Die erste Kanzlerkandidatin der Grünen
Als erste Kanzlerkandidatin ihrer Partei hatte Baerbock die Grünen 2021 in den Bundestagswahlkampf geführt. Auf einen verpatzten Wahlkampf folgte ein Ergebnis, das im Vergleich zu den Umfragen einige Monate zuvor bescheiden ausfiel. Ihr Buch wurde nach Plagiatsvorwürfen schließlich nicht mehr gedruckt. In der Ampel-Regierung mit SPD und FDP wurde Baerbock Außenministerin und setzte auf feministische Außenpolitik, zum Stolz vieler Parteifreunde. Bei Parteitagen stritt sie für die von vielen Grünen kritisierte EU-Asylreform und setzte sich durch.
Nach dem enttäuschenden Ergebnis von 11,6 Prozent bei der Bundestagswahl diskutieren die Grünen über Konsequenzen. Vertreter des linken Parteiflügels fordern unter Verweis auf Verluste an die Linkspartei eine liberalere Migrationspolitik und einen stärkeren Fokus auf soziale Themen. Realos hingegen betonen, dass gerade Habeck mit seinem Mitte-Kurs, der auf frühere Wähler von CDU-Kanzlerin Angela Merkel zielte, der Partei noch im Wahlkampf einen Mitgliederboom beschert habe. Zudem hätten die Grünen auch Stimmen an die Union verloren.
Zum Abschied ein Ratschlag
In ihrem Schreiben zählt Baerbock Punkte auf, die sie als Erfolg der Grünen in der ungeliebten Ampel-Regierung verbucht, darunter die Sicherung der Energieversorgung und Lockerungen beim Staatsbürgerschaftsrecht. "Und bei all dem sind wir anständig geblieben im Ampelstreit - trotz all der Zumutungen, die das Regieren uns als Partei abverlangt hat. Mein unendlicher Dank gilt Euch allen dafür, dass wir immer in der Sache hart gestritten und dennoch loyal und freundschaftlich miteinander sein konnten." Das Wahlergebnis und der Tatsache, dass die Grünen nicht mehr regierten, schmerzten. "Noch mehr treiben mich die rechtsextremen Ergebnisse um und der Backlash gegenüber allem Progressiven."
Den Grünen gibt Baerbock mit, sie würden die aktuellen Herausforderungen meistern, wenn sie auf ihren Erfolgen aufbauten und dazulernen wollten. "Denn in einer sich so rasant verändernden, ruchloseren Welt, werden die Rezepte von gestern die heutigen Herausforderungen nicht lösen. Wir werden den Weg fortsetzen, die Sicherung unserer Freiheit vor Parteitaktik zu stellen. Wir werden uns immer wieder schütteln und uns klar machen, dass in dieser turbulenten Welt unsere Rolle größer ist als wir selbst."