Opfergräber in Zella-Mehlis Verwirrung um Namen und Nationalitäten

Die Denkmalanlage ist wieder komplett. Foto: /Michael Bauroth

Der Obelisk ist zwar zurück auf dem Zellaer Friedhof, aber die Gedenkanlage wirft ein Dreivierteljahrhundert nach Kriegsende noch viele Fragen auf. Das Rathaus bittet die Bürger um Mithilfe.

 
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Zella-Mehlis - Der Obelisk zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus ist zurück auf dem historischen Zellaer Friedhof. Er war seit vergangenem Herbst zur Sanierung in der Fachwerkstatt der „BK Kaufmann Bau GmbH“ in Steinbach-Hallenberg. Nun sind die Arbeiten abgeschlossen und der Obelisk konnte wieder aufgestellt werden, wie die Sprecherin der Stadtverwaltung, Andrea Grünkorn informiert. Auch die Blockstufen und Grabplatten seien gereinigt worden.

Die Grabstätte wurde 1959 eingeweiht. Die Eintragung in das Denkmalbuch erfolgte 2005. Im Verzeichnis „Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus“ der Bundeszentrale für politische Bildung von 1999 ist die Gedenkstätte ebenfalls erwähnt: „Auf dem alten Friedhof von Zella ruhen sowjetische und polnische Zwangsarbeiter, die an den Folgen von Entbehrungen und schweren Arbeitsbedingungen, Krankheit oder Misshandlungen in den Zella-Mehliser Waffenfabriken Walther, Weihrauch, IG Anschütz und anderen Firmen der Rüstungsindustrie verstarben.“ Der auf drei Stufen errichteter Obelisk trägt unter dem roten Sowjetstern die Inschrift: „Ruhm, Ehre und Dank den tapferen Sowjetbürgern. Ihre Opfer bei der Zerschlagung des Faschismus sind uns Mahnung und Verpflichtung.“

Rechts und links davon sind jeweils acht liegende Steine angeordnet, die in kyrillischer Schrift jeweils zwei oder drei Namen und die Lebensdaten der Opfer tragen. Unter den 35 Bestatteten sind sieben Polen, die jedoch weder in der Inschrift noch auf dem Obelisken erwähnt werden.

Auf der offiziellen Gräberliste des Freistaats Thüringen sind unter Objekt-Nummer 406 „Historischer Stadtteilfriedhof Zella“ 35 Einzelgräber für verstorbene Zwangsarbeiter des Zweiten Weltkrieges erfasst. Von diesen 35 Kriegstoten ist nur in einem Fall „Frankreich“ als Nationalität genannt.

Der Obelisk war in einem schlechten baulichen Zustand. Durch die Witterungseinflüsse waren die Risse der Fugen so groß geworden, dass eine Neuverfugung das Denkmal nicht beständig erhalten hätte Die Finanzierung der Arbeiten erfolgt erst einmal über die Stadt Zella-Mehlis, wenngleich die Botschaft der russischen Föderation in Berlin uns bereits eine Zusage zur Förderung gegeben hat, wie es aus dem Rathaus heißt.

Geplant ist auch eine Sanierung der Grabplatten. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge hat bereits eine Kostenbeteiligung zugesagt. Wichtig ist dabei, dass auf den Platten die richtigen Namen in der richtigen Schreibweise stehen. „Leider gestaltet sich der Namensabgleich sehr schwierig. Bei der Personenrecherche durch unser Stadtarchiv sind teils gravierende Abweichungen der Personendaten aufgefallen. Die Namen und Sterbedaten auf den Steinplatten entsprechen oft nicht den Listen beziehungsweise Register“, wie Andrea Grünkorn erklärt.

Einige der Opfer seien auf der Liste, aber nicht auf den Platten benannt, andere seien wiederum auf den Platten benannt, aber nicht auf der Liste verzeichnet. Außerdem sind im standesamtlichen Sterberegister Menschen verzeichnet – augenscheinlich ebenfalls Zwangsarbeiter – welche bisher weder in den Listen noch auf den Platten aufgetaucht sind. Ob diese Betroffenen irgendwann einmal erwähnt werden sollen, muss ebenfalls noch entschieden werden.

Die Stadtverwaltung hat für die Recherche den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge um Hilfe gebeten. Abgleiche von polnischer Seite stehen noch aus. Auch hier wurde festgestellt, dass es zwischen der offiziellen Gräberliste mit den Grabinschriften und den anderen (historischen) Namenslisten einige Unklarheiten in Bezug auf Anzahl, Nationalität, Schreibweise der Namen gibt, ja sogar das Geschlecht der Opfer ist nicht immer eindeutig.

Die Stadtverwaltung bittet deshalb die Zella-Mehliser Bürger um Mithilfe. Wer noch Unterlagen oder anderweitige Kenntnisse aus dieser Zeit hat, soll sich beim Stadtarchiv unter ( (0 36 82) 85 21 47 oder in der Stadtverwaltung unter ( (0 36 82) 85 25 02 melden.

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