Motorsport und Oldtimer Hoffen auf Vollgas und Zweitaktwolken

Jessie Morgenroth und
Ein Bild aus Zweitakt-Zeiten: Tausende 4000 Fans und Besitzer von Simson-Zweirädern und anderen Ost-Fahrzeugen trafen sich sonst Anfang Mai auch zum Simson-Sandhasen-Treffen in Walldorf. Mit Fachsimpeln und gemeinsamer Ausfahrt. (Archiv-Foto) Foto: tih

Festivals und Großveranstaltungen gehören in Südthüringen schon immer auf den Veranstaltungs- kalender. Nachdem schon im vergangenen Jahr fast alle ausfallen mussten, sieht es auch dieses Jahr eher trübe aus, wie unsere neue Serie zeigt.  Ein Blick in die Motorsport- und Oldtimerszene.

 
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Suhl - Schier unglaublich ist die Anzahl der Freunde des Motorsports und die Vielfalt ihrer Veranstaltungen. Vom Schleppertreffen bis zum Zeitfahren, vom Rennen über gemütliche Ausfahrten bis hin zur Rallye. Das Fachsimpeln gehört immer dazu, die Gemütlichkeit sowieso. Im Sommer gibt es im Süden Thüringens kaum einen Ort, an dem es nicht bei Benzin- und Dieselgesprächen zur Sache geht – normalerweise. Doch derzeit ist alles anders, bereits im vergangenen Jahr mussten fast alle Veranstaltungen abgesagt werden, noch immer haben viele der zumeist ehrenamtlichen Organisatoren die Hoffnung nicht aufgegeben, vielleicht doch ein Stück motorisierter Normalität zu erleben. Immerhin bringen die Treffen ja auch Einnahmen, die die Vereine brauchen.

Simson-Sandhasentreffen in Walldorf bei Meiningen

Eines der ersten Großereignisse in diesem Bereich ist alljährlich das äußerst beliebte Simson-Sandhasentreffen in Walldorf bei Meiningen. Nachdem es 2020 zunächst vom Mai in den Juni und dann noch einmal in den September verschoben und damit letztendlich drei Mal Corona-bedingt abgesagt werden musste, steht nun auch für 2021 fest, dass es kein großes Treffen geben wird. Philipp Vonderlind vom Simson Sandhasen e.V. sagt, dass in normalen Zeiten 4000 bis 5000 Leute beim Treffen dabei sind. Ein großes Festzelt und eine Bühne werden aufgebaut, die Ausfahrt lockt Tausende auf die Straße und als Zuschauer an die Straßenränder. Mit 120 ehrenamtlichen Helfern stemmen die 30 Vereinsmitglieder die Großveranstaltung. „Es tut schon weh, nichts machen zu können“, bekennt er. „Wenn der Jahreshöhepunkt ins Wasser fällt, ist das einfach nur schlecht, alles ist unter den gegenwärtigen Bedingungen sehr schwierig.“ Die Vereinsarbeit leidet, auch weil normale Zusammenkünfte der Simson-Freunde wegen der geltenden Kontaktbeschränkungen nicht möglich sind. Die Einnahmen für die Vorfinanzierung des nächsten Treffens fehlen. „Vielleicht machen wir im engesten Kreis mal was Kleines, aber das große Treffen wird es 2021 definitiv nicht geben“, sagt Philipp Vonderlind.

Simson-Treffen „Kommt nach Hause“

Der offizielle Simson-Lizenznehmer, die Firma MZA, hatte zuletzt alljährlich am ersten Juliwochenende auf dem Flugplatz in Suhl-Goldlauter das Simson-Treffen „Kommt nach Hause“ auf die Beine beziehungsweise die Räder gestellt. Nach der Absage im vergangenen Jahr werden die Simsonfreunde aus ganz Deutschland und den Nachbarländern wohl auch in diesem Jahr nicht gemeinsam an den „Geburtsort“ ihrer flotten und zuverlässigen Maschinchen zurückkehren können. Nach der Absage im vergangenen Jahr wurden die bereits gekauften Tickets erstattet. Mit bis zu 6000 Simson-Freunden – von denen viele von weither anreisen und wie bei Festivals üblich in Zelten übernachten – hatte man in Suhl eigentlich gerechnet. „Ich bin gerade dabei, die Absage für dieses Jahr nach außen zu kommunizieren“, sagt Manuela Jakob, die Betriebsleiterin von MZA auf dem Rohrer Berg bei Meiningen. „Ein Hygienekonzept zuverlässig umzusetzen, ist bei einem so großen Treffen kaum möglich“, berichtet sie. „Die Verantwortung für eine Großveranstaltung kann niemand übernehmen und auch wirtschaftlich wäre es unter Corona-Bedingungen extrem schwierig“, erklärt sie. Auch wenn die Absage des Treffens für das Unternehmen wohl keine finanziellen Verluste mit sich bringt: Das Gemeinschaftserlebnis, die Party und auch die Ausfahrt wird es nicht geben. „Es ist echt schade, dass der Spaß wegbricht.“ Zu spekulieren, macht aus der Sicht von Manuela Jacob keinen Sinn. Sie hofft nun auf das erste Juliwochenende im Jahr 2022. „Wir müssen nach vorn schauen!“

Jubiläum 70 Jahre AWO

Auch Oldtimerfans haben in diesen Zeiten ihre Schwierigkeiten. Thorsten Orban vom Suhler Fahrzeugmuseum berichtet, dass die Oldtimer- und Ersatzteilmesse Oldtema in Erfurt vom Januar auf den April verschoben und nun endgültig abgesagt wurde. Schrauber versorgen sich bei solchen Messen gern mit Ersatzteilen und Raritäten, kommen aber auch miteinander ins Gespräch. Am 1. Mai sollte das Jubiläum 70 Jahre AWO gefeiert werden. Doch das robuste Simson-Viertakt-Motorrad muss nun noch ein bisschen warten, bis es gebührend gewürdigt werden kann: „Doch aufgeschoben heißt nicht aufgehoben“, verspricht Thorsten Orban. Noch nicht aufgegeben ist auch die Hoffnung, die traditionelle Ausfahrt der historischen Fahrzeuge durchzuführen: „Wir planen die große Oldtimerausfahrt nach wie vor für den 11. September“, sagt Thorsten Orban.

Schlepper- und Schrauberfreunde

Kein Anglühen gibt es wie sonst am 1. Mai auf dem Sportplatz in Hinternah (Kreis Hildburghausen): Die traditionelle Feier, die sonst vom Verein Schlepper- und Schrauberfreunde Hennebergisches Land Südthüringen organisiert wird, fällt auch auch in diesem Jahr der Pandemie zum Opfer – es gibt keine Genehmigung. Ob es später eine Ersatzveranstaltung im kleineren Rahmen geben wird, kann der Vereinsvorsitzende David Knoll nicht sagen.

Das Vereinsleben der Schlepper- und Schrauberfreunde ist indes zum Erliegen gekommen. „Die Mitglieder wollen mal wieder raus, um Leute und Gleichgesinnte zu treffen“, sagt Knoll . Die meisten Mitglieder seien schon über 50 und würden die momentane Situation nur schwer schlucken. Generell ist das Anglühen nicht nur für Traktorliebhaber, sondern auch für die Einwohner des Ortes die Gelegenheit, um mal wieder zusammenzukommen, ein Bierchen zu trinken und zu plaudern. Das Programm mit einer Ausfahrt durch das Dorf bis hin zu einer Tombola zieht nicht nur eingefleischte Traktorliebhaber, sondern auch feierwillige jeden Alters an. Für den Verein ist so ein Fest auch eine gute Gelegenheit, neue Mitglieder zu finden. Normalerweise. 22 Traktorenfreunde gehören derzeit zum Verein, in diesem Jahr kam bisher kein neues Mitglied dazu. „Sonst konnten wir die Kinder mal auf den Anhänger setzen und durchs Dorf fahren“, sagt David Knoll. Mittlerweile wurde er schon von Kindergartenkindern angesprochen, er sei doch der mit dem Traktor. Ja, das ist er. Aber eine Ausfahrt ist gerade leider nicht erlaubt. „Dabei sind das die Kinder, die vielleicht später selber mal einen Traktor haben und zu uns in den Verein kommen.“

Auch in der Kasse macht sich der Wegfall des Anglühens bemerkbar. Der Verein muss laufende Kosten decken – auch jetzt kommen Rechnungen, aber es gibt keine keine Einnahmen. Die Rechnung für die Internetseite zum Beispiel zahlt David Knoll derzeit aus eigener Tasche. Die Schlepperfreunde geben die Hoffnung nicht auf, auch wenn der 1. Mai in Hinternah ein ruhiger wird – ohne Trecker & Co.

Am nordwestlichen Rand des Grabfeldes treffen sich die Schlepperfreunde zum Schleppertreffen Schwickershausen . Für sie berichtet Stefan Wieseke: „Zur Zeit ist noch nicht abzusehen, ob in diesem Jahr ein Schleppertreffen stattfindet. Eine Veranstaltung unter aktuellen Bedingungen wird schwer umsetzbar sein. Eine endgültige Entscheidung steht noch aus, folgt aber zeitnah.“

Ilmenauer Gabelbachbergrennen

Ausfallen wird in diesem Jahr auch das Ilmenauer Gabelbachbergrennen. Zwar soll es im Juni 2022 wieder eine neue Ausgabe des ältesten Bergrennens der Welt geben, ob das allerdings möglich sein wird, ist derzeit noch unklar, erklärt Alexander Siefert vom Verein Gabelbachbergrennen Ilmenau. Für das kommende Jahr gebe es nur ein vages Konzept, immerhin könne derzeit nicht einmal von einer Woche zur nächsten geplant werden. Auch im vergangenen Jahr musste das Gabelbachbergrennen pandemiebedingt ausfallen.

Dass es auch dieses Jahr nichts wird, ist für Vereinsmitglieder wie auch die Teilnehmer gleichermaßen traurig. Das Rennen würde fehlen, zumal alle mit Herzblut beim Event dabei seien, sagt Siefert. Zwar entfalle nun auch der organisatorische Aufwand, „aber das haben wir ja gerne gemacht.“ Zudem können sich die Teilnehmer, darunter auch langjährige Vereinsfreunde, ein weiteres Mal nicht sehen. „Das soziale Miteinander fehlt“, sagt Siefert. In den vergangenen Jahren seien die Veranstalter mit dem Rennen auf dem aufsteigenden Ast gewesen. Zur letzten Ausgabe, 2019, zog es mehr als 100 Teilnehmer nach Ilmenau. Dass nun der Corona-bedingte Bruch kam, sei enttäuschend. Die Teilnehmer kamen in den vergangenen Jahren aus ganz Deutschland und zum Teil sogar aus der Schweiz, erinnert sich Siefert. Nichtsdestotrotz soll das Gabelbachbergrennen nicht für immer in die ewigen Renngründe eingehen. Ob die Fahrzeuge aber schon im kommenden Jahr wieder durchstarten können, wird sich zeigen.

Freie Bergrennen für Jedermann

In der Planung befindet sich derzeit das Freie Bergrennen für Jedermann , dass im Sommer im Kreis Hildburghausen, genauer auf der Naturrennstrecke zwischen Waldau und Steinbach, ausgetragen werden soll. Eine offizielle Zusage vom Amt gebe es bisher nicht, sagt Thomas Weser, der als Ansprechpartner für das Rennen fungiert. „Wir sind guter Dinge“, gibt sich Weser optimistisch. 2020 ist das Rennen ausgefallen. „Wir haben noch versucht, es zu verschieben“, erinnert er sich, doch auch das habe nichts genützt. Nichtsdestotrotz stehen die Sponsoren und auch die Teilnehmer weiter hinter den Veranstaltern, nur wenige Motorsportfreunde hätten ihr Startgeld zurückverlangt. Sollte es dieses Jahr wieder eine Ausgabe des Bergrennens für Jedermann geben, rechnen die Veranstalter mit etwa 100 Teilnehmern – so, wie auch in den Jahren zuvor. Normalerweise sind dann auch Hunderte Zuschauer dabei, erleben Motorsportfeeling mitten im Wald. Nun wird sogar überlegt, das Rennen notfalls ohne Zuschauer auszurichten. Für die Fans, die dann nicht dabei sein könnten, solle es dann aber zumindest eine Liveschalte geben. „Das Optimum wäre aber ein Bergrennen mit Zuschauern“, ist für Weser völlig klar.

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