Geschlafen haben sie im Obergeschoss des Pfarrhauses direkt neben der Walldorfer Kirchenburg – einem Ort der Geschichte, der Begegnung, der Ruhe und der Kraft. Etwas mehr als ein Dutzend Kinder und Jugendliche waren während der Herbstferien auf der Kirchenburg. Sie nutzten eine Woche für erholsame, aber auch erlebnisreiche Tage, um Mut und Zuversicht für die kommende Zeit zu schöpfen. Denn die 8 bis 16-Jährigen teilen alle ein besonderes Schicksal. Sie sind sogenannte Schattenkinder. Ihre Geschwister kämpfen im Kinder- und Jugendhospiz Tambach-Dietharz um Leben und Tod. Mit einem Mal richtet sich die Aufmerksamkeit mit Sorgen und Ängsten auf das kranke Kind, während den Geschwistern nur das Leben im Schatten ihres Bruders oder ihrer Schwester bleibt. Oft werden sie von der eigenen Familie übersehen und emotional vernachlässigt, manchmal auch unbewusst, weil sich die Sorge der Eltern verständlicherweise um das erkrankte Geschwisterkind dreht. Schnell werden ihre Bedürfnisse übersehen. Mit so einem Schicksalsschlag ändert sich für die Familien plötzlich alles. Veränderungen, die in ihrem Ausmaß kaum zu unterschätzen sind. Schade und auch tragisch, denn in den betroffenen Kinderseelen schleichen sich Frust und Entbehrung ein, die sie Zeit ihres Lebens zeichnen. Familien sind mit den gewaltigen Herausforderungen überfordert – am Limit. Mehr als zwei Millionen Kinder deutschlandweit wachsen mit schwer erkrankten oder auch behinderten Geschwistern auf.
Meiningen/Walldorf Schattenkinder auf der Kirchenburg
Diana Werner-Uhlworm 16.10.2024 - 12:19 Uhr