Morde in Altavilla Milicia, Sizilien Bluttat von Palermo: War es religiöser Wahn?

Dominik Straub

In einem Vorort von Palermo hat ein Mann mutmaßlich seine Frau und zwei seiner Kinder wohl bei einer Art Teufelsaustreibung umgebracht.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Die Polizei untersucht den Tatort in Altavilla Milicia. Foto: Alberto Lo Bianco/LaPresse via Z/Alberto Lo Bianco

Die Szenerie am Tatort sei so erschütternd gewesen, dass „bisher niemand den Mut hatte, sie genauer zu beschreiben“, schrieb die Zeitung „La Stampa“. Die beiden Söhne des Täters, fünf und 16 Jahre alt, lagen tot und mit Eisenketten gefesselt in ihren Betten. Die Mutter ist später unweit des Hauses, in dem die Familie wohnte, ebenfalls tot aufgefunden worden. Ihr Leichnam war vom Ehemann verbrannt und notdürftig verscharrt worden.

Nach der Werbung weiterlesen

Die siebzehnjährige Tochter wiederum, die von ihrem Vater als Einzige verschont worden war, fanden die Carabinieri lebend in ihrem Zimmer. Das Mädchen war verstört und stand unter Schock. Sie wurde in ein geschütztes Wohnheim gebracht und wird nun psychologisch betreut.

Kontakt mit einer Sekte?

Der mutmaßliche Täter hatte in der Nacht auf Sonntag selber die Carabinieri angerufen und die Taten gestanden. „Ich habe sie getötet, sie waren vom Satan besessen“, hat er Medienberichten zufolge gegenüber den Beamten gesagt. Der Familienvater ist Mitglied einer evangelischen Pfingstgemeinde und war möglicherweise zudem in Kontakt mit einer Sekte gekommen.

Die überlebende Tochter sagte gegenüber den Carabinieri aus, dass der Vater bei der Mutter und ihren beiden Brüdern ein Exorzismusritual vorgenommen habe, „um die Dämonen zu vertreiben“. Dabei waren die beiden Jungen offenbar mit Eisenketten gequält und anschließend erdrosselt worden. Noch ungeklärt ist, ob zwei weitere Personen an den Taten beteiligt gewesen sind. Dieses Paar hatte der Vater in der Pfingstgemeinde kennengelernt. Die beiden wurden inzwischen verhört.

Vieles von dem, was sich in dem ärmlichen, nie fertiggebauten Haus in Altavilla Milicia, einem Vorort von Palermo, abgespielt hat, ist noch unklar. Zum Beispiel könnte es laut den Ermittlern sein, dass die Mutter schon vor etwa einer Woche getötet und anschließend „entsorgt“ worden sei, während die beiden Brüder vermutlich am Freitag getötet wurden.

Dies würde bedeuten, dass sich die Tochter zwei Tage lang in dem Haus befand, während ihre beiden Brüder im Nebenzimmer tot in ihren Betten lagen. Die Carabinieri klären nun ab, ob sie von ihrem Vater gefangen gehalten oder unter Drogen gesetzt worden ist, damit sie nicht flüchtet.

Religiöse Posts auf den Social Media

Die Staatsanwaltschaft von Palermo geht davon aus, dass der Familienvater seine Taten in einer Art religiösem Wahn verübt hat. Neben seinen Kontakten zu der – an sich unauffälligen und von den Behörden als harmlos bezeichneten – Pfingstgemeinde sprechen eine Flut religiöser Einträge und Bibelzitate auf den Social-Media-Profilen des Täters für diese Theorie. Auf Facebook bezeichnete er sich unter anderem als „Soldat Gottes“. Zudem stand der Täter offenbar unter dem Einfluss eines dubiosen Wunderheilers und Exorzisten, der in den süditalienischen Regionen Apulien, Kalabrien und Sizilien schon seit Längerem sein Unwesen treibt.

Nachbarn erklärten am Sonntag gegenüber dem staatlichen Fernsehen RAI, dass die Familie sich abgesondert und im Ort weitgehend isoliert gelebt habe. Die Kinder gingen aber ordentlich zur Schule.

Die Tante und die Großmutter der ermordeten Ehefrau zeigten sich fassungslos: „Wir können das alles nicht nachvollziehen. Wie konnte es nur so weit kommen? Es gab Streitereien, aber die gibt es in allen Familien. Wir hätten uns nie gedacht, dass so etwas passiert“, äußerten die Verwandten gegenüber italienischen Medien.

Der Bürgermeister von Altavilla Milicia, Giuseppe Virga, erklärte, die Gemeinde stehe unter Schock. Sämtliche Faschingsfeiern in den Ort wurden abgesagt.