Nachruf Abschied von einer Powerfrau

Annett Recknagel
Veronika Jung ist tot. Foto: Annett Recknagel

Veronika Jung ist tot. 25 Jahre lang war sie Stimme und Gesicht des Steinbach-Hallenberger Metallhandwerksmuseums. Die Bad Salzungerin hat Spuren im Haselgrund hinterlassen.

 
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Steinbach-Hallenberg - Sehr oft haben wir zusammen gesessen, Veronika Jung und ich. Aus dem Steinbach-Hallenberger Heimathof gab es immer etwas zu berichten. Egal zu welcher Jahreszeit. Veronika Jung als Chefin hat dort gepowert wie kaum eine Zweite. Sie steckte voller Elan und brachte ihre ganz Kraft ein, um ihre Ideen Wirklichkeit werden zu lassen.

Ich sehe sie bei Ausstellungen reden – ohne Manuskript, immer vorbereitet und nie kam sie ins Stocken. Vielmehr sprudelte es aus ihr heraus und ich hatte Mühe beim Mitschreiben. Sie kannte die Steinbach-Hallenberger, obwohl sie eine Uhiesige war. Sie wusste mit den Menschen hier umzugehen, brachte ihnen Respekt entgegen und hörte ihnen zu.

Sie ließ sich in den Ferien interessante Beschäftigungen für Kinder einfallen, schaffte es, dass jeder Tag ein Höhepunkt wurde, holte Urlauber in den Heimathof, in dem sie sie auf die Hallenburgstadt neugierig machte. Schauschmieden war immer ein Publikumsgarant. Ob im Sommer oder im Winter. Internationale Treffen organisierte sie im Museumsgarten. Jungschmieden bot sie eine Plattform.

Aktionen zu Burgfesten, Kirmesfeiern, Museumstagen, Ostermärkten gab es Jahr für Jahr. Die Umsetzung der Korkenzieherwerkstatt war ein tolles Spektakel. Unzähligen Kindern und Jugendlichen stellte sie das Museum vor. Auch FSJlern bot sie Gelegenheit, sich im Museum zu erproben. Irgendwann einmal gab es eine Veranstaltung mit Namen Novembernebel. Auch an etlichen Veröffentlichungen arbeitet sie mit. Alles passte und war gut.

In der vorigen Woche nun ist Veronika Jung mit nur 62 Jahren gestorben. Die Krankheit war stärker als sie. Ich friere beim Schreiben dieser Zeilen. Als ich Veronika Jung Ende April dieses Jahres das vorletzte Mal sah, hatten wir uns etwas aus den Augen verloren. Ich war weniger in Steinbach-Hallenberg unterwegs, sie aber begrüßte mich mit der alten Herzlichkeit. Wir plauderten – sie zeigte mir ihr neues Büro und ihre Pläne für das Museum. Sie sprach von der Neugestaltung der Räume im Heimathof und erzählte vom Bauernhaus in der Hauptstraße 44. Bis zum Sommer 2022 soll das alles abgeschlossen sein.

Veronika Jung sprühte vor Energie. Immer wieder beteuerte sie, es gehe ihr gut. Jetzt kann sie das Projekt leider nicht mehr begleiten. Eines aber durfte sie im Sommer dieses Jahres noch feiern – den 25. Geburtstag des Metallhandwerksmuseums. An diesem sonnigen Nachmittag im Museumsgarten war sie in ihrem bronzefarbenen Kleid, passenden Ohrringen und Nagellack der Mittelpunkt. Zerbrechlich sah sie aus. Und dennoch strahlend. Sie freute sich über die Gäste. Bürgermeister Markus Böttcher sagte: „Du bist das Museum – das Museum bist du.“ Genauso war es.

Veronika Jung sprach nie über die Krankheit. Sicherlich wusste sie, wie es um sie steht. Bis zuletzt arbeitete sie am Projekt Neugestaltung des Museums. „Ihr Tod reißt ein riesiges Loch in unser kulturelles und gesellschaftliches Leben“, schreibt Bürgermeister Böttcher und verspricht, die Arbeiten am Museum im Sinne Veronika Jungs zu beenden. Mit aufgebaut hat sie auch das technische Denkmal Neue Hütte in Schmalkalden und das Museum am Gradierwerk in Bad Salzungen. Zudem engagierte sie sich im Museumsverband Thüringen, war Mitglied des Vorstandes und bis 2019 Vizepräsidentin. Gleichzeitig leitete sie im Verband den Arbeitskreis Technik.

Dass Veronika Jung aus dem Leben gegangen ist, lässt sich nur schwer begreifen. Ich selbst war sehr geschockt. Einen ganzen Tag lang hatte ich Bilder im Kopf, Bilder von Veranstaltungen, bei denen Veronika Jung eine zentrale Rolle gespielt hat. Die Erinnerungen bleiben und das ist gut so. Denn eines ist sicher: Veronika Jung wird fehlen, viele Menschen nicht nur in Steinbach-Hallenberg werden sie vermissen. Jetzt heißt es Abschied nehmen – von einer Powerfrau. Das Beileid gilt ihrer Familie.

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