In einer deutlich kompromittierenden Situation soll Johnson selbst 2018 in seinem Büro mit seiner heutigen Ehefrau Carrie ertappt worden sein, damals als Außenminister. Mehrere Medien berichteten, der Premier habe mehrfach versucht, seiner Gefährtin zu lukrativen Regierungsjobs zu verhelfen. Downing Street bestreitet das.
Vom wichtigsten Berater zum größten Feind
Auch im "Pestminster"-Skandal ist Johnson mittendrin. Er bestreitet, von den seit langem herumschwirrenden Vorwürfen gegen "Whip" Pincher gewusst zu haben. Sein einst wichtigster Berater Dominic Cummings, mittlerweile sein größter Feind, widersprach. Der 58-Jährige lüge mal wieder, twitterte Cummings. Vielmehr habe Johnson lange vor der Ernennung gewitzelt, der Abgeordnete sei "Pincher vom Namen und Pincher von Natur". "Pincher" bedeutet auf Deutsch "Kneifer".
Der neue Skandal kommt für Johnson zur Unzeit. Eben erst hat er die "Partygate"-Affäre um illegale Corona-Feiern in der Downing Street hinter sich gelassen. Zugegeben, mit ziemlich blauen Flecken wie einem nur knapp gewonnenen parteiinternen Misstrauensvotum. Nun könnte sein Umgang mit "Pestminster" den Premier weitere Unterstützung in den eigenen Reihen kosten.
Zudem ist eine echte Reform nicht absehbar. "Es ist einfacher, über die Absurdität zu lachen, dass ein Abgeordneter behauptet, er habe versehentlich einen Porno angeklickt, als er nach Traktoren googelte, als eine Kultur zu entblättern, die seine Kollegen ermutigt, ihre Mitarbeiter zu belästigen", kommentierte "New Statesman". Dabei müsse zunächst anerkannt werden, wie schlimm und inakzeptabel die Situation sei. "Und wie sehr wir uns schämen sollten, dass Westminster so sehr bekannt ist für sexuelles Fehlverhalten, dass wir ein eigenes Wort dafür geschaffen haben." Klar ist: "Pestminster" ist nicht vorbei.