Pogrom-Gedenken Das bewegende Schicksal der Familie Frühauf

Eine Gedenkveranstaltung an das Novemberpogrom findet am kommenden Sonntag in Walldorf statt. Dabei steht das bewegende Schicksal der Familie Frühauf im Fokus.

Die Walldorfer Familie Therese und Simon Frühauf mit ihren fünf Kindern. Foto: Sammlung C. Gann

Auch in diesem Jahr wird in Walldorf der Pogromnacht vom 9. November gedacht. Im vergangenen Jahr hatten die B.M. Strupp-Stiftung, der Ortsteil Walldorf und der Heimatverein Walldorf e.V. erstmals zu einer Gedenkveranstaltung eingeladen. Nach dem großen Anklang waren sie sich einig, dass dies fortgesetzt werden soll.

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Walldorf war einst ein Zentrum jüdischen Lebens in Thüringen. Vor 200 Jahren war jeder dritte Einwohner jüdisch. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts, als Juden wieder in Meiningen sesshaft werden durften und sich 1866 die Israelitische Kultusgemeinde Meiningen bildete, verringerte sich die Zahl der Juden in Walldorf stark. Walldorf büßte auch den Sitz des Landrabbiners ein. Im Jahr 1935 lebten nur noch zehn jüdische Familien in Walldorf.

Der Novemberpogrom von 1938, bei dem in ganz Deutschland Synagogen zerstört, Juden ermordet und Zehntausende jüdische Männer in Sonderlager nach Buchenwald, Dachau und Sachsenhausenverschleppt wurden, ließ die NS-Verfolgung in eine neue Gewaltphase eintreten. Wer konnte, versuchte ins Ausland zu entkommen. Es war jedoch schwierig, ein Aufnahmeland zu finden. So wurden im Jahr 1942 die meisten der in Walldorf verbliebenen Juden verschleppt und ermordet.

Christoph Gann, Vorstandsvorsitzender der B.M. Strupp-Stiftung, widmet sich in der Gedenkveranstaltung der Familie Frühauf. Therese und Simon Frühauf starben im Juli beziehungsweise Oktober 1933 und sind auf dem jüdischen Friedhof in Walldorf beigesetzt. Sie hatten drei Söhne und zwei Töchter. Ihr ältester Sohn Max fiel im Ersten Weltkrieg. Ihre Söhne Felix und Gustav Frühauf waren nach dem Novemberpogrom einige Zeit in Buchenwald inhaftiert. Felix Frühauf war Frontkämpfer im Ersten Weltkrieg und Lederwarenhändler in Meiningen. Er wurde zusammen mit seinem Sohn Rudolf im Jahr 1943 von Berlin nach Auschwitz deportiert und ermordet; Tochter Helga gelang mit falschen Papieren die Flucht nach Belgien, wo sie überlebte. Gustav Frühauf, einst Lehrer in Stolzenau und Bleicherode, lebte zuletzt mit seiner Frau Ida und Tochter Anna in Leipzig. Im Jahr 1943 wurden sie nach Theresienstadt und im Oktober 1944 weiter nach Auschwitz deportiert. Seine Schwester Recha lebte seit 1941 ebenfalls in Berlin. Von dort wurde sie im Juni 1942 nach Riga deportiert. Einzig die weitere Schwester Martha überlebte den NS-Massenmord. Sie konnte mit ihrem Mann in die USA auswandern.

Die Gedenkveranstaltung findet statt am Sonntag, 9. November, 17 Uhr, im Kressehof Walldorf. Der Eintritt ist frei.