Orgelweihe in der Stadtkirche: Heldburg hat wieder eine Königin

Wolfgang Swietek

Zu ihrer Orgel haben die Heldburger eine besondere Beziehung: Ein Sohn ihrer Stadt hatte sie vor fast 200 Jahren gebaut. Am Ende pfiff sie aber nur noch aus dem sprichwörtlichen letzten Loch. Eine 105.000 Euro teure Sanierung ist nun abgeschlossen, am Wochenende folgte die Orgelweihe.

 
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Heldburg - „Wenn es einen Schwerbehinderten-Ausweis für Orgeln gäbe, dann hätte eure Orgel in den letzten Jahren sicher einen bekommen“, begann der Regionalbischof von Meiningen-Suhl Tobias Schüfer seine Festpredigt zur Orgelweihe in Heldburg. „Jetzt geht sie wieder, vorbei ist das Röcheln und Rauschen. Aus dem Pflegefall ist wieder eine ‚Königin’ geworden.“

Dass die Heldburger zu dieser Orgel eine ganz besondere Beziehung haben, liegt wohl auch daran, dass ihr Erbauer ein gebürtiger Heldburger ist. Denn der bekannte Orgelbauer Lorenz Konrad Adam Heybach wurde am 13. Dezember 1794 in Heldburg geboren. Als Schreinergeselle begab er sich, wie zu jener Zeit üblich, auf Wanderschaft. Das ermöglichte ihm, durch die Arbeit in vorzüglichen Werkstätten profunde Kenntnisse und Fähigkeiten des Orgelbaues zu erwerben. Nach neun Jahren der Wanderschaft in seine Vaterstadt zurückgerufen, wurde er mit dem Bau einer neuen Orgel für die Stadtkirche seines Geburtsortes Heldburg beauftragt. Es sollte wohl sein Meisterstück werden. Die Orgel besitzt zwei Manuale, das Haupt- und das Oberwerk, sowie ein Pedal. Zu den Manualen und dem Pedal existieren insgesamt 25 wohlklingende Register. Hervorzuheben ist unter anderem die Vox angelica, die Engelszungen, eine der frühesten durchschlagenden Zungenstimmen in der Orgelbaugeschichte.

Der Regionalbischof fügte in seiner lockeren Rede hinzu: „Etwas Schönes soll er sagen, der Festredner, denn er weiß wohl von den Erwartungen der Gemeinde, die viel Engagement aufgebracht hat, damit diese Sanierung möglich geworden ist. Es ist wie ein Osterfest im Herbst – eine regelrechte Auferstehung. Eure Orgel kennt alle Stimmungen des Lebens, sie hat sie in den vielen Jahrzehnten ihres Bestehens alle erlebt, die ganze Bandbreite des Lebens. Eure Orgel hat beides, das Leichte und das Schwere. Sie ist bei Trauerfeiern gespielt worden und bei fröhlichen Anlässen. Und ihr werdet sie auch künftig hören in guten und in schlimmen Tagen. Es ist etwas ganz Besonderes mit ihrer Musik: Sie klingt in uns nach, auch noch nach vielen Tagen, da wir sie gehört haben. Etwas davon bleibt in uns.“

Als ob sie den Regionalbischof bestätigen wollten, sang im Anschluss daran der Kirchenchor: „Musik ist wie die Sonne, Musik ist wie das Licht. …. ein schöner Traum vom Glück. Der Zauber der Musik.“

Auch wenn der Begriff „Königin der Instrumente“ für eine Orgel nicht unumstritten ist, hält er sich doch hartnäckig. Was daran liegen mag, dass dieses Instrument in der Lage ist, ein gesamtes Orchester zu ersetzen, mit all seinen Orgelpfeifen der unterschiedlichsten Längen, die von den höchsten Tönen bis zu den Klängen des Bass alles im Repertoire hat. Vorausgesetzt, der Organist versteht es, auf den unterschiedlichen Manualen und Pedalen die gesamte Bandbreite der Klangmöglichkeiten auszuschöpfen, die einzelnen Register im richtigen Moment zu ziehen.

Alle Möglichkeiten

Was Kirchenmusikdirektor Torsten Sterzik aus Hildburghausen trefflich verstand, als er die sanierte Orgel nicht nur während des Festgottesdienstes zum Klingen brachte, sondern während einer anschließenden gesonderten Vorführung für die interessierten Besucher noch einmal in all ihren neuen Möglichkeiten vorstellte.

Auch wenn in der Kirche in Heldburg Orgeln bereits seit dem 16. Jahrhundert nachweisbar sind, stammt das jetzige Instrument aus den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts. „Am 27. Mai 1827, dem dritten Pfingsttag, wurde sie geweiht“, steht im jüngsten Gemeindebrief der Kirchgemeinde Heldburg zu lesen. Zur Orgelweihe am 27. Mai 1827 formulierte der damalige Superintendent Lommer einen Weihespruch, der auch heute noch seine Gültigkeit hat: „Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes weihe ich dich, du, nebst Altar und Kanzel, teuerstes Kleinod unserer Kirche, du Orgel, heiliges Werkzeug zur Belebung stiller feierlicher Andacht. Zwar nur von der Hand eines Menschen gebildet, aber eines würdigen Künstlers und Bürgersohnes aus unserer Stadt. Durch die Schönheit, die Kraft, die Fülle deiner Töne, gib du unsern Seelen Flügel, sich zu erheben in das Land aller geistigen Schönheit. Sei gesegnet, erwecke, begleite, verstärke jedes unserer religiösen Gefühle. Und damit du allen Anwesenden zeigest, dass du dies vermögest, so enthülle jetzt den ganzen Reichtum deines Wohllauts. Rede, sprich selber in deiner geheimnisvollen wunderbaren Sprache, deren Deutung sich uns in dem innersten Heiligtum unserer Brust kundtut.“

105 000 Euro

Vielen wurde gedankt an diesem Tag. Sind doch für die Gesamtkosten der Sanierung von rund 105 000 Euro nahezu die Hälfte durch Spenden aufgebracht worden, die in vielen Aktionen der Heldburger in den letzten Jahren gesammelt wurden, ehe die Firma Orgelbau Waltershausen tätig werden konnte. Neben den Fördermittelgebern aus der Thüringer Staatskanzlei, der Landeskirche, aus der Stadt und dem Landkreis, dankte Bürgermeister Christopher Other vor allem den freiwilligen Spendern. Er wünschte den Heldburgern, dass die Orgel noch vielen Generationen Freude bringt.

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