Playoff, Volleyball-Bundesliga Wieder keine Tiebreak-Nerven

Der VfB Suhl ist aus den Bundesliga-Playoffs ausgeschieden. Die Volleyballerinnen unterliegen dem Schweriner SC erneut im Tiebreak.

 
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Dirk Berscheidt war extra 370 Kilometer weit gefahren. Bei stundenlangem Regen, der, je näher er dem Thüringer Wald kam, immer mehr in Schnee überging. Aus der Nähe von Köln war der Sport1-Kommentator angereist, um das zweite Playoffspiel des VfB Suhl Lotto Thüringen gegen den Schweriner SC aus der Suhler „Wolfsgrube“ live für seinen Sender zu kommentieren. So wie er es auch im Auftaktspiel am Dienstagabend getan und die 2:3-Niederlage der Suhlerinnen in der Schweriner Palmberg-Arena den Zuschauern näher zu bringen hatte.

Diesmal, am Freitagabend, fasste der 57 Jahre alte Berscheidt, die deutsche Volleyball-Stimme schlechthin, die erneute 2:3-Niederlage (20:25, 25:15, 25:21, 23:25, 13:15) für die Daheimgebliebenen in Worte. Auch am Dienstag hatte sich Berscheidt in den ersten beiden Sätzen schon die größte Mühe gegeben, mit seinem Sachverstand und seiner wohltuend zurückhaltenden Formulierungskunst auch den nicht vordergründig Volleyball-affinen Zusehern diesen Sport schmackhaft zu machen. Was sich angesichts der angstbehafteten, zaudernden Vorstellung des VfB-Teams in dieser Anfangsphase als keine leichte Aufgabe herausstellte. Zum Glück, sicher auch für Dirk Berscheidt, sollte das Spiel ja noch drei weitere Sätze dauern.

Rain or shine, wie man im Englischen sagt, Regen oder Sonne – so wechselhaft das Suhler Spiel noch am Dienstag war, so unberechenbar sollte es am Freitag nicht werden. Im ersten Satz hielt die Mannschaft von Trainer Laszlo Hollosy besser mit als noch drei Tage zuvor. Zwar hatten sich die Schwerinerinnen als Ziel ihrer Aufschläge Suhls Libera Elisa Lohmann ausgesucht und setzten den VfB damit auch geschickt unter Druck. Der aber war wacher, ließ sich nicht mehr so deutlich vorführen.

Suhler Wetterkapriolen

Ein echtes Schaulaufen Suhler Volleyballkünste wurde der knackenvollen Halle, endlich wieder, im zweiten Satz geboten. Über 6:5, der ersten Suhler Führung in diesem Spiel überhaupt, 14:9 – nach einer Aufschlagserie von VfB-Außenangreiferin Agnes Pallag – und 17:11 war klar, an wen dieser Durchgang gehen würde.

Man könnte die Wetterkapriolen im Suhler April auch wie folgt interpretieren: Die Volleyballerinnen des VfB sind so cool, dass es hinter ihnen schneit. Ein Sieg, ein ganz normaler Sieg, würde schon reichen, um am kommenden Dienstag erneut nach Schwerin, zum Entscheidungsspiel zu fahren. Gänsehautalarm, als die ganze Halle mitzählte, um dann im kollektiven Jubel förmlich zu zerschmelzen. Neun Satzbälle. Gleich der erste sitzt, Annick Meijers hatte verwandelt.

Diese Saison, die schon jetzt die beste seit langem ist, hielt für die Volleyballerinnen des VfB Suhl viel Sonnenschein bereit, und die negativen Dinge verlieren im Rückblick ja bekanntlich ihren Schrecken.

Als Agnes Pallag in Satz Nummer drei mit einem schier unmöglichen Punktgewinn zur Suhler Aufholjagd nach 2:7-Rückstand beitrug, war die Halle endgültig zum Tollhaus geworden – jetzt glaubte wohl auch der letzte Zuschauer, dass Suhl an diesem Abend ausgleichen könnte. Und als ob man bisher noch etwas verstanden hätte, sprangen die Trommelfelle beim 22:20 durch Danielle Harbin endgültig raus. Oh wie ist das schön. 25:21, oh wie war das schön.

Als sich der VfB nach anfänglicher Ausgeglichenheit im vierten Satz einen 11:16-Rückstand einhandelte, sah es verdächtig nach Tiebreak aus. Doch Vorsicht, genau diesen, alles entscheidenden fünften Satz hatte Thüringens beste Volleyball-Mannschaft im bisherigen Ligaverlauf jedes Mal verloren. Da machten die neuerliche emotionale Berg- und Talfahrt, die wieder schwankenden Leistungen jetzt nicht gerade Mut für das, was gleich kommen sollte.

Es wird besser

Aber der VfB ließ sich abermals nicht abschütteln, blieb dran. Es wurde jetzt nochmal richtig spannend. Und wie. 19:21 aus Suhler Sicht durch Kayla Haneline. Der Schweriner SC im Aus, 21:22. Er wollte nicht in den Tiebreak, die Sache lieber vorher klarmachen. „Hier regiert der VfB“, brüllte die Halle beim 22:22-Ausgleich. Beim 23:22 hatte auch „Johnny Depp, Depp, Depp“ wieder seinen Auftritt. Dann war er aber doch da, der Tiebreak.

Hier startete der VfB nach Maß, führte mit 3:1. Als Aaaaagnes Pallag zum 6:4 gepunktet hatte und Laura de Zwart zusammen mit Vedrana Jaksetic auf 8:5 erhöhten, lugte das dritte Spiel schon vorsichtig um die Ecke. Aber eben nur vorsichtig. Es sollte wieder nicht sein. Der VfB Suhl hatte wieder keine Tiebreak-Nerven.

Aber nächste Woche soll das Wetter in Deutschland ja besser werden. Nächste Woche, wenn sich der VfB Suhl die Bundesliga aus der Ferne anschauen muss. Doch, Kopf hoch: nach Regen kommt Sonnenschein.

Nach dem Spiel fuhr Dirk Berscheidt, der von Suhls Volleyball-Legende Claudia Steger unterstützt wurde, die 370 Kilometer übrigens wieder nach Hause. Hoffentlich bei besserem Wetter als bei der Hinfahrt.

Suhl: Wiblin, Harbin, De Zwart, Haneline, Pallag, Jaksetic; Lohmann (Libera); eingewechselt: Meis, Sunjic, Meijers, – Zuschauer: 1300

>>> Hollosy: „Wir haben den Moment nicht genutzt“

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