«Es ist einiges in Bewegung gekommen, aber wir sind noch lange nicht da, wo wir gerne hingekommen wären», sagt die SPD-Landtagsabgeordnete Dorothea Marx, die maßgeblich in beiden Untersuchungsausschüssen mitwirkte. Ein Dunkelfeld sei immer noch die Rolle der Polizei beim Behördenversagen zur Aufklärung der NSU-Taten geblieben, findet Marx. Man habe nicht herausfinden können, was möglicherweise Vertrauenspersonen der Polizei wussten. «Da hatten wir keine uneingeschränkte Akteneinsicht mehr.»
Der Magdeburger Soziologe und Extremismus-Experte Matthias Quent schrieb nach dem Auffliegen des NSU seine Doktorarbeit über die Terrorgruppe. Er hält es für schwer vorstellbar, dass heute noch eine solche Mordserie verübt werden könnte, ohne dass ein rassistisches oder rechtsextremes Tatmotiv in Erwägung gezogen wird. «Das liegt aber nicht unbedingt an den Schlussfolgerungen, die struktureller Natur in den Behörden gezogen wurden», sagte Quent. Grund sei vielmehr, dass sich Betroffene heute stärker zu Wort meldeten.
Die Türkische Gemeinde sieht bis heute Rassismus und ungelöste «strukturelle Probleme» bei der Polizei und «keinen Willen zur Veränderung». Sie kritisiert: «Gefühlt jede Woche wird eine neue rechtsextreme Chatgruppe der Polizei aufgedeckt». Mihalic sagt: «Die massiven Ermittlungsfehler und der mangelnde Aufklärungswille in deutschen Sicherheitsbehörden hat das Vertrauen zahlreicher Menschen mit Migrationsgeschichte in die Sicherheitsbehörden nachhaltig geschwächt.» Die Grünen wollen auf Bundesebene einen unabhängigen Polizeibeauftragten schaffen, auch um «etwaige rassistische Vorkommnisse und Ermittlungen» schneller zu erkennen.