Auch mit Blick auf die Gegenwart gab es in der Studie beunruhigende Ergebnisse. So hielten es 22 Prozent der Millennials und Gen Z für hinnehmbar, wenn eine Person neonazistische Ansichten unterstützt. In der Gesamtgruppe der Befragten in den Niederlanden lag der Anteil bei zwölf Prozent.
"Wissen und Bewusstsein erodieren rasant"
"Unsere Niederlande-Studie führt uns eindrücklich vor Augen, dass historische Fakten vor allem unter jungen Erwachsenen keine verbindliche Größe mehr sind", sagte Rüdiger Mahlo, der Repräsentant der Claims Conference in Deutschland. "Das Wissen über den Holocaust und das Bewusstsein für den Holocaust erodieren in einer Rasanz, die uns aufrüttelt. Unsere schlimmsten Befürchtungen erweisen sich als begründet."
"Mit jeder Studie wird der Rückgang an Wissen und Bewusstsein über den Holocaust sichtbarer; zugleich zeigt sich ein Trend zu Holocaustleugnung und -verzerrung", warnte auch Gideon Taylor, Präsident der Claims Conference. Er sprach sich als Konsequenz aus den Umfrageergebnissen für eine weltweite Stärkung der Holocaust-Erziehung aus. Vorangegangene Studien etwa in Frankreich, Österreich und Kanada hatten bereits in den vergangenen Jahren mangelndes Wissen über den Holocaust gezeigt.
"Ich bin erschüttert und zutiefst besorgt über die jetzt vorgelegten Ergebnisse. Viele meiner Landsleute kennen nicht einmal ihre eigene nationale Geschichte", sagte der niederländische Holocaust-Überlebende Max Arpels Lezer. Er hoffe auf Bildung, damit auch künftige Generationen das ganze Ausmaß des Holocaust verstehen. "Für uns Überlebende ist es von größter Bedeutung, dass die künftigen Generationen unser Zeugnis auch dann weitergeben, wenn wir nicht mehr da sind."
Regierung reagiert erschrocken
Die Reagierung reagierte geschockt auf die Ergebnisse der Studie. "Das ist nicht nur sehr schockierend, es ist auch sehr ernsthaft", schrieb Justizministerin Dilan Yeşilgöz über Twitter. Es gebe viel zu tun für die Gesellschaft.
Der Regierungsbeauftragte für die Bekämpfung des Antisemitismus, Eddo Verdoner, nannte die Ergebnisse entsetzlich. Er beklagte zunehmende Lücken im Wissen über die Geschichte. "Wir müssen dagegensteuern in den Schulen, beim Sport und auf den sozialen Medien."
Der Wunsch nach Bildung und Information zu dem Thema ist der Umfrage zufolge durchaus vorhanden: Zwei Drittel der niederländischen Befragten und die Mehrheit der niederländischen Millennials und der Generation Z waren der Meinung, dass Holocaust-Erziehung in der Schule obligatorisch sein sollte.