Mundart-Verlosung Küppla, Tällerlä und Co. eingesendet

Sarah Jakob

Die Dialekt-Zuschriften haben nach dem Aufruf des Sonneberger Reiterleins den Redaktionsbriefkasten geradezu geflutet. Im Lostopf für den Getränkegutschein von Gessner landen natürlich alle, auch weitere. Doch es ist Zeit, einmal den Zwischenstand in der Post zu begutachten – und ein paar Mundart-Mysterien aufzuklären.

 
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Mancher mag es besonders, der andere greift nie danach: Ganz oben auf dem Stapel an Brotscheiben liegt das Küppla. Dieses Wort wurde ebenfalls im Rahmen der Mundart-Begriffssammlung eingeschickt. Foto: /Frank Röder/Imago

Die „Freies Wort“-Leser im Kreisgebiet haben sich nicht zweimal bitten lassen, als es vor gut einer Woche hieß: „Schickt euer liebstes Dialektwort an die Lokalredaktion.“ Schließlich hat niemand anderes als das Lokalmaskottchen "Sonneberger Reiterlein" nach der der Wahl von waafn zum „Mundart des Jahres“ in Oberfranken prompt selbst zur Nennung des liebsten Dialektworts im Landkreis Sonneberg aufgerufen. Eines sei vorab gesagt: Der Einsendezeitraum ist nicht vorbei. Doch was für Schmankerl Reiter und Ross bis jetzt erreichten, ist einen kleinen Überblick wert.

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Kochen, Backen, Mundart servieren

Ein Großteil der Vorschläge lässt sich im Groben dem Themenbereich „Küche“ zuordnen. Wo geknetet, gebacken und gekocht wird, da übernimmt man – ähnlich wie Omas Rezepte – schließlich auch gerne mal die heimatlichen Bezeichnungen für Dinge und Tätigkeiten.

So kommt bei vielen laut Leserin Ilona Major, wenn der Teig gerollt werden muss – oder die Küchengehilfen nicht spuren – das Welgerhulz zum Einsatz. Mit diesem ist die Masse im Nu platt und bereit zum Ausstechen oder Weiterverarbeiten. Zur Vorspeise könnte man dann, solange die Kekse im Ofen sind, einen Rewinzeleszuloud zubereiten, schlägt Ingeburg Kiesewetter vor. Schließlich sollte man auch genug Grünzeug in seinen Speiseplan einkalkulieren. Die beliebte Salatpflanze ist abseits der hiesigen Sprachregion auch als Rapunzel- oder Feldsalat bekannt. Aber das wissen die Sonneberger natürlich. Für die Garnitur kommt einfach noch das ein oder andere Gruserich-Stöckla darauf. Wie? Gruselig? Nein, ganz und gar nicht. Die Definition liegt auch im Gemüsegarten, denn da wächst schließlich sehr häufig Schnittlauch. Wem zum Hauptgang der Geschmack nach Wildfleisch wie Reh oder Hirsch steht, der war vielleicht vorher im Wald oder Garten unterwegs und hat Hölpala gepflückt. Die kleinen, roten Früchte passen nämlich ganz ausgezeichnet zu derlei Braten. Auch Marmelade machen manche aus den vielseitigen Beeren. Angerichtet wird bei Leserin Heike Wichmann alles auf einem Tällerlä, eines für jeden Essengast.

Doch fernab vom Dreigänge-Menü am Sonntag tut es unter der Woche auch mal eine Brotzeit. Wurst, Käse und Brot, am besten außen kross und innen weich, frisch vom Bäcker vorgeschnitten. Anfangs- und Endstück haben dabei in sämtlich Regionen des Landes ihren eigenen Namen. In der Internet-Suchmaschine findet man in wenigen Sekunden eine Liste mit ganzen 217 Einträgen: Köbberla, Riefdla, Randl, Sterzl und Kneidele. Alles schön, doch kommt laut Leserin Christine Strößenreuther nichts an den heimischen Begriff heran: Küppla. Dass es sich um ein besonders hübsch anzuhörendes Dialektwort handelt, fand die Einsenderin schon als Kind, wie sie schreibt.

Was heißt das eigentlich?

Dass man manchmal Ausdrücke von älteren Generationen übernimmt, ohne deren Ursprung ganz genau zu kennen, passiert beim Dialektsprechen vielen Leuten. Nicht alles wird ständig benutzt wie die vorigen Beispiele. So schreibt im Rahmen des Gewinnspiels Leser Helge Harder aus dem Hinterland an „Freies Wort“: „Meine Mutter sagt immer, wenn beispielsweise ein Kuchen besonders locker und luftig geworden ist Da is ja wie Maungerla! Allerdings weiß keiner bei uns, was dieses ‚Maungerla‘, das hier als Vergleichsobjekt herangezogen wird, eigentlich genau ist. Vielleicht kennt jemand diesen Ausdruck und weiß mehr darüber.“ Wer weiß, vielleicht findet sich ja ein cleverer Dialektkenner, der Abhilfe schaffen und das Rätsel lösen kann. Leserin Ilse Schubert dagegen merkt in ihrer Zuschrift an, dass im Landkreis keine „Erpfl“ eingelagert werden, sondern „Arpfl“ in den Keller wandern. Die erste Variante sei eindeutig fehl am Platz, auch wenn sie dem südthüringisch-oberfränkischen Mundart-Mischmasch des Öfteren in ihrer Heimatzeitung begegne. Nun, das findet zumindest das Reiterlein, welches ja ständig auf Streife ist und auch gerne mal die Landkreisgrenze nach Burggrub oder Tettau überquert: Es handelt sich eben um sprachlich gegenseitig sehr voneinander geprägte Regionen. Da gibt es schon ab und zu den ein oder anderen Fall zu diskutieren. Doch die Leserin hatte noch weitere Dialektbegriffe parat, die selbstverständlich in den Lostopf wandern: Wenn man jemanden nicht ordentlich versteht, dann könnte dies der Fall sein, weil der Sprecher bruelzt.

Bru:ezln, das bedeutet „etwas vor sich hin brabbeln, undeutlich reden. Männliche Politiker, die zwar viel reden, dahingegen aber nichts zustande bringen, haben schnell mal den Titel Maahlsaufn weg, schreibt Schubert weiter. Benimmt sich jemand unleidlich, redet etwa schlecht über seine Mitmenschen oder macht durch sonstiges Fehlverhalten auf sich aufmerksam, handelt er wie die reinste Gewiddeziech. Manch einer ist vom Verhalten dieser Leute vielleicht dazu hingerissen, einmal kräftig deren Haare zu zü:ebln. Dann würden Maahlsaufn und Gewiddeziech sicherlich schnell Reißaus nehmen.

So mancher Teilnehmer sendet aber keine Substantive oder Verben ein, sondern kommt gleich mit ganzen Sätzen im Dialekt um die Ecke. Was genau „Sän tutt era“ heißt, hat deshalb ein Leser – leider ohne Vor- und Zunamen in der E-Mail vermerkt – mittels Gedicht zu erklären versucht. Für alle, die es nicht abwarten können: Die ganze Konstruktion heißt sinngemäß, „dass etwas ist oder stattfindet“.

Reiterlein erwartet weitere Post

Ja, der Dialekt ist doch einfach etwas schönes, lässt das Reiterlein ausrichten. Wer braucht schon Sonneberger Gebläder, also den Versuch, das wunderbare Sumbarchisch ans Hochdeutsche anzunähern? Deshalb ist es bis Ende November weiterhin möglich, als waschechter Mundartakrobat sein liebstes Dialektwort auf dem elektronischen Wege an die Lokalredaktion Sonneberg zu schicken. Unter allen heimischen Zungenschlägen wird nach Einsendeschluss der begehrte Gessner-Gutschein verlost. Dazu einfach den Lieblingsbegriff sowie ein, zwei Sätze zur Erläuterungsenden an:

lokal.sonneberg@freies-wort.de

Das Gedicht:

Sän tutt era – laut dös nier schää?Wie italienisch, söllt mer mää.Summbargisch is`s, mußt`s blueß verschtieh,nu hörch amol a bißla hie:De Schmiedspaul un sei Vetter Franzsänn sich begegent auf der Schanz.Heit is fei Singschtund; kümmsta nier?Naa, sogt de Paul, iech gieh ze Bier.Dös kah iech ouber nier verschtieh,du gest dach ölla Dienstig hie;`s öpper heit gor keena, Paul?Sänn tutt era! Nu halt dei Maul! – Leserzuschrift zur Erklärung von„Sän tutt era“