Pflegeberufe Pflegekräfte besonders oft krank

In den Pflegeberufen sind Arbeitnehmer besonders häufig überlastet. Die Folge: Viele Krankschreibungen und besonders viele Frühverrentungen. Foto: dpa/Tom Weller

Pflegekräfte in Thüringen sind überdurchschnittlich häufig krank geschrieben. Schon vor der Corona-Pandemie. Daher fordert die Barmer eine drastische Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

 
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Erfurt/Berlin - Die Krankenkasse Barmer hat eine drastische Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege gefordert. Nur so sei der Teufelskreis aus Überlastung des Personals und eines daraus resultierenden überdurchschnittlichen Krankenstandes zu durchbrechen, erklärte Birgit Dziuk, Landeschefin der Barmer in Thüringen anlässlich der Veröffentlichung des Barmer Pflegereports am Dienstag in Berlin. Nach ihrer Darstellung ist die Situation in Thüringen besonders dramatisch.

So lag der Krankenstand bei Altenpflegefachkräften in Thüringen in den Jahren 2016 bis 2018 bei 7,3 Prozent. In ganz Deutschland waren es 7,2 Prozent. das bedeutet, dass an einem gewöhnlichen Arbeitstag von 100 Beschäftigten im Schnitt mehr als sieben krankgeschrieben.

Bei den Altenpflegehilfskräften lag der Krankenstand in Thüringen sogar bei 9,9 Prozent und damit deutlich über dem Wert für ganz Deutschland von 8,7 Prozent. Lediglich im Saarland war der Krankenstand bei den Hilfskräften mit 10,1 Prozent noch höher.

Laut Barmer könnte ein Grund für den hohen Krankenstand der ungünstige Personalschlüssel in Thüringen sein. Im Freistaat kümmern sich im Durchschnitt sieben Hilfskräfte um 100 Pflegebedürftige. das sei der niedrigste Wert in ganz Deutschland, so Dziuk. Das lasse auf eine hohe Arbeitsbelastung und somit den hohen Krankenstand schließen.

In Thüringen sind Pflegehilfskräfte mit einem Anteil von sieben Prozent auch überdurchschnittlich häufig in Erwerbsminderungsrente gegangen. Im deutschen Durchschnitt lag der Wert bei sechs Prozent. „Der Krankenstand der Beschäftigten in der Pflege ist in Thüringen noch höher als im bundesweiten Durchschnitt. Hinzu kommt ein dramatischer Mangel an Fachkräften. Die schwierige Situation hat sich durch die Corona-Pandemie noch verschärft“, mahnte Dziuk.

Sie forderte die Bundesregierung, das Land und die Arbeitgeber auf, die Pflegeberufe dringend attraktiver zu gestalten. „Denn wenn Beschäftigte in den Pflegeheimen und Pflegediensten krankheitsbedingt ausfallen, führt das zwangsläufig zu Mehrbelastungen bei den weiteren Beschäftigten und die Qualität der Versorgung leidet. Ein Teufelskreis ist im Gange, denn überlastete Beschäftigte haben wiederum ein höheres Risiko, krank zu werden“, sagte Dziuk.

Den Beruf attraktiver zu gestalten, bedeutet nicht nur eine angemessene Vergütung, sondern auch, planbare und familienfreundliche Arbeitszeiten umzusetzen. Um Abhilfe zu schaffen, brauche es außerdem gezielte Gesundheits- und Präventionsangebote im Rahmen eines professionellen betrieblichen Gesundheitsmanagements. Derzeit gebe es entsprechende Angebote nicht einmal in jeder zweiten stationären Einrichtung. „Das ist zu wenig“, sagte Dziuk. In Thüringen gelten mittlerweile 5,33 Prozent der Einwohner als Pflegebedürftig. Nur in Mecklenburg-Vorpommern ist der Anteil mit 5,58 Prozent noch höher, berichtet die Barmer.

„Die Arbeitssituation in der Pflege greift die Gesundheit der Beschäftigten massiv an“, warnte Barmer-Vorstandschef Christoph Straub in Berlin. Bei Ausfällen würden Kolleginnen und Kollegen zusätzlich belastet. Die Corona-Pandemie habe die Lage in den Heimen und bei den Pflegediensten noch einmal verschärft.

Laut des am Dienstag vorgestellten Pflegereports sind Altenpflegekräfte deutlich mehr krankgeschrieben als Erwerbstätige in anderen Berufen. Zwischen 2016 und 2018 habe der Krankenstand von Hilfskräften in der Altenpflege 8,7 Prozent und von Fachkräften 7,2 Prozent betragen - in sonstigen Berufen waren es demnach 5,0 Prozent. Pflegekräfte hätten vor allem lange Fehlzeiten wegen psychischer Probleme und Muskel-Skelett-Erkrankungen, sagte Studienautor Heinz Rothgang von der Universität Bremen.

Laut einer Berechnung in der Studie ergäbe sich theoretisch ein Volumen von rund 26 000 Pflegekräften, die zusätzlich zur Verfügung stünden, wenn Fehlzeiten und frühzeitige Berufsausstiege dem „Normalmaß“ sonstiger Berufe entsprächen.

Die Bundesregierung will in einer „Konzertierten Aktion Pflege“ bessere Bedingungen schaffen in der Pflege schaffen. Finanziert werden können künftig auch mehr Pflegestellen.

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