Parteibuch-Affäre Rot-rot-grüne Personalpolitik wird überprüft

War bei der Besetzung von Spitzenposten im Land das Parteibuch wichtiger als die Qualifikation? Der Frage wird sich ein Untersuchungsausschuss widmen.

Verteidigen ihre Personalpolitik: Ministerpräsident Bodo Ramelow (rechts) und Staatskanzleichef Benjamin Immanuel Hoff (beide Linke). Foto: dpa/Martin Schutt

Der Bericht des Thüringer Rechnungshofes zur Einstellungspraxis von Personal für Spitzenpositionen innerhalb der Landesregierung zieht immer weitere Kreise: Die CDU-Landtagsfraktion und die Parlamentarische Gruppe der FDP werden einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Dies sei „der nächste logische Schritt, den wir gehen müssen, um Aufklärung zu betreiben, weil uns die Landesregierung bisher nicht entgegengekommen ist“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Andreas Bühl, am Donnerstag in Erfurt. Bei Vorwürfen gehe es um den „mutmaßlich größten Untreue-Skandal in der Geschichte des Freistaates“.

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Der Sprecher der Liberalen, Thomas Kemmerich, sagte, die Abgeordneten des Landtages könnten bislang nicht in ausreichendem Maße mit dem Bericht arbeiten. Sie könnten den vollständigen Bericht nur in einem speziellen Raum einsehen. Auch das mache es nötig, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Kurzzeitig hatte Kemmerich sogar davon gesprochen, es gehe darum, den „mutmaßlich größten Betrugsskandal“ in der Thüringer Geschichte aufzuarbeiten. Später relativierte er diese Aussage.

In einem seit Wochen diskutierten Sonderbericht wirft der Rechnungshof der rot-rot-grünen Landesregierung vor, bei der Einstellung von Staatssekretären sowie hohen Mitarbeitern in den Leitungsbereichen der Landesverwaltung gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen zu haben. Zudem wird in dem Bericht der Vorwurf erhoben, die Leitungsbereiche der Staatskanzlei beziehungsweise der einzelnen Ministerien seien unter der Führung von Linke, SPD und Grünen um zahlreiche Stellen aufgestockt worden. Aus Sicht des Rechnungshofes ist das ein Verstoß gegen das Gebot, möglichst sparsam mit Steuergeld umzugehen.

Die Landesregierung hat die Vorwürfe mehrfach als falsch zurückgewiesen. Zuletzt hatte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) dem Rechnungshof sogar vorgehalten, in dem Bericht seien objektive Fehler enthalten, die korrigiert werden müssten. Der Rechnungshof hatte das abgelehnt. Wegen der Vorwürfe gegen die Landesregierung ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Erfurt.

Vertreter von Rot-Rot-Grün reagierten gelassen auf die Ankündigung von CDU und FDP. „Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Sonderbericht des Thüringer Rechnungshofes begrüßen und unterstützen wir als bündnisgrüne Fraktion vollumfänglich“, sagte zum Beispiel die Vorsitzende der Grüne-Fraktion, Astrid Rothe-Beinlich. Zu einer lückenlosen Aufklärung der Vorwürfe gehöre es aber auch, so viele Wahlperioden wie möglich in den Blick zu nehmen. „Wir fordern daher eine kritische Betrachtung der Einstellungspraxis seit 2004.“ Der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Hey sagte: „Die SPD-Fraktion scheut keinen Untersuchungsausschuss – ganz im Gegenteil.“ Der Vorsitzende der Linke-Fraktion, Steffen Dittes, sagte, der Antrag von CDU und FDP zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses sei nicht überraschend, „er ordnet sich ein in die Skandalisierungsstrategie der CDU“.

Dem Einsetzungsbeschluss nach soll in dem Untersuchungsausschuss die Einstellungspraxis von Spitzenpersonal in der Zeit der Ramelow-Regierung aufgearbeitet werden. Allerdings lässt der Beschluss ausdrücklich auch einen Vergleich zwischen dieser Einstellungspraxis und der Personalpolitik der Vorgänger-Regierung zu, die von der CDU-Politikerin Christine Lieberknecht angeführt worden war. Meinung

Linke übernimmt Vorsitz

Untersuchungsausschuss
Der von CDU und FDP beantragte Untersuchungsausschuss soll nach Angaben des Parlamentarischen Geschäftsführers der CDU-Fraktion, Andreas Bühl, im Mai formal eingesetzt werden. Rot-Rot-Grün hat dagegen vorgeschlagen, den Untersuchungsausschuss bereits während der Landtagssitzung an diesem Freitag einzusetzen. In Thüringen muss es einen Untersuchungsausschuss geben, wenn mindestens zwanzig Prozent der Abgeordneten dafür stimmen. Dieses Quorum erfüllen CDU und FDP. Den Vorsitz in dem Gremium wird infolge eines festen Rotationsprinzips die Linke haben.