Langsam zurück in die Normalität
Wie Stefanie erzählt, gebe es zwar in Deutschland von der Krankenkasse unterstützte Entwöhnungsprogramme, die aber für den Jungen wiederum mit Arzt- und Krankenhausbesuchen einhergehen würden. Und seine Mutter weiß aus den Erfahrungen der vergangenen Monate, dass das mit ihrem Sohn nur schwer bis gar nicht umzusetzen ist. Sie hat sich weiter informiert und ein Therapiezentrum in Österreich ausfindig gemacht, über das eine Entwöhnung von zu Hause aus via Online-Behandlung möglich ist. Das Problem: Die Krankenkasse zahlt das nicht. Doch ist sie im Zuge ihrer Recherchen auf einen sehr ähnlichen Fall gestoßen, bei dem ein Gericht anders entschieden habe – sprich die Kasse für die Behandlung aufkommen müsse, wie sie erzählt. Im Moment ist Stefanie noch uneins, ob sie den gleichen, aber wohl zeitintensiven Weg gehen soll – Zeit, in der Leonard weiter von der Sonde abhängig wäre – oder aber einen Teil des „Freies-Wort-hilft“-Spendengeldes dafür in die Hand nimmt, um schnellstmöglich mit der Entwöhnung beginnen zu können.
Ein weiterer bedeutender Schritt im Leben der Familie und des kleinen Leonards, für den bereits Gespräche laufen, ist der Kindergarten. „Das ist jetzt so wichtig“, sagt Stefanie. Mehr als ein Jahr lang hat der Zweijährige den Großteil seiner Zeit in Krankenhäusern allein mit seiner Mutter verbracht. „Er hängt an mir wie ein Kaugummi“, so die 39-Jährige. Sie wünscht sich nichts mehr, als dass ihr Jüngster endlich einfach Kind und mit Gleichaltrigen zusammen sein und spielen kann. „Diese ganz banalen Sachen.“ Stefanie verknüpft mit dem Kindergarten-Besuch auch die Hoffnung, „dass es mit der Sprache vorwärts geht“ – denn auch die beziehungsweise das dafür zuständige Zentrum im Hirn hatte der Tumor beeinträchtigt. In der kommenden Woche soll es in der Lauschaer Kita ein Gespräch vor Ort geben – auch zusammen mit Verantwortlichen, die dem Jungen einen Integrationshelfer zur Seite stellen wollen. Und dann wird entschieden, wann Leonards erster Tag im Kindergarten sein und wie lange er anfangs dort betreut wird. Angepeilt seien erst einmal ein paar Stunden am Vormittag, sagt Stefanie. Stunden, die auch ihr selbst wieder ein wenig Zeit für sich, für ihre anderen Kinder und – schon ein wenig weitergedacht – dann auch wieder für ihre Arbeit, das Nähen, ermöglichen. „Es ist ein Stück Normalität, das zurückkehrt. Langsam aber stetig“, sagt Stefanie. „Es kann nur besser werden.“
Ungewisse Zukunftsaussichten
Mit der Operation am 4. Januar hat für Leonard und seine Familie ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Es ist, wenn man so will, sein zweiter Geburtstag. Und einen dritten kann er künftig auch noch feiern – immer am 8. Februar. An dem Tag, als er auf der Kinderkrebsstation im Klinikum Erfurt die Glocke betätigen und damit im wahrsten Sinne des Wortes das Ende der Behandlung einläuten durfte. Mit welcher Prognose er in die Zukunft starten kann? Mutter Stefanie zuckt mit den Schultern. Die Ärzte mögen sich nicht festlegen, sagt sie. Die Erfahrungen seien ganz unterschiedlich. Es gebe Patienten, die seinerzeit in Leonards Alter waren und heute gesunde Jugendliche sind, aber auch Kinder, bei denen sich drei, vier Jahre später der gesundheitliche Zustand wieder verschlechtert.
„Ich bin jetzt gespannt auf das nächste MRT“, sagt Stefanie. Vier Monate nach der Operation steht das an, folglich im Mai. „Vielleicht“, so die Mutter, „haben wir ja Glück und der Rest des Tumors ist dann einfach verschwunden.“ Positiv denken ist jetzt die Devise und den Weg weitergehen, der sich mit dem neuen Jahr ergeben hat. Wo dieser hinführen wird? Die Familie ist gespannt. Eine Route aber ist schon ganz fest eingeplant. Und zwar eine in Richtung Urlaub, gemeinsame Zeit und unvergessliche Momente mit allen Kindern in den Sommerferien. „Diesmal ein bisschen weiter weg“, sagt Stefanie. „Vielleicht mit dem Flieger nach Spanien. Das habe ich mir vorgenommen, dass wir das dieses Jahr machen.“ Dank all der Leser, die im vergangenen Jahr so viel Geld für den kleinen Leonard gespendet haben.