Nationaler Tag der Geisterjagd in den USA Wie Geisterjäger Spuk und Paranormalem nachforschen

Markus Brauer

Auf der Suche nach dem Unerklärlichen durchstreifen Geisterjäger alte Gemäuer, Burgruinen, Privathäuser und andere „Lost places“. Ausgerüstet mit allerlei technischem Gerät wollen sie paranormale Phänomene aufspüren. Warum jagt man heute noch Geister und Gespenster?

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Geister, Gespenster, Spukgestalten: Mythologische Kreaturen der Nacht mit Gruselfaktor gibt es zuhauf. Foto: Imago/YAY Images

Den letzten Samstag im September begeht man in den USA seit 2016 als „National Ghost Hunting Day“ (Nationaler Tag der Geisterjagd). In diesem Jahr fällt dieses Datum auf den 28. September.

Nach der Werbung weiterlesen

Warum jagt man heute noch Geister und Gespenster nach? Dieser kuriose Aktionstag geht auf eine Kooperation des Reiseveranstalters Haunted Travels USA mit dem Webportal nationaldaycalendar.com zurück. Dabei verfolgen die Initiatoren mit diesem übersinnlichen Event zugleich auch das Ziel, jedes Jahr die weltweit größte Geisterjagd zu veranstalten.

Mythologische Kreaturen der Nacht

Geister, Gespenster, Spukgestalten, Vampire: Mythologische Kreaturen der Nacht mit Gruselfaktor gibt es zuhauf. Seit Menschengedenken sind sie auf der Suche nach frischem Blut, saftigem Menschenfleisch und der Herrschaft über den Verstand.

Eine Nacht hat es ihnen besonders angetan: „All Hallows’ Evening“. Die Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November. Halloween.

Eine der fantastischen Gruselgeschichten ist die von Jack O’Lantern: Das populäre Brauchtum rund um den ausgehöhlten Kürbis stammt aus Irland. Auswanderer brachten es im 19. Jahrhundert in die USA. Foto: Imago/Pond5 Images

Jeder Grusel-Fan hat sein Lieblingsmonster: Der eine hat noch die Bilder der „Dracula“-Filme mit Christopher Lee im Kopf, die er sich als Kind mit der Hand vor den Augen im Fernsehen anschaute. Ein anderer erinnert sich mit Schaudern an die Erzählungen von Knecht Ruprecht, vom Schwarzen Mann und anderen Kinderschreckfiguren. Ein Dritter denkt an die grausigen Untoten aus George A. Romeros „Zombie“-Filmen.

Klassische Geisterscheinung: Scrooge mit „Marly’s Geist“ aus Charles Dickens Weihnachtserzählung „A Christmas Carol“. Foto: Imago//Pond5 Images

Unzählige Legenden ranken sich um jene Kreaturen, die des Nachts und mit Vorliebe bei Vollmond umherstreifen und Menschen nachstellen. Die meisten dieser Fabelwesen entstammen uraltem Volksglauben. Manche allerdings wurden erst in neuerer Zeit zum ersten Mal gesichtet: Horror-Clowns – wie Pennywise aus Steven Kings Roman „Es“ oder der oberfiese Dämon in Eli Roths Horrorfilm „Clown“.

„Das Erschrecken hat eine lange Tradition, besonders zu Halloween“, sagt der Kriminalpsychologe Jens Hoffmann. Sogenannte Horrorclowns sind besonders fiese Archetypen des Gruselns. Foto: AFP

Wie eine Geisterjagd abläuft

Wie hat man sich eine echte Geisterjagd vorzustellen? Wie in der Fantasy-Filmreihe „Ghostbusters. Die Geisterjäger“? Eher nicht.

Szene aus dem US-Film „Ghostbusters“ aus dem Jahr 1984 mit Bill Murray, Harold Ramis, Dan Aykroyd (v. li.). Foto: Imago/Everett Collection

Im wirklichen Leben ist die Suche nach dem Übersinnlichen und Paranormalen weit weniger spektakulär. Auf der Suche nach paranormalen Phänomen durchstreifen „Ghosthunters“, wie sie sich selber nennen alte Gemäuer, Burgruinen, Privathäuser und andere „Lost places“.

Sit down, Night shots, Infrarot-Thermometer

Ausgerüstet mit allerlei technischem Gerät, machen sie sich daran, ungewöhnliche Erscheinungen aufspüren. Zuerst in der Stille: „Sit down“ nennen Geisterjäger diese oft stundenlange Geduldsprobe.

In jeder Ecke der Lokalität wird eine Videokamera für „night-shots“ postiert. Mit Hilfe von Infrarotlicht kann man selbst bei stockdunkler Nacht Aufnahmen machen. Digitale Aufnahmegeräte sollen Geisterstimmen aufnehmen, die man angeblich nur beim späteren Abspielen hört.

Equipement für die Geisterjagd: Temperaturmesser, Datenlogger, Gaußmaster, Trifeldmeter, Recorder und Videokamera. Foto: dpa

Nun kann die Geisterjagd beginnen. Mit fester Stimme ruft der Geisterjäger: „Ist da jemand? Geist, wie heißt du?“ Und erneut: „Sind wir allein? Wer bist du?“ Mit einem Infrarot-Thermometer wird die Temperatur am Gemäuer gemessen. So kann das einige Stunden gehen.

Technische Geräte für eine Geisterjagd in den USA. Foto: Imago/USA Today Network

Paranormales und Psi-Phänomene: Gibt es das?

Der Wiener Psychologieprofessor Andreas Hergovich (Forschungsschwerpunkt: anomalistische Psychologie) hält den Geisterglauben für ein psychologisches Problem. „Es geht dabei um Menschen, die Aufmerksamkeit erregen wollen oder große seelische Probleme haben.“

Das Geisterphänomen sei nicht an sich existent. Es hänge immer zusammen mit Personen, die es bewusst oder unbewusst verursachten, indem sie zum Beispiel Teile ihrer Persönlichkeit abspalten, erläutert der Psychologe.

PSI-Phäonmen: Die Hexe von Endor, die Totenbeschwörerin oder Hexe von Endor ist eine Figur im 1. Buch Samuel der Bibel, Historisch, digital restaurierte Reproduktion von einer Vorlage aus dem 18. oder 19. Jahrhundert. Foto: Imago//H.Tschanz-Hofmann

Doch auch der Experte für PSI-Phänomene muss eingestehen, dass es im Alltag mitunter seltsame Erscheinungen und Vorkommnisse gibt. So verschwinden auf unerklärliche Weise Gegenstände - wie der Schlüssel, der gerade noch auf dem Schreibtisch lag. Plötzlich taucht er wie durch Geisterhand wieder auf. Das sei wie verhext, so Hergovich, doch mit Geistern habe das gar nichts zu tun.

Geisterjagd – nur ein Produkt der Fantasie?

Der Autor und Erfinder der John Sinclair-Hefte, Helmut Rellergerd. Foto: Imago/Funke Foto Services

Kaum jemand kennt sich mit Geistern so gut aus wie Helmut Rellergerd. Der Erfinder von "Geisterjäger John Sinclair" hatte sein Debüt am 13. Juli 1973 mit dem ersten Sinclair-Abenteuer „Die Nacht des Hexers“. Die Gesamtauflage der mittlerweile mehr als 2300 Romanhefte wird vom Kölner Verlag Bastei Lübbe auf weit über 250 Millionen geschätzt. „Der Zombie-Zug“, „Der Alpenteufel“, „Der Killerzwerg“ sind typische Titel der Gruselabenteuer, die Rellergerd (79) unter dem Pseudonym Jason Dark verfasst.

Rellergerd selbst hat keine Angst, nachts auf den Speicher zu gehen. Er glaubt nicht an Gespenster und Geister. Wovor er Angst hat? „So’n bisschen vorm Tod“, räumt er ein. „Ich komm’ jetzt langsam in das Alter. Fast reif für ‚n Sarg.“

Paranormale Phänomene und das „Stochern im Nebel“

Auf der Suche nach Paranormalen (historische Aufnahme). Foto: Imago/United International Archives
Hexen, Geister, Magie: In Papua-Neuguinea ist der Glaube an das Übernatürliche festverwurzelt. Die Asaro-Schlammmenschen in Goroka spielen eine Geschichte aus der Mythologie nach, in der sie einen rivalisierenden Stamm als Ahnengeister das fürchten lehrten. Foto: dpa

Die meisten Spukphänomene, konstatieren Experten, könnten erklärt werden durch „die innere psychische Dynamik der betroffenen Personen“. Ist der Geisterglaube also nichts anderes als Projektion, Fantasterei und Wahnvorstellung?

Zumindest ist er ein „Stochern im Nebel“, basierend auf „reinen Vermutungen und völlig willkürlichen Interpretationen“, wie ein Fachmann erläutert. Der eigene Glaube soll bestätigt werden, um dann zu behaupten, es gebe tatsächlich unerklärliche Stimmen und Erscheinungen.

Info: Die Welt des Paranormalen

Paranormal
Paranormale Phänomene haben profane Ursachen. Für unerklärliche Energiefelder sind oft marode Stromleitungen verantwortlich, Klopfgeräusche stammen von Mäusen und nicht von Poltergeistern. Beliebt bei Spuk-Anfälligen sind „cold spots“ (kalte Luftzüge): Ein plötzlicher Temperaturabfall soll auf die Anwesenheit eines Geistes hindeuten, der seiner Umgebung Wärme entzieht.

Anomalistik
Anomalien sind Abweichungen von der Regel, Beobachtungen, die der Wissenschaft und dem gesunden Menschenverstand widersprechen. Die Anomalistik wendet nach eigener Aussage wissenschaftliche Methoden an, um rationale Erklärungen für das Paranormale zu finden.

Geisterflecken
Esoteriker sehen in sogenannten Geisterflecken paranormale Erscheinungen, in denen sich die Seelen Verstorbener widerspiegeln. Tatsächlich fotografiert man unscharfe Gegenstände wie Staubpartikel, die bei Aufnahmen mit Blitzlicht sichtbar werden.

Parapsychologie
Paranormal heißen Phänomene, die von der Normalität abweichen und nicht wissenschaftlich erklärbar sind. Umgangssprachlich wird der Begriff oft gleichgesetzt mit außer- und übersinnlichen Erscheinungen. Die Parapsychologie will paranormale Phänomene beschreiben und erklären. Der Begriff wurde im Jahr 1889 von dem deutschen Philosophen Max Dessoir (1867-1947) geprägt. Desoir unterscheidet mentale und paraphysische Sachverhalte. Mentale umfassen Telepathie (Gedankenlesen) und Psychometrie (Hellsehen). Unter paraphysischen Sachverhalten versteht man die geistige Beeinflussung der Umwelt ohne direkten Kontakt durch Telekinese (Bewegung von Gegenständen durch geistige Einwirkung), Materialisation (Erscheinen von Gestalten durch Elektroplasma, das aus einem unter Trance stehenden Medium austritt), Spuk und Levitation (Schweben von Personen, Gegenständen).

PSI
Dieser Buchstabe aus dem griechischen Alphabet wird als Überbegriff für parapsychologische Phänomene verwendet. PSI ist der Anfangsbuchstabe des Wortes Psyche (griechisch für Seele). Er bezeichnet oft eine unbekannte Kraft, die sich hinter paranormalen Phänomenen verbergen könnte.

Spuk
Bei nicht erklärbaren Erscheinungen unterscheidet man zwischen ortsgebundenem Spuk, der Jahrhunderte andauern kann, und personengebundenem Spuk (auch Poltergeist-Spuk). Darunter fallen Klopfgeräusche, elektrische Störungen und Bewegung von Gegenständen. Gespenster sollen mit Vorliebe an Orten mit angeblich unheimlicher Atmosphäre wie Burgruinen, Schlössern und Friedhöfen ihr Unwesen treiben.