Nach dem Fußballspiel „Mit der Faust, mit voller Wucht“

Blick auf den Hildburghäuser Kunstrasen. Foto: frankphoto.de/Bastian Frank

Schiedsrichter-Assistent Ringo May-Nowak ist nach der Faust-Attacke gegen ihn, am Sonntag nach dem Fußballspiel in Hildburghausen, nicht mehr arbeitsfähig. Nun werden auch mehrere Gerichte tätig.

 
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Es ist eines der sportlichen Highlights zum Hildburghäuser Theresienfest – der Landesklasse-Kick gegen Thüringenliga-Absteiger FSV Ohrdruf. Die 1:2-Niederlage der Gastgeber sorgt für wenig Gesprächsstoff, stattdessen eine Attacke gegen Schiedsrichter-Assistent Ringo May-Nowak. Was sich genau ereignet, ist unter anderem auch dem „Schiedsrichter-Zusatzbericht“ und den Aussagen einiger Beteiligter und Nebenstehender zu entnehmen.

Das Verhältnis der Spieler untereinander wirkt keineswegs feindselig. Klatschen sich doch die Akteure nach Spielende noch ab – üblicherweise. Nun steht aber den Beteiligten noch der gut 500 Meter lange Weg vom Kunstrasenplatz bis zum Vereinsheim bevor – nachweislich ohne helfende Begleitung seitens des Gastgebervereins. Auch die Unparteiischen müssen also vom „Käfig“ – so wird das Kunstrasen-Areal genannt – direkt durch die Zuschauer Richtung Vereinsheim.

Dabei soll jener Mann, der später auf den Schiedsrichter-Assistent einschlägt, zunächst den Hauptschiedsrichter Steffen Krech, dann das gesamte Team verbal angegriffen haben. „Ich möchte hier die Worte nicht wiedergeben“, wimmelt May-Nowak ab. Krech selbst habe eigenen Aussagen zufolge nicht auf die Worte des Hildburghäusers (Name liegt der Redaktion vor) reagiert und sei zunächst weitergelaufen. Daraufhin muss sich der Fan wohl den Assistenten „zur Brust“ genommen haben – „mit der Faust, mit voller Wucht“, geht auch aus dem Zusatzbericht hervor. Dies alles soll sich noch im eingezäunten Bereich der Sportanlage zugetragen haben. Der betroffene Schiedsrichter selbst zieht Sekunden vorher noch den Hauptschiedsrichter am Trikot aus der Gefahrenzone. „Dann schlug er ohne Vorwarnung zu“, schildert May-Nowak den Vorfall. Er sei dann unfreiwillig zusammengesackt und habe alles nur noch verschwommen wahrgenommen.

Auszeit oder Karriereende?

Mittlerweile ist ein als solcher auch gekennzeichneter Ordner des Hildburghäuser Vereins zum „Tatort“ geeilt; ebenso FSV-Vorstand Markus Harzer, der sich sofort um den am Boden liegenden May-Nowak kümmert und auf dessen Wunsch auch die Polizei verständigt, sowie der Hildburghäuser Kapitän Johannes Schelhorn und der Ohrdrufer Spieler Marty Jung – übrigens selbst Polizist. Nicht etwa Ordner des Gastgebervereins, sondern die beiden Aktiven Schelhorn und Jung lassen nun nicht mehr von May-Nowak ab und sorgen dafür, dass der Geschädigte medizinisch versorgt wird und sicher in die Kabine kommt. Dort sowie anschließend auch im Polizeiauto werden die Beteiligten befragt. May-Nowak selbst landet noch in der Rettungsstelle des benachbarten Klinikums, wo er gründlich untersucht wird. Aus medizinischer Sicht ist seine „Reise“ aber noch nicht vorbei. In den nächsten Tagen muss er sich einem Kiefern- sowie einem Gesichtschirurgen, außerdem einem HNO- und einem Augenarzt vorstellen.

Der 48-jährige Schiedsrichter, der in einem kleinen Familienunternehmen angestellt ist, wird erst mal für zwei Wochen arbeitsunfähig geschrieben. „Ich bin schon 33 Jahre als Schiedsrichter dabei, aber so etwas ist mir noch nicht passiert“, meint am Dienstag ein sichtlich verunsicherter Ringo May-Nowak. Er würde am liebsten das Rad zurückdrehen und nächstes Wochenende wieder zwei Spiele pfeifen. Doch daraus wird nichts – vorerst zumindest. Oder doch für immer? May-Nowak wirkt angespannt, vorsichtig, will nur nicht zu viel sagen. „Ob ich als Schiedsrichter weitermache, das steht auf einem anderen Blatt Papier“, sagt er noch, nachdem er zusammen mit seiner Frau ernsthaft über eine Auszeit debattiert habe.

Ernsthafte, weitreichende Debatten werden auch andernorts geführt: Das Sportgericht des Thüringer Fußballverbandes holt nun Stellungnahmen der Betroffenen ein; der Verein muss mit saftigen Strafen rechnen. Den Übeltäter erwarten straf- und zivilrechtliche Konsequenzen. Der Gastgeberverein will sich am Mittwoch äußern.

Tat nicht vorhersehbar?

Ordner reagiert nicht
Schon während der Partie Hildburghausen – Ohrdruf bittet der Schiedsrichter-Assistent den Hildburghäuser Co-Trainer, einen Ordner zu einer Zuschauergruppe zu schicken, die durch ihre Äußerungen auffällt und sehr aggressiv wirkt. Der Ordner kommt der Bitte des Hildburghäuser Verantwortlichen nicht nach.

Gästespieler vollgespuckt
In der Aufwärmzone hinter dem Tor wird das Leibchen eines Gästespielers von den Zuschauern „verschönert“. Das komplette Rückenteil ist mit Speichelresten übersäht.

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