Suhl/Hildburghausen - Der frühere Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, will Nachfolger des Südthüringer CDU-Bundestagsabgeordneten Mark Hauptmann werden. Er werde sich als CDU-Kandidat für den Bundestags-Wahlkreis Suhl/Schmalkalden-Meiningen/Hildburghausen/Sonneberg bewerben, bestätigte Maaßen am Donnerstag unserer Zeitung. Er sei von den CDU-Kreisverbänden in Hildburghausen, Sonneberg und Schmalkalden-Meiningen um diese Kandidatur gebeten worden.

Die Vorentscheidung für einen Kandidaten Maaßen war offenbar bei einem Treffen von Südthüringer CDU-Funktionären am Mittwoch in Hildburghausen gefallen. Die Initiative kam Informationen unserer Zeitung zufolge aus Schmalkalden-Meiningen. Aus den CDU-Kreisvorständen in Suhl und Sonneberg waren am Donnerstag allerdings kritische Stimmen zu hören. Dort sprach man von einem voreiligen Beschluss und betonte, noch sei über den CDU-Kandidaten nichts entschieden. Über die endgültige Kandidatur Maaßens entscheidet die CDU-Delegiertenkonferenz in dem Wahlkreis voraussichtlich im April.

Mit Verweis darauf wollte sich Maaßen am Donnerstag auf Nachfrage unserer Zeitung nicht inhaltlich äußern. „Es würde mich sehr freuen, wenn die Südthüringer CDU mir das Vertrauen aussprechen würde“, sagte er nur. „Die Gegend gefällt mir sehr gut und ich würde mich natürlich für sie einsetzen.“  Er werde sich „aktiv für eine bürgerliche und vernunftorientierte Politik einsetzen“, schrieb Maaßen auf Twitter.

Der aus Nordrhein-Westfalen stammende Maaßen stand von 2012 bis 2018 an der Spitze des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Er war 2018 nach relativierenden Äußerungen über rechtsextreme Ausschreitungen in Chemnitz in die Kritik geraten. Als er später zudem von „linksradikalen Kräften“ in der SPD sprach, warf ihn Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) aus dem Amt. Maaßen tritt für einen harten Kurs in der Migrationspolitik ein. Vorübergehend gab es Spekulationen, er könne sich der AfD anschließen. Auch gab es damals Gerüchte über ein mögliches CDU-Parteiausschlussverfahren, zu dem es aber nicht kam.

In Südthüringen hat der 58-Jährige allerdings zahlreiche Anhänger unter den Christdemokraten. Im Landtagswahlkampf 2019 unterstützte er die CDU-Kandidaten Michael Heym und Marcus Kalkhake bei Veranstaltungen in Walldorf und Suhl. Die Landes-CDU distanzierte sich damals indirekt von der Wahlkampfhilfe des Ex-Verfassungsschutzpräsidenten. Maaßen ist das prominenteste Mitglied der Werte-Union, einem von der Partei nicht offiziell anerkannten Verein, in dem sich der rechtskonservative Flügel der CDU/CSU organisiert. Mitglied ist dort auch der Suhler CDU-Stadtratsfraktionschef Marcus Kalkhake, der einer der treuesten politischen Wegbegleiter Mark Hauptmanns in Südthüringen war. Auch CDU-Leute wie Michael Heym oder Ralf Liebaug gelten als dem Maaßen-Flügel nahestehend, spätestens seit sie nach der jüngsten Landtagswahl ein Papier mitunterzeichnet hatten, in dem Thüringer CDU-Funktionäre eine Öffnung der CDU für eine Regierungszusammenarbeit mit der AfD Björn Höckes forderten

Die CDU-Führung im Bund und in Thüringen reagierte irritiert auf den Kandidaten-Vorschlag: Sie schwieg komplett.  Erstmal den Tag abwarten und die Debatte laufen lassen, lautete Devise, die CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak den Parteifreunden am Donnerstagnachmittag nach Informationen unserer Zeitung mitgab. Auch die Thüringer CDU-Spitze um den Landesvorsitzenden Christian Hirte äußerte sich nicht inhaltlich zu der überraschenden Personalie. CDU-Landesvize Raymond Walk hatte lediglich bestätigt, dass es den Maaßen-Vorschlag aus den drei Südthüringer Kreisverbänden gab.

Die Suhler CDU, deren Vorsitzender Hauptmann war, war nicht in die Pläne eingebunden und reagierte auffällig ablehnend. „So geht das nicht“, kritisierte Vizechef Matthias Gering den Vorstoß. Er sprach gegenüber unserer Zeitung von einer „seltsamen Situation: Wir haben das eine Thema noch nicht aufgearbeitet und schon kommt das nächste.“ Die Suhler CDU bevorzuge einen Kandidaten, „der aus der Region kommt und sich mit ihr verbunden fühlt“. Maaßen selbst begründete das Fehlen einer Suhler Unterstützung damit, dass noch kein Nachfolger für den einstigen Kreisvorsitzenden gewählt worden sei.

Auch Sonnebergs CDU-Kreisparteichef Danny Dobmeier reagierte distanziert.  Dass Maaßen ins Gespräch gebracht wird, nehme er zur Kenntnis, sagte Dobmeier auf Nachfrage unserer Zeitung „Er ist eine respektable Persönlichkeit. Und   jemand, der polarisiert. Beides gehört zu einem Wahlkampf.“ Ob Maaßen indes bereits als gesetzt gelten muss, das bleibe abzuwarten. „Es sind sehr wohl noch weitere Namen im Rennen. Durchaus Menschen von politischem Kaliber“, ergänzte Dobmeier.

Die Schmalkalden-Meininger CDU sieht in Maaßen hingegen einen Kandidaten, der der CDU zum Sieg im Wahlkreis verhelfen könnte. „Unser Kreisvorstand begrüßt, dass Herr Dr. Maaßen dazu seine Bereitschaft erklärt hat, insbesondere unter diesen schwierigen Umständen“, sagte Kreisparteichef Ralf Liebaug.

Im Südthüringer Bundestagswahlkreis würde Maaßen auf einen ebenfalls bundesweit bekannten Mitbewerber treffen: Für die SPD tritt der ehemalige Biathlon-Olympiasieger und -Bundestrainer Frank Ullrich (63) aus Suhl an. Auch die Linke hat inzwischen ihren Kandidaten gewählt: Für sie tritt Sandro Witt an; der 39-jährige einstige Suhler derzeit Vizevorsitzender des DGB in Hessen/Thüringen.

Vor vier Jahren hatte CDU-Mann Mark Hauptmann sein 2013 errungenes Direktmandat mit 33,5 Prozent der Erststimmen klar vor der AfD und der Linken verteidigt. Bis 2013 siegten in dem Wahlkreis stets SPD und Linke. Hauptmann hatte nach Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit Maskengeschäften sein Bundestagsmandat, das er seit 2013 innehatte, niedergelegt und war nach Bekanntwerden von Ermittlungen zu dubiosen Provisionszahlungen in Millionenhöhe an seine Briefkastenfirma auch aus der CDU ausgetreten.

In den sozialen Medien stieß die Personalie Hans-Georg Maaßen vorwiegend auf Verwunderung. Es sei bemerkenswert, dass die CDU nun offenbar eine Reizfigur durch eine andere ersetzen wolle, so der Tenor auf Twitter. Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) reagierte ungläubig auf die Nachricht von Maaßens Kandidatur. An die Adresse von CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak und Parteichef Armin Laschet twitterte der SPD-Politiker: „Das hier ist doch ganz sicher ein ganz schlechter Aprilscherz, oder?“

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