Am Mount Everest startet die neue Klettersaison. Doch ohne die Icefall-Doctors geht gar nichts,. Sie sind die stillen Helden, die es Bergsteigern aus der ganzen Welt ermöglichen, auf dem Dach der Welt zu stehen.
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Der Khumbu-Eisbruch (englisch: Khumbu-Icefall) ist eine der gefährlichsten Passagen auf der Südroute des Mount Everest. Es handelt sich um einen hunderte Meter langen Wall aus riesigen Eisblöcke, die sich langsam, aber stetig in Richtung Tal bewegen, und die Bergsteiger bei ihrem Marsch auf den Gipfel des höchsten Bergs der Welt überwinden müssen.
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Vom Khumbu-Icefall in das Tal des Schweigens
Das riesige Eisfeld in der nepalesischen Khumbu-Region ist mit einer Höhe von 8000 Meter der höchste Gletscher der Welt. Er wird von den Hängen des Mount Everest, Lhotse und Nuptse gespeist und beginnt im Tal des Schweigens, dem mit bis zu 6000 Meter Höhe höchstgelegenen Kar der Erde.
Die meisten Bergsteiger schaffen es nur deshalb bis auf den Gipfel, weil zuvor einheimische Spezialisten eine möglichst sichere Route gefunden und diese mit vielen Leitern und Seilen passierbar gemacht haben. Ein Netzwerk, das sie während der derzeitigen Everest-Hauptsaison über Monate immer wieder anpassen müssen.
Keine Gipfelbesteigung ohne die Icefall-Doctors
Bergführer Ngima Gyalzen Sherpa war vor zwei Jahren Teil dieses Teams. Ihn habe damals besonders seine Berufsbezeichnung fasziniert, wie er sagt: Icefall-Doctor. „Erfahrene Icefall-Doctors können die Stärke und Einsturzgefahr von Eis bestimmen, indem sie es nur anschauen“, erklärt der 26-jährige Nepalese. „Das können sie genauso gut, wie eine Mutter sagen kann, was mit ihrem Kind nicht stimmt, wenn sie es sieht.“
Um das Eis zu analysieren, bräuchten die Bergexperten Tageslicht und das könne gefährlich werden, erläutert Ngima Gya Sherpa. Denn sobald die Sonne auf das unstete gefrorene Gebilde brenne, werde es fragiler.
Aufbruch in den frühen Morgenstunden
Zwischen den bis zu 35 Meter hohen Eisklötzen können sich tiefe,bis zu 150 Meter Spalten auftun. Immer wieder brechen Stücke ab und stürzen nach unten. Deshalb machen sich die meisten Klettergruppen mit Stirnlampen mitten in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden auf, um den Khumbu-Eisbruch zwischen dem Basis- und dem ersten von vier Höhenlagern zu passieren.
Einige Icefall-Doctors haben bei ihrer Arbeit ihr Leben verloren. Wie viele es genau sind, ist nicht bekannt. Aber laut dem Expeditionsarchiv „Himalayan Database“ starben insgesamt rund 50 Menschen beim Khumbu-Eisbruch – etwa weil sie von Lawinen begraben wurden oder in tiefe Kluften fielen. Das entspricht etwa jedem vierten Todesfall auf der nepalesischen Seite des Mount Everests. Der Berg kann auch von China bestiegen werden, was aber seltener geschieht.
Die stillen Helden auf dem Dach der Welt
Ngima Gyalzen Sherpa sagt, auch er sei bei seinem Einsatz als Icefall-Doctor in eine tiefe Spalte gefallen: „Beim Fall glaubte ich, ich würde sterben und dachte an meine Mama.“ Seine Mutter, Ang Dami Sherpa, habe ihn zunächst überhaupt erst zu einer Karriere in der Bergsteigerei inspiriert. Sie hat sich als Läuferin bei Bergmarathons, die wegen der großen Höhe besonders anstrengend für den Körper sind, einen Namen gemacht.
Begeistert habe ihn damals auch, dass aus seinem Dorf Bergführerstars wie Kami Rita Sherpa entstammten, der einen Weltrekord für die meisten Besteigungen des Mount Everests hält – insgesamt 28 Mal stand er auf der 8849 Meter hohen Spitze. „Jedes Jahr werden sie nach ihrer Rückkehr von den Bergen gefeiert“, erzählt Ngima Gyalzen Sherpa. Das habe er auch für sich gewollt.
Technisch schwierigste Passage beim Aufstieg
Nach dem Fall in die Spalte habe er sich schließlich mit Werkzeugen und der Hilfe seiner Kollegen aus der Tiefe befreien können, erinnert sich Sherpa. Seither habe er nicht mehr als Icefall-Doctor gearbeitet, aber nicht der Gefahr wegen, wie er sagt. Mit seiner Arbeit als Bergführer von ausländischen Gästen verdiene er schlicht mehr.
Icefall-Doctors erhielten nicht genügend Wertschätzung, konstatiert ein anderer nepalesischer Bergführer, Narendra Shahi Thakuri. „Der Eisbruch ist die technisch schwierigste Passage beim Mount Everest und nicht alle wollen ein solch großes Risiko auf sich nehmen.“
Aber Ngima Gyalzen Sherpa sagt, das Bergsteigen sei immer gefährlich – egal, was man mache. Wer auf den Mount Everest will, geht an gefrorenen Leichnamen vorbei. Mehr als 300 Menschen starben auf dem steinernen Giganten. Und viele Tote sind nach wie vor Ort, auch weil Bergungen aufwendig und teuer sind.
„Ich gebe meinen Gedanken an den Tod nicht viel Raum“, betont Ngima Gyalzen Sherpa. Ihm gefalle die Bergsteigerei und andere Jobs gebe es im Himalaja ohnehin kaum. „Aber ich vermisse jeweils meine Familie, besonders meine Mutter, die sich Sorgen um mich macht.“
Info: Routen auf den Mount Everest
Klassiker Wer auf den Gipfel des Mount Everest will, hat die Qual der Wahl. 20 bisher begangene Wege führen auf das Dach der Welt. Die beiden klassischen, meist bestiegenen Routen führen über den Südostgrat sowie über den Nord- und Nordostgrat auf 8848 Meter.
Extreme Daneben gibt es Routen, die über den Westgrat (1963), die Südwestwand (1975), die Nordwand, den Südpfeiler (beide 1980), die Ostwand (1983), die Ostwand (Kangshung-Wand, 1988) und den Nordnordost-Couloir (1996) führen.
Basislager – Khumbu-Eisfall Diese Route gingen Edmund Hillary und Tenzing Norgay im Mai 1953 bei ihrer Erstbesteigung des Mount Everest. Das Basislager auf nepalesischer Seite befindet sich 540 Meter unterhalb des Khumbu-Gletschers. Diese 600 Meter hohe Eisbruch beginnt auf 5400 Meter und zieht sich bis zum Tal des Schweigens auf 6000 Meter. Die umstürzenden und brechenden Eisblöcken von teils gigantischer Größe sind extrem gefährlich und verändern sich jeden Tag je nach Wetter und Sonnenstrahlung. Jedes Jahr vor Beginn der Klettersaison im April/Mai sichern Sherpas die Passage mit Fixseilen und Leitern. Der Eisbruch gilt als einer der gefährlichsten Wege auf der Erde.
Tal des Schweigens Weiter geht es in das Tal des Schweigens. Dieser Talkessel beginnt auf 6000 Meter und endet nach fast fünf Kilometern auf 6780 Metern Höhe. Hier wird auch das vorgeschobene Basislager errichtet.
Lhotse-Wand – Südsattel – Südostgrat Von dort führt der Weg zur Lhotse-Wand auf der Westflanke des Lhotse. Der 8516 Meter hohe Lhotse ist der Nachbarberg des Mount Everest und mit ihm über den 7986 Meter hohen Südsattel verbunden. Die Lhotse-Flanke ist 60 Grad steil und umfasst 1000 Höhenmeter. Auf 7900 Meter erreicht man den Südsattel (South Col). Hier wird das letzte Lager vor dem Aufbruch zum Gipfel aufgeschlagen. Weiter geht es den Südostgrat (Southeast Rigde) hinauf bis zum Südgipfel auf 8751 Meter.
Hillary Step Der Gipfel ist schon zum Greifen nah, da tut sich plötzlich das letzte große Hindernis auf – der Hillary Step. Eine zwölf Meter hohe, 70 Grad steile Felsstufe, die nach ihrem Erstbezwinger Edmund Hillary benannt wurde. Die schwierige Kletterpassage ist mit Fixseilen gesichert, die Sherpas vor jeder Klettersaison überprüfen und erneuern.
Stau auf dem Gipfel Nach rund zwölf Stunden Kraxelei ist der Gipfel auf 8848 Metern erreicht. An den wenigen freundlichen Tagen im Mai stauen sich auf dem höchsten Punkt der Erde die Bergsteiger. Es kann zu mehrstündigen Wartezeiten kommen, bis man an der Reihe ist. Da niemand später als 14 Uhr den Gipfel wieder verlassen sollte, weil sonst die Gefahr des Auskühlens zu groß ist, müssen viele Bergsteiger 100 Meter unterhalb des Gipfels erschöpft wieder umkehren.
Gipfel Endpunkt aller Routen über den Südost-, West-, Nordost- und Nordgrat sowie über den Hornbein-Couloir ist das gerademal zwei Quadratmeter große Gipfelplateau, auf dem an guten Klettertagen ein Kommen und Gehen wie auf einem Jahrmarkt herrscht.