Neustart am Weidberg? Die Arche muss die Segel neu setzen

Die Arche auf dem Weidberg – architektonisch anspruchsvoll, hoch gefördert vom Land – bringt nicht genügend Besucher und erst recht nicht genügend Umsatz, das sich ihr Betrieb rechnen würde. Bei einem Besuch des Geschäftsführers der Thüringer Tourismusgesellschaft gab es jetzt den Rat zum Umdenken vor Ort.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

„Machen Sie einen radikalen Schnitt! Fragen Sie, wo wollen wir eigentlich hin mit dem Gelände? Und wenn das klar ist, legen Sie die volle Konzentration genau darauf!“ Klare Worte von Franz Hofmann, Geschäftsführer der Thüringer Tourismus GmbH, am Montagnachmittag auf dem Gelände der Erlebniswelt Weidberg. Worte, die in einer Gesprächsrunde fielen, wie sie möglicherweise schon lange vonnöten gewesen wäre. Denn: Der Weidberg mit der Arche – allein diese ein vom Land gefördertes, über eine Million teures Projekt – ist ein Verlustgeschäft. Seit Jahren. 2015 als erster Leuchtturm in einem Tourismuskonzept für die Thüringer Rhön eingeweiht, kam sie am Ende doch nicht richtig zum Strahlen. Die Ausstellung und die vielen kleinen Bauten, die es rund um die Arche gibt – zum Teil lange vor dieser errichtet – sie „bringen keinen Mehrwert“, sagte Hofmann deutlich. Der Blick des Südtirolers auf das, was er hier sah: nicht etwa all die Bemühungen der letzten Jahre herabwürdigend, aber nüchtern und ehrlich. Ein Blick von außen, wie er manchmal nötig ist.

Auch Janine Merz von der SPD-Landtagsfraktion und SPD-Kreistagsfraktionschef Rolf Baumann, seinerzeit einer der Mitstreiter bei der Tourismuskonzeption für die Thüringer Rhön, redeten Klartext: „Es war weiteres für die Rhön geplant, was es am Ende nicht gibt. Heute tut es einem weh, wenn man herkommt, weil man den Erfolg nicht sieht, den es hätte geben können“, so Baumann. Dass man das Gesamtkonzept mit Geba-Turm und Unterweider Skywalk nicht umsetzen konnte – man kann es bedauern, so Janine Merz. Es komme aber darauf an, aus dem, was da ist, was zu machen. Wenn nötig, etwas Neues. Dafür trage eine Kommune, in deren Flur sich schon etwas befindet, die Verantwortung.

Nicht einig war sie mit Ortsteilbürgermeister Harald Heim, der beklagte, das Land – namentlich Bodo Ramelow, der damals die Arche eröffnet hatte – habe Kaltenwestheim sitzen lassen. Von den Zusagen weiterer Unterstützung sei nichts übrig geblieben und die Kommune könne allein so ein Gelände nicht betreiben, sagte er. Kaltennordheims Bürgermeister Erik Thürmer, der Arche und Co. mit dem Zusammenschluss der Gemeinde mit der Stadt quasi „geerbt“ hat, sprach von einem Zuschuss von 70 000 Euro pro Jahr. „Wenn die Zweckbindung 2027 ausläuft, werden wir genauso viel Geld investiert haben, wie der Bau gekostet hat“, rechnete er vor. „Und das ist nur der laufende Betrieb und umfasst noch nicht mal Reparaturen.“

„Ich hab’ Bock drauf!“

Das Land, so machte Janine Merz deutlich, werde nicht kommen und den Kaltenwestheimern sagen können, wo der richtige, neue Weg ist, welcher der Arche ein Alleinstellungsmerkmal verschafft. „Welcher Schreibtischmensch aus Erfurt soll kommen und sagen, das ist gut für Euch?“, fragte sie. Die Verpflichtung, Konzepte zu entwickeln, mit denen man dann beim Land Gehör findet, liege zuallererst bei der Kommune. Das bekräftigte auch Bertram Vogel, Geschäftsführer der Rhön GmbH, der gemeinsam mit dem TTG-Geschäftsführer auf dem Weidberg war. „Haben Sie kreative Ideen und suchen sich dann Verbündete!“, forderte er auf. Man müsse „die Rhön inszenieren“, sich dazu auch nach außen öffnen und mit anderen zusammenarbeiten. Harald Heim und Erik Thürmer sparten an dieser Stelle freilich auch nicht mit Kritik an der Rhön GmbH, von der man sich schon längst stärkere Unterstützung gewünscht hätte. Am Ende der Gesprächsrunde sah es aber sehr danach aus, dass man nun gemeinsam am Thema Weidberg arbeiten will. „Ich jedenfalls hab’ Bock darauf“, so Vogel. „Ich bin dabei“, so positionierte sich auch Erik Thürmer, sonst eher als Tourismus-Skeptiker bekannt. Er hatte jedoch Bedenken, wie man den immensen Aufwand für eine Neuausrichtung des Weidberges aus der Verwaltung der Stadt heraus stemmen soll. Die Lösung: Mit Hilfe des Rhönforums und der Rhön GmbH soll ein Büro gefunden werden, das bei einem Workshop mit allen Beteiligten zunächst Ideen sammelt und aufbereitet, wohin es gehen könnte.

Und wohin könnte es gehen? Die Neuausrichtung muss eine Entscheidung beinhalten: Will man hier Umweltbildung oder Tourismus? Derzeit gibt es weder das eine noch das andere richtig. „Und wenn Sie sich entschieden haben, dann volle Pulle los“, so Franz Hofmann. Für den Tourismus etwa brauche man Übernachtungsmöglichkeiten. Sollte der Kontakt zum benachbarten Campingplatz – den er dringend empfahl – wirklich nicht gelingen, dann müsse man eigene Angebote entwickeln: „Bauen Sie in die Landschaft passende Tiny Houses (Mini-Häuser – d. Red.), machen Sie aus der Arche eine Lounge für die Gäste dort“, spann er einen Faden. Wer am Ende Betreiber sein könne, stehe auf einem anderen Blatt – die Befürchtung von Erik Thürmer lag freilich greifbar in der Luft: „Welches Konzept auch immer, die Kommune ist der schlechteste Betreiber“, sagte er.

Wer ist Zielgruppe?

Doch am Ende blieb die Aufforderung an die Kommune, etwas anzuschieben. „Erst dann kommt Landesförderung, dann kommt das Marketing“, betonte Janine Merz. „Ohne Konzept geht nichts!“ Laut Franz Hofmann könnte auch die Abteilung Produktentwicklung seiner Gesellschaft für den Weidberg in die Räder greifen. „Man bracht ein gutes Produkt, ehe man etwas vermarkten kann“, so seine Botschaft. Nichts sei schädlicher, als Leute herzulocken und diese zu enttäuschen. Der Weidberg muss sich nach seinen Worten klar werden: Wen will ich denn eigentlich als Klientel hier haben?

Besprochen werden sollen all diese Dinge bei einem Workshop frühestens im Oktober. In der Zwischenzeit kümmert man sich um das Geld für ein moderierendes Büro und es sollen schon Zukunfts-Ideen beim Rhönforum gesammelt werden.

Vor dem Besuch am Weidberg waren Hofmann und Merz an Noahs Segel am Ellenbogen, das sich seit 2017 sehr erfolgreich entwickelt hat, und sprachen mit Bürgermeister Tino Hencl über die enorme ehrenamtliche Arbeit, die dazu nötig ist.

Autor

Bilder