Für die Menschen in der DDR bedeutete Gorbatschow zuallererst Hoffnung – dass sich auch an den hierzulande herrschenden verkrusteten Strukturen etwas ändern ließe, dass sich von Ost und West zusammen ein friedliches „Europäisches Haus“ bauen lässt, wie es ihm bis zuletzt vorschwebte. Schließlich gingen 1989 in der DDR Menschen auch mit „Gorbi, Gorbi!“-Rufen auf die Straße. Doch die Realitäten waren andere: Die Dokumente des XXVII. Parteitags der KPdSU mit der Gorbatschow-Rede waren in der DDR Ende der 1980er Jahre ähnlich selten wie Karl Mays Abenteuerbücher, das Nein aus Ost-Berlin gipfelte in der Aussage, wenn der Nachbar seine Wohnung streicht, müsse man noch längst nicht selbst renovieren. Die Sowjetunion kam unter dem mit Mitte 50 ungewohnt jungen KPdSU-Generalsekretär nicht aus ihren Schwierigkeiten heraus, wohl aber sorgten Eingriffe wie das Alkoholverbot für viel mehr Unmut, am Ende zerfiel – angefangen im Baltikum – der ganze Staatenbund. Und wir erleben als Gegenreaktion heute einen massiven russischen Nationalismus.