Mühlhausen Ausbeutung und Zwangsarbeit - Neue Forschung zu KZ-Außenlagern

Ein Wachturm und Stacheldraht in der Gedenkstätte Buchenwald zu sehen. Foto: Martin Schutt/zb/dpa/Archivbild

Die Geschichte der beiden KZ-Außenlager in Mühlhausen soll lückenlos dokumentiert werden. Die Stadtverwaltung hat einen Historiker mit dem sensiblen Thema beauftragt. Der hat zunächst die vorhandenen Quellen gesichtet.

 
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Mühlhausen - Rund tausend Zwangsarbeiterinnen und etwa genauso viele KZ-Häftlinge: Die Ausbeutung für die Rüstungsindustrie gehörte zum Kriegsalltag in Mühlhausen. Das bestätigen erste Erkenntnisse des Jenaer Historikers Marc Bartuschka bei seiner Forschung zu den beiden Außenlagern des Konzentrationslagers Buchenwald in Mühlhausen. Nach der Kritik am ursprünglich geplanten Standort für das Thüringer Bratwurstmuseum soll ihre Geschichte intensiver beleuchtet werden. Die Stadt Mühlhausen und der Geschichts- und Denkmalpflegeverein hatten Bartuschka damit im vergangenen Jahr beauftragt.

Das Museum in Mühlhausen sollte ursprünglich auf dem Gelände eines früheren Außenlagers des NS-Konzentrationslagers Buchenwald entstehen. Das hatte für Proteste unter anderem der Jüdischen Landesgemeinde gesorgt. Daraufhin änderte die Stadt die Standortpläne.

Ziel der nun angestoßenen Forschungsarbeit sei es, den Opfern eine Stimme zu geben sowie die Schicksale der Zwangsarbeiter und Häftlinge darzustellen, sagte Bartuschka. Erste Zwischenergebnisse wollte er anlässlich des Holocaust-Gedenkens vorstellen. Zunächst verschaffte sich der Historiker einen Überblick über die vorhandenen Quellen. Während es über das Frauenlager am Stadtwald recht viele Akten, Überlebenden-Interviews oder Zeitzeugenberichte gebe, sei das beim Männerlager «Martha I» anders. Auch die Männer wurden in der Rüstungsproduktion eingesetzt.

Alle der rund 600 jüdischen Frauen im Buchenwald-Außenlager «Martha II» kamen aus dem Vernichtungslager Auschwitz an den Mühlhäuser Stadtwald. Täglich mussten sie zehn bis zwölf Stunden arbeiten - im «Gerätebau», wo die jungen Frauen Zünder für Bomben und Granaten herstellten. Bis zu 1000 Frauen aus ganz Europa hatten bereits in den Jahren zuvor zwangsweise beim «Gerätebau» gearbeitet.

«Das Wissen um das Kapitel Zwangsarbeit und Ausbeutung von KZ-Häftlingen während des Nationalsozialismus ist unzureichend und im kollektiven Gedächtnis wenig präsent», sagt der Mühlhäuser Oberbürgermeister Johannes Bruns (SPD). «Diese Lücke wollen wir schließen». Die Mühlhäuser Bevölkerung verbinde mit dem Gelände «B-Lager» vor allem die langjährige Nutzung durch die Nationale Volksarmee der DDR und nach der Wiedervereinigung als Flüchtlingsunterkunft bis 2007. «Wichtigstes Anliegen ist jedoch, die neuen Kenntnisse in die Bevölkerung zu tragen und mit diesem Kapitel Stadtgeschichte die Erinnerungskultur in unserer Stadt weiter zu stärken».

Bis Jahresende will Bartuschka neue Quellen durchsuchen und erste Ergebnisse vorlegen, die unter anderem in einem Sonderheft «Mühlhäuser Beiträge» veröffentlicht werden sollen. dpa

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