Das Vomeronasale Organ sitzt im Gehirn, nicht in der Nase
Pferde oder Hunde stellen sich mit geöffnetem Maul voreinander. Beim sogenannten Flehmen strecken sie die Zungenspitze heraus, und mit dem Einatmen werden dann Geruchsstoffe am Gaumen entlang ins sogenannte Vomeronasale Organ geleitet. Die Geruchsstoffe können, so eigenartig das klingt, sowohl gerochen als auch geschmeckt werden.
Patrick Süskind schreibt im „Parfum“: „Und mitten in sie hinein ging der Duft, direkt ans Herz, und unterschied dort kategorisch über Zuneigung und Verachtung, Ekel und Lust, Liebe und Hass.“ Und spätestens während der Pandemie haben viele gelernt: Dieses Vomeronasale Organ sitzt im Gehirn, nicht in der Nase. Manche konnten mit Corona plötzlich nichts mehr riechen, andere nahmen Gerüche und Geschmäcker fremd oder abstoßend wahr.
Gerüche dringen direkt in den Kern der Gefühlszentrale vor. Das ist etwas anderes, als nur zu schauen, denn Schauen bleibt äußerlich. Wer riecht, der öffnet sich körperlich für die Welt, lässt sie in sich eindringen. Er nimmt den Duft ganz im Körper auf, wo dieser direkt ins limbische System wandert, ins Reich der Triebe.
350 Riechrezeptoren hat der Mensch, mit ihnen kann er etwa 10 000 Gerüche wahrnehmen, aber nur einige Dutzend unterscheiden. Das Sehen kommt hingegen mit nur drei Rezeptoren aus. Drei Prozent des gesamten Erbguts sind dem Riechen zur Orientierung und dem Wahrnehmen von Gerüchen verpflichtet.
Kein anderer Sinn bestimmt so stark das soziale Handeln des Menschen wie das Riechen und kein anderer Sinn ist Forschern dabei zugleich immer noch so rätselhaft. Es bleibt am Ende unmöglich, sich Gerüche wirklich lebhaft in Erinnerung zu rufen. Obwohl diese, tauchen sie wieder auf, doch selbst so starke Erinnerungen hervorrufen können. Vielleicht ist auch das ein Grund, weshalb manche auf künstliche Düfte und Parfüms zurückgreifen – sie können einfach aus dem Regal der Drogerie genommen und noch einmal versprüht werden. Das ist dann alles andere als eine Naturgewalt.