Meiningen Classic So war man früher unterwegs: Ein Markt voller Oldtimer

Zeitzeugen des Motorrad- und Automobilbaus aus fast einem Jahrhundert präsentierten sich zur 9. Auflage von Meiningen Classic am Samstag auf dem Marktplatz. Gern erzählten die Besitzer den Besuchern mehr zu ihren „Schätzchen“.

 
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Ein Kulturgut bewahren, Erinnerungen an die Jugend wachhalten oder einfach sinnvolle Freizeitgestaltung: Gründe, einen Oldtimer zu restaurieren, zu pflegen und natürlich zu fahren, gibt es viele. Davon konnten sich zahlreiche Besucher zur 9. Auflage von „Classic Meiningen“ am Samstagnachmittag auf dem Marktplatz selbst überzeugen: Hunderte Fahrzeuge auf zwei, drei und vier Rädern aus allen Epochen des Automobilbaus in Ost und West waren am Nachmittag zu sehen, Fahrer und Passagiere zum Teil zeitgenössisch eingekleidet und immer gern zu Fachsimpelei und Benzingesprächen bereit. Das Wetter spielte mit – ein paar Regentropfen störten kaum: Bis Cabrio-Besitzer das Verdeck aufgespannt hatten, zeigte sich schon wieder die Sonne. Egal ob Modelle von Chevrolet, Volkswagen, Opel, Ford, Mercedes-Benz oder von Skoda, Wartburg oder Trabant, dazu Raritäten wie zwei Simson Supra aus Suhler Produktion – alle Fahrzeuge präsentierten sich im besten Licht und verrieten viel von der Liebe, aber auch der Mühe der Besitzer, ihre Schätzchen zu erhalten.

Neuneinhalb Jahre hat beispielsweise Frank Theme aus Zella-Mehlis am IFA F 8 Luxus-Cabriolet restauriert. In 20 Kisten verpackt, holte er das einst nur in geringer Stückzahl bei Gläser in Dresden gebaute Fahrzeug in Halle ab und ging an den Wiederaufbau. Die Technik ließ er von Fachleuten, von denen es noch einige gibt, überholen, für die Karosse wurde gar ein Stellmacher ob des Holzaufbaus benötigt. „Seit 2021 ist das Gefährt fertig und wird von mir und meiner Frau für Ausfahrten genutzt.“ 20 PS aus dem 700 Kubikzentimeter Zweizylinder-Zweitakter reichen dafür aus. Ein Fahrzeug, was man sonst garantiert nicht so auf Treffen sieht, zeigte Hagen Möller aus Breitungen – eine Kälble Straßenwalze von 1935. Bis in die 1980er-Jahre wurde das urige Gefährt, Gewicht 13 Tonnen, beim Straßenbau eingesetzt. Unverwüstlich der Motor, ein Schiffsdiesel, ebenso der Aufbau, der aus zentimeterdickem Stahl besteht. „Da kann nichts durchrosten.“ 1933 gründete der Vater von Hagen Möller ein Hoch- und Tiefbaufirma, zwei Jahre später kam die Walze hinzu, die bis heute fahrbereit ist.

Auf drei Rädern war Manfred Walther aus Obermaßfeld-Grimmenthal nach Meiningen gekommen – mit einem D-Rad-Gespann, Baujahr 1928. Und auch das stach unter den vielen MZ-, EMW-, Simson- und anderen Zweirädern hervor. „Zwei Jahre lang hab ich den vormaligen Besitzer versucht zu überzeugen, mir das Motorrad zu verkaufen“, erinnert sich Walther, gelernter Autoschlosser, der mit den „Freunden des alten Blechs“ auch eigene Veranstaltungen organisiert. Jedes Jahr ist er zudem auf D-Rad-Treffen unterwegs, Ausfahrten von bis zu 150 Kilometern Länge sind kein Problem. 500 Kubikzentimeter und zwölf PS müssen für das ob seiner harten Federung einst „Spandauer Springbock“ genannte und in Berlin gebaute Zweirad reichen. Das I-Tüpfelchen ist der original zum Modell gehörende Beiwagen. „Der stand in einem Hühnerhof, komplett durchrostet.“ Heute sieht das Gespann wieder aus wie werksneu.

Der Großvater besaß einst so ein Modell, vor zehn Jahren packte Peter Klein aus Herbstein im Vogelsberg das Goggo-Fieber und er legte sich so einen Zwerg unter den Kleinwagen der 1950er-Jahre zu. Allerdings: Komfortabler als in BMW Isetta oder Messerschmitt Kabinenroller war man im Viersitzer damit durchaus unterwegs. Ein weiterer Pluspunkt: „Die Ersatzteilversorgung ist erstaunlich gut, es gibt so gut wie alles in guter Qualität.“ 13,6 PS und 250 Kubikzentimeter sind für 80 Stundenkilometer auf der Landstraße gut.

Stolz auf ihre nach eigener Aussage „Traumautos“ sind auch Sven und Christian Beiersdorfer. Selten geworden ist mittlerweile die 190er Baureihe von Merdeces-Benz, erst recht, wenn es sich um einen 2,5 Liter mit 200 PS handelt. Und auch die Zeit der Manta-Witze ist längst vorüber. „Ich hab die Manta-Filme aus den 1990er-Jahren gesehen und mir aber gerade deshalb 2011 einen angeschafft“, sagt Christian Beiersdorfer augenzwinkernd. Voll alltagstauglich, werden Mercedes und Opel zwar pfleglich behandelt, aber regelmäßig gefahren. Das galt übrigens auch für die anderen Oldtimer-Fahrer auf dem Markt: „Das Auto nur stehen zu lassen ist immer die schlechteste Variante.“

Grußworte kamen zu Beginn von Vizebürgermeisterin Monika Lösser und Frank Wöhner, die sich über den Zuspruch an Fahrzeugen und Besuchern freuten. „Es sind wieder wundervolle Autos dabei, nehmt euch Zeit und kommt nächstes Jahr wieder“, sagte Wöhner, der selbst einige rare Vorkriegsmodelle in Bestzustand dabei hatte. Für kurzweilige Unterhaltung zwischenzeitlich sorgten die Damen der Gruppe „Lieblingsstücke“ aus Suhl, die zu passender Musik Mode aus dem vorigen Jahrhundert präsentierten und dafür viel Applaus von den Gästen bekamen. Für die 10. Auflage 2023 haben Wöhner und seine Mitstreiter bei Organisation und Ausrichtung schon Ideen für ein paar neue Programmpunkte: So soll es unter anderem eine Ausfahrt durch die Stadt geben.

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