Öffnungsstrategien Jena hat Luca schon getestet

Jolf Schneider und Christoph Dernbach

Jena war schon mehrfach Vorreiter in der Corona-Pandemie. Zum Beispiel bei der Maskenpflicht. Nun gehört die Uni-Stadt auch zu den ersten Nutzern der Luca-App, die bei der Öffnung von Gastronomie und Kultur helfen soll.

 
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Können Apps wie Luca helfen, damit in Straßencafés wie hier in Meiningen bald wieder Leben einzieht? Foto: ari

Jena/Berlin - Die Zettelwirtschaft war vielleicht auch einer der Faktoren, die Deutschland im vergangenen Herbst wieder in die Corona-Starre geführt hat. Die Zettelwirtschaft, die dazu führte, dass Gesundheitsämter Kontakte und damit Infektionsketten nicht mehr nachverfolgen konnten. Was zu steigenden Fallzahlen führte. Was in vollen Intensivstationen und schließlich im zweiten Lockdown mündete, den viele bis heute lieber Shutdown nennen. Der Name allerdings ist den meisten inzwischen egal. Eines aber steht fest: Es nervt.

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Es waren diese Zettel im Restaurant oder beim Friseur, auf die Kunden eigentlich ihre Daten eintragen sollten, um im Falle von Corona-Ausbrüchen gewarnt werden zu können. Plötzlich entdeckten die Deutschen ihr Faible für den Datenschutz. Millionen Menschen haben zwar kein Problem damit, intimste Details wie ihren Menstruationszyklus oder den Status ihrer Intimbehaarung auf Facebook mit der Welt zu teilen, doch Name und Anschrift auf einem Blatt Papier? Dann lieber Mickey Mouse. Oder Arnold Schwarzenegger oder irgendwelche anderen Fantasienamen.

Das Chaos von damals soll sich nicht wiederholen, wenn es denn irgendwann zu den so sehnsüchtig erwarteten Öffnungen in Gastronomie, Handel und Kultur kommt. Endlich wieder Essengehen mit Freunden, endlich wieder ins Theater oder zum Konzert. Apps sollen die Zettel ersetzen. Luca ist eine dieser Apps, die spätestens seit vergangenen Sonntag fast jeder in Deutschland kennt. Bei Anne Will warb Smudo von den Fantastischen Vier für die Anwendung. Er ist so etwas wie ein Botschafter. Und seine Arbeit zeigt Wirkung.

In Thüringen gehört Jena zu den ersten Kommunen, die die App nutzen wollen. Oberbürgermeister Thomas Nitzsche (FDP) räumte in seiner jüngsten Videobotschaft ein, dass die Stadt auch durch Smudo auf die App aufmerksam geworden sei. Jena sei vorbereitet für den Tag X, sagt Nitzsche und wirbt dafür, dass nach dem Gesundheitsamt seiner Stadt nun auch möglichst viele Bürger sowie Restaurantbesitzer und weitere mögliche Nutzer die Anwendung herunterladen.

Getestet hat Jena sie zum Beispiel schon bei Sitzungen des Stadtrats. Auf dem eigenen Handy wird ein QR-Code generiert, der dann vom Gastgeber eingescannt wird. Kommt es zu einem Infektionsausbruch, kann das Gesundheitsamt die so hinterlegten Daten abrufen. Bis dahin bleiben sie vollständig verschlüsselt, werden nach vier Wochen automatisch gelöscht.

Sogar Thüringens Datenschutzbeauftragter habe der App seinen Segen gegeben, versichert Jenas Oberbürgermeister. Und der fiel in der Pandemie bisher ja vor allem dadurch auf, Schülern und Lehrern das Homeschooling noch schwerer zu machen, als es ohnehin schon ist.

Luca ist längst nicht die einzige Anwendung, die das Wiedererwachen des öffentlichen Lebens begleiten sollen. Mehrere Check-in-Apps versprechen nun eine viel effizientere Methode, Restaurant-Besucher vor dem Risiko einer Corona-Infektion zu warnen, falls ein anderer Gast positiv getestet wurde. Hinter Luca steht die Betreiberfirma Culture4Live. Zur Geschäftsführung gehört auch ein Berliner Club-Betreiber. Für Nitzsche einer der Vorteile der App: Sie sei von und mit denen entwickelt worden, die sie anwenden wollen.

Sicherheitsexperte Rüdiger Trost von F-Secure sieht es als Vorteil, dass die Luca-App nicht vom Staat in Auftrag gegeben wurde: „Hätte eine staatliche Behörde die App entwickelt, die Name, Adresse und Handynummer abfragt, wären die Vorbehalte groß gewesen und niemand würde ihr trauen. Die App würde zerredet, und das Vertrauen sinken.“

Smudos Konzept überzeugt den Sicherheitsexperten aber: „Mehrfache Verschlüsselung und explizite Freigabe der Daten durch den Nutzer zeigen, dass man sich über Sicherheit und Datenschutz schon in der Designphase Gedanken gemacht hat.“