Olympische Winterspiele Suhler Rennrodler Ludwig gewinnt erste deutsche Goldmedaille

Gold für Johannes Ludwig. Der Thüringer gewinnt als erster Deutscher bei den Winterspielen von Peking und reiht sich mit dem wichtigsten Erfolg seiner Karriere in die Rodel-Größen ein. Felix Loch verpasst eine Medaille.

 
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Erst gratulierte Felix Loch als Erster im Ziel, dann ließ sich Rodel-Opa Johannes Ludwig mit der Deutschland-Fahne auf den Schultern für den größten Erfolg seiner Karriere feiern. Der Thüringer ist bei den Winterspielen von Peking souverän zum ersten deutschen Gold gerast. Der 35-Jährige aus Suhl siegte am Sonntag im längsten Eiskanal der Welt, hatte nach vier Läufen 0,160 Sekunden Vorsprung vor Österreichs Ex-Weltmeister Wolfgang Kindl. Es war das elfte Einzel-Gold eines deutschen Rodlers in der olympischen Geschichte. Der Italiener Dominik Fischnaller wurde vor Felix Loch Dritter.

«Das ist ein super Gefühl. Wir haben mit einer Medaille gerechnet, aber nicht unbedingt mit Gold. Ich hoffe, dass das eine Initialzündung für das ganze Team war», sagte der in die Berge nördlich von Peking gereiste DOSB-Präsident Thomas Weikert.

Mit 0,113 Sekunden Vorsprung war Ludwig in den vierten und letzten Durchgang auf der mit 1583 Metern längsten Bahn der Welt in das große Finale gegangen. Im dritten Durchgang hatte der Oberhofer seinen eigenen Bahnrekord mit einer konstanten und souveränen Fahrt noch einmal auf 57,043 Sekunden gedrückt. Da konnte nicht einmal der am Vortag noch zähe Konkurrent Kindl mithalten. Der Berchtesgadener Loch zeigte im Finallauf zwar seine beste Leistung, für Bronze reichte es aber nicht mehr.

«Es freut mich für den Johannes und komplett fürs Team, dass er die Medaille gemacht hat», sagte Loch bei Eurosport und meinte zur eigenen Platzierung: «Vierter ist immer bitter.»

Ludwig stieg mit seinem zweiten Olympiasieg endgültig in die Beletage der Thüringer Rodel-Tradition auf. Der Erfurter Wolfgang Scheidel gewann 1972 in Sapporo Gold im Einzel, 1980 in Lake Placid schaffte es Bernhard Glass, 1988 in Calgary raste der Oberhofer Jens Müller auf den Olympia-Thron. Dann holte der gebürtige Sonneberger Felix Loch - mittlerweile als Vorzeige-Bayer - 2010 in Vancouver und 2014 in Sotschi gleich zweimal hintereinander Gold.

Vor vier Jahren hatte Ludwig noch von Lochs Patzer profitiert und war zu Bronze gerast. Nun schaffte der Vollzugsbeamte sein Meisterstück mit eigener Kraft - und das ausgerechnet auf dem Pyeongchang-Schlitten. «Das Grundsystem wird an die jeweiligen Bahnen angepasst», erklärte Ludwig. «Mit den Erfolgen gewann er sukzessive an Selbstvertrauen. Es sind mehrere Bausteine, die bei ihm zusammenkommen und diese Ergebnisse ermöglichen», sagte sein Heimtrainer Jan Eichhorn.

Neben dem Schlitten hatte Ludwig im Peking-Gepäck einen ganz wichtigen neuen Freund. Seine Familie steckte ihm einen Koala zu - der symbolisiere laut Ludwig die notwendige Entspannung, um in den entscheidenden Momenten fokussiert zu sein. Das klappte im Sliding Center von Yanqing bestens.

Bei aller Planung, Anspannung und allem Ehrgeiz ist Ludwig auch ein Genussmensch. Der Suhler greift gern mal zu einem Stück Schokolade, «am liebsten mit Nuss oder Marzipan». Sobald es wieder wärmer wird, dürfte sich Ludwig seiner großen Leidenschaft Segeln widmen und erstmals als Olympiasieger aufs Wasser gehen. Damit wäre er sozusagen auf Augenhöhe mit seinem Idol Jochen Schümann, den er gern mal treffen würde.

Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hat Rennrodler Johannes Ludwig zur olympischen Goldmedaille gratuliert. «Gold und Bahnrekord. Das war phänomenal!», schrieb Ramelow am Sonntag bei Twitter. «Auf geht’s zu den beiden WMs 2023 in Thüringen», hieß es bei Ramelow weiter. 2023 finden die Weltmeisterschaften im Biathlon und Rennrodeln in Oberhof statt.

Wie und ob es im Eiskanal für Ludwig weitergeht, ist noch offen. Olympia wäre natürlich immer ein schöner Abschluss der Karriere. Aber da ist eben auch die Heim-WM 2023 in Oberhof. «In der Hoffnung, dass dann wieder Zuschauer erlaubt sind. Doch selbst, wenn ich sportlich nicht dabei wäre, würde ich sicher in anderer Funktion an dieser WM teilnehmen», sagte Ludwig, der beim WSV Oberhof trainiert. Als Olympiasieger dürfte sich am Eiskanal im Thüringer Wald definitiv eine Aufgabe finden.

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