Corona-Hotspot Sonneberg Fast 800 Menschen müssen in Quarantäne ausharren

Ab Mittwoch bleiben die Unterrichtsräume im Landkreis Sonneberg leer. Dann gilt häusliches Lernen. Foto: /Carl-Heinz Zitzmann

Der Landkreis ist übers Wochenende zum bundesweiten Top-Hotspot aufgestiegen. Insbesondere in den Schulen hat die Zahl der Infektionen zugelegt.

 
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Sonneberg - Wie schon zeitweilig in der ersten und in der zweiten Corona-Welle wird dem Landkreis Sonneberg in diesen Tagen neuerlich der traurige Rang eines bundesweiten Spitzenreiters bei der Zahl der Infektionen binnen sieben Tagen, hochgerechnet auf 100 000 Einwohner, zuteil. Zwar meldete das Landratsamt am Montag keine weiteren Ansteckungen binnen 24 Stunden. Doch summiert sich das Aufkommen an Männern, Frauen und Kindern, bei denen der Rachenabstrich in der Laborauswertung einen positiven Befund bestätigte laut Robert-Koch-Institut zwischenzeitlich auf 250 in einer Woche.

Zumal Einrichtungen sind vom Ausbruchsgeschehen betroffen, so der Sonneberger Kindergarten „Unterm Regenbogen“ mit einer bestätigten Infektion bei einem Kind, derweil beim „Spatzennest“ zum einen bekannten Fall eine zweiter beim Personal hinzugekommen ist. Noch größere Betroffenheit ist bei den Schulen festzustellen. So reihen sich seit Montag das Hermann-Pistor-Gymnasium und die TGS „Sibylle Abel“ mit je einem Fall in der Schülerschaft ein bei den gleichauf gelisteten Grundschulen in Steinach und Schwärzdorf.

Bürgerschule ohne Lehrer

Dass Einzelnachweise ein größeres Echo haben können, erlebt aktuell die Regelschule Bürgerschule. Auch hier gilt ein Kind als infiziert. Doch macht sich im Zweifel eine Quarantäne-Anordnung für eine Vielzahl an Kontaktpersonen – Lehrer oder Klassenkameraden – erforderlich. So informiert das Landratsamt darüber, dass das Schulamt Südthüringen die Bürgerschule aufgrund von Lehrermangel schließt.

Dass es bei dieser Aufzählung lange bleiben wird, ist unwahrscheinlich. Wie am Sonnabend berichtet, hält das Landratsamt die Schulen an, die freiwilligen Selbsttests künftig idealerweise am Montag vor Unterrichtsbeginn zu platzieren. Die Praxis, wonach Lernstätten zuvor verschiedentlich erst am Donnerstag dieses Mittel nutzten, erschien beim Ziel, Infektionsketten frühzeitig zu durchbrechen – so nach dem Wochenende und bevor die Jungs und Mädchen schon vier Tage im Unterricht beisammensitzen – als wenig sinnvoll. Die Bitte um ein anderes Testregime ab Montagmorgen trug dem Gesundheitsamt am selben Tag gleich sechs Rückmeldungen aus vier Schulen und zwei Kindergärten ein. Ob tatsächlich eine Corona-Infektion vorliegt, wird bald durch einen PCR-Test abgesichert, so Kreissprecherin Julia Thomae.

13 Patienten liegen im Sonneberger Krankenhaus

Mit der deutlichen Zunahme der direkt Betroffenen schwenkt die Zahl der Kontaktpersonen nach oben. Wie das Landratsamt mitteilt, haben zurzeit rund 770 Frauen, Männer und Kinder die Auflage in häuslicher Isolation den Verlauf ihrer Infektion oder den Verdacht einer möglichen Ansteckung auszusitzen. Diese Größenordnung an zeitgleich Quarantänisierten war zuletzt mit knapp 900 im Zuge der zweiten Corona-Welle zwischen Mitte November und Mitte Februar erreicht worden.

Um bei der Eindämmung am Ball bleiben zu können, habe das Landratsamt die mit der Kontaktpersonennnachverfolgung betraute Abteilung auf 23 Mitarbeiter aufgestockt. Gleiches gilt für die Unterstützer vonseiten der Bundeswehr. Waren bislang sechs Uniformierte aktiv, so sind es seit Montag zehn, so Thomae.

In den Regiomed-Kliniken des Landkreises liegen – Stand Montag – insgesamt 13 Covid-19-Erkrankte, vier mehr als am Freitag. Alle Patienten werden im Sonneberger Krankenhaus behandelt.

Mit der in kurzer Zeit deutlich gestiegenen Inzidenz – vor einem Monat lag der Fallwert noch bei 66 – greifen auf der Basis der einschlägigen Landesverordnungen weitere Beschränkungen des öffentlichen Lebens. Die gravierendste trifft den Schulbetrieb, der ab 21. April nur noch in Form des häuslichen Lernens stattfinden kann. Nachfolgend der Überblick über die Maßnahmen, um den Anstieg des lokalen Pandemiegeschehens abzubremsen:

Auf Grundlage der Allgemeinverfügung Nr. 3/2021 und der Allgemeinverfügung Nr. 4/2021 werden in Ergänzung der Bestimmungen des Freistaates Thüringen weitere Kontaktbeschränkungen sowie Distanzunterricht für alle Schulen angeordnet, um das diffuse Infektionsgeschehen im Kreisgebiet einzudämmen. Die Allgemeinverfügungen treten am 19. April 2021 in Kraft und am 4. Mai 2021 außer Kraft.

Maßgeblich für eine wirkungsvollere Eindämmung des Infektionsgeschehens ist die weitere Reduzierung der Kontakte. Deshalb darf bei Bestattungen und standesamtlichen Eheschließungen eine Gesamtzahl von zehn Personen im Landkreis Sonneberg vorerst nicht überschritten werden.

Um das Ansteckungsrisiko im Bereich von Verkaufsstellen zu unterbinden, ist der Verzehr von Speisen und Getränken erst in einer Entfernung von mindestens 50 Metern jenseits der Verkaufsstelle zulässig. Gerade in diesen Bereichen kommt es verstärkt zu Gruppenbildungen bei einer gleichzeitig erhöhten Ansteckungsgefahr durch Tröpfchen und Aerosole aufgrund der beim Verzehr wegfallenden Schutzwirkung von Mund-Nasen-Bedeckungen. Dem soll durch die 50-Meter-Abstandsregel entgegengewirkt werden.

Besuchsverbot in Kliniken

Besuche in den beiden Krankenhäusern des Landkreises Sonneberg sind grundsätzlich untersagt. Ausnahmen sind unter Beachtung eines ausreichend hohen Infektionsschutzes lediglich für medizinische, therapeutische, rechtsberatende, seelsorgerisch oder ethisch-sozial angezeigte Besuche möglich, insbesondere für Besuche von Geburts-, Kinder- und Palliativstationen oder Hospizen. Mit dem Besuchsverbot soll der Eintrag des Virus in die Krankenhäuser im Kreisgebiet erschwert werden, um diese besonders wichtigen intensivmedizinischen Gesundheitseinrichtungen zu schützen und arbeitsfähig zu halten, teilt das Landratsamt mit.

Für alle Schulen und die Berufsschule im Landkreis Sonneberg wird ab dem 21. April 2021 das häusliche Lernen angeordnet. Horte und Internate werden geschlossen. Nur für Schülerinnen und Schüler, die im Schuljahr 2020/2021 einer Abschlussklasse angehören oder eine besondere Leistungsfeststellung ab-legen, gibt es noch Präsenzunterricht. Für Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen eins bis sechs, der Förderzentren sowie für schulpflichtige Kinder allein erziehender Elternteile findet eine eingeschränkte Notbetreuung statt, sofern entsprechende Voraussetzungen gegeben sind.

Präsenzunterricht wird ausgesetzt

Der Landkreis Sonneberg setzt den Präsenzunterricht aus, weil im Rahmen der gegenwärtigen Lage insbesondere die Altersgruppen der 6- bis 14-Jährigen und der 15- bis 17-Jährigen nachweislich überrepräsentiert sind. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung haben sich Schülerinnen und Schüler demnach häufiger angesteckt. Parallel zu dieser Entwicklung steigt auch die Infektionsquote der Elterngeneration spürbar, was die Strahlkraft der Erkrankungen von Schülerinnen und Schülern unterstreicht. Aufgrund dieses Zusammenhangs ist die Aussetzung des Präsenzunterrichts eine wichtige Maßnahme zur Eindämmung des ansteigenden Pandemiegeschehens. Nur so können die vielfach bestehenden Kontakte der Schüler nachhaltig eingeschränkt und weitere mögliche Infektionsketten unterbunden werden.

„Wir verzeichnen derzeit ein exponentielles Wachstum beim Infektionsgeschehen, das sich über unseren gesamten Landkreis verteilt. Gut 80 Prozent unserer Infektionen mit dem Coronavirus rühren von der noch ansteckenderen und gefährlicheren britischen Variante her. Wir müssen dringend durch lokale Maßnahmen gegensteuern, um die Gesundheit unserer Bevölkerung noch besser zu schützen und um einen Kollaps unseres Gesundheitswesens zu verhindern“, erläutert Vize-Landrat und Stabsleiter Jürgen Köpper. „Ich bitte Sie, alle Bestimmungen zur Eindämmung der Pandemie mehr denn je zu beherzigen. Die Lage ist ernst und fordert von uns weiterhin größtmögliche Vernunft.“

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