektleitung von Aline Gros und Jan Ludwig Antoni sozusagen im eigenen Haus entstanden, unterstützt durch die Lehrkräfte Matthias Bott aus Kaltensundheim und Anne Funke aus Hünfeld. Besucher können die Sonderausstellung während der Öffnungszeiten der Gedenkstätte – im März täglich von 10 bis 16.30 Uhr und ab April täglich von 10 bis 18 Uhr – besichtigen.

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