Neue Stadtführer Auf den Spuren der Klepfer

Lutz Rommel

Die Stadt Vacha möchte ihre touristische Wahrnehmung für Gäste weiter forcieren und hat einen Aufruf gestartet, um neue Stadtführer zu gewinnen. Es meldeten sich einige Interessierte, die sich nun an ihr Werk machen werden.

 
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Mike Steinhauer (rechts) bei seiner ersten Tour durch Völkershausen in der Michaeliskirche im Kreise anderer alter und neuer Stadtführer. Foto: privat

Eine erste Übungsrunde für das erweiterte touristische Angebot der Stadt Vacha fand in Völkershausen statt, wo sich der dortige Gästeführer auf Herz und Nieren prüfen ließ. „Wir möchten als Stadt mit ihren Ortsteilen für unsere Gäste interessant daherkommen“, erklärt Bürgermeister Martin Müller (CDU) im Gespräch, woraus diese Idee, neue Stadtführer zu gewinnen, entstand. „Dass wir nun acht neue Kandidaten für diese ehrenamtliche Funktion gefunden haben, freut mich besonders“, sagt das Stadtoberhaupt. Noch besser ist dabei der Fakt, dass künftig neben der Kernstadt auch in allen Ortsteilen jemand über Ort und Geschichte berichten kann – was von ganz besonderer Bedeutung ist, wie Müller befindet.

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Geschult und geprüft

Unter den Fittichen von Vachas Stadtführer Joachim Höland wurden die Probanden in den vergangenen Monaten geschult, wobei sie mit dem nötigen Rüstzeug versehen wurden, inklusive kleiner Prüfungen. Auch eine Nachtwächterwanderung mit Joachim Höland in Vacha stand kürzlich auf dem Programm. Sogar eine interessierte Führerin aus Pferdsdorf zählt zum Vachaer Stadtführerlehrgang und wird dann in ihrem Heimatort auf Tour gehen.

Ort, in dem die Zitronen blühen

Eine der Prüfungen für alle ist natürlich ein Rundgang im heimischen Terrain mit ausführlicher Berichterstattung zu historischen Dingen vor Ort. Als Erster musste Mike Steinhauer in Völkershausen Farbe bekennen. Auf den Spuren der „Klepfer“ (Klöpfer), wie die Völkershäuser weithin genannt werden, machte er sich mit seinen gleichgesinnten Lehrgangskollegen auf den Weg durch den Ort, „in dem die Zitronen blüh’n“, wie man erfahren kann.

Der Spitzname Klepfer der Dorfbewohner rührt daher, dass sie in früheren ärmlichen Zeiten von Tür zu Tür zogen und dort anklopften, um nach Almosen zu fragen. Ebenso wusste Mike Steinhauer in der Michaeliskirche von der bekannten Völkershäuser Taufe zu berichten. Als der Pfarrer einst den Vater des Täuflings nach dessen künftigem Namen befragte, nannte dieser den Namen Felix für den Spross und erklärte sogleich: Felix – F wie Fellgerschhüse, E wie Eillekännche, I wie Isenach, L wie Lektrisch Licht und X wie Xangsverein. Dass zwei im örtlichen Rhöner Platt nicht gleich zwei ist, belegt die Tatsche, dass es heißt: Zwej Männer, zwou Wiewer (Frauen) oder zwä Käng (Kinder), wie Mike Steinhauer erzählte.

Dem Backhausrecht zufolge durfte am Wohnhaus einst ein Anbau als Backhaus errichtet werden, auch wenn dieser auf des Nachbars Grundstück erfolgte, was heute noch am Haus der alten Schmiede erkennbar ist. Warum dies so war, kann aber nicht mehr belegt werden; eine kuriose Besonderheit ist es aber allemal.

Aus Kurbetrieb wurde nichts

Weiter ging der Rundgang zum ehemaligen Schlossbereich und zur Meierei mit allen noch vorhandenen Gebäuden und den Begebenheiten dieser historischen Stätte, wo ein gewisser Doktor Greef einen Kurbetrieb installieren wollte. Verschiedene Springbrunnen, ein Irrgarten und kleine Wasserfälle waren zur Belustigung schon vorhanden. Heute zeugt der damals angelegte Kastanienwald noch von dieser Ära.

Betrachtet wurden auch historische Gebäude im Ort, wie das Steinere Haus (Oberförsterei), die alte Wassermühle als ehemalige Post oder neuere Gebäude mit Lüftelma-lerei. Wo einst das Gefängnis, das Backhäuschen und manch anderes verlorengegangene Haus stand, behalf sich Mike Steinhauer mit alten Bildern, garniert mit historischen Geschichten. Im ehemaligen Kolonialwarenladen der Familie Rommel beispielsweise, wurden in den 1950er Jahren sogar zwei MZ-Motorräder verkauft, was doch sehr bemerkenswert sei. Ebenso erzählte er die Episode vom Holzhauer Georg Sauer, der in den 1920er Jahren eine Axt aus der Jungsteinzeit fand, welche heute im Berliner Museum für Ur- und Frühgeschichte ausgestellt ist.

Einen kleinen augenzwinkernden Seitenhieb für die Vachaer Mitbewohner hatte der neue Völkershäuser Dorfguide bei seinem ersten Rundgang natürlich auch parat. Selbst wenn die „Vächer“ den Oechsenberg als ihren Hausberg bezeichnen, so stehe er doch nach wie vor in der Völkershäuser Flur, ließ er wissen.

Nach gut einer Stunde näherte man sich wieder dem Ausgangspunkt der Tour an der Michaeliskirche. Ein Abstecher zur Gebirgsschlag-Erinnerungsstätte gehörte selbstverständlich zum Programm, wozu auch ein kleiner Wettbewerb gehörte. Mike Steinhauers Anliegen, die Ortsgeschichte anderen näher zu bringen, ist dabei ein guter Ansatzpunkt, um fast Vergessenes der Nachwelt zu erhalten, wie er selbst meinte. Seine Premierentour sei durchaus noch ausbaufähig, denn es gebe noch einige Dinge der Ortsgeschichte, die beleuchtet werden könnten – man darf also gespannt sein.

Nächste Tour am Samstag in Vacha

Als zweiter neuer Stadtführer wird Olaf Ditzel am kommenden Samstag, 28. Januar, seine Tour durch Vacha vorstellen. Start ist um 15 Uhr am Friedhof – wer Lust darauf hat, kann sich anschließen.