Substanzen dieser Art, auch Glucosinolate genannt, kommen bei Kreuzblütlern wie Meerrettich, Kresse und Kohl vor und dienen der Pflanze zur Abwehr von Fraßfeinden und Krankheitserregern. Wird das Gewebe der Pflanze verletzt – etwa durch einen Tierbiss – werden die scharfen Senföle freigesetzt. „Diese Scharfstoffe haben tolle Wirkungen. Sie sind unter anderem antibakteriell, antiviral und entzündungshemmend“, sagt der Ernährungsmediziner Andreas Michalsen, Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde am Immanuel-Krankenhaus Berlin. Für Kapuzinerkresse und Meerrettich gibt es Studien, die diese Wirkungen belegen. Für Senf liegen dagegen nicht viele wissenschaftliche Daten vor, räumt er ein. „Ich gehe aber davon aus, dass die Ergebnisse übertragbar sind.“ Abgesehen davon wirkt Senf – wie andere scharfe Gewürze – verdauungsanregend. „Es ist daher absolut sinnvoll, zur Wurst Senf zu essen“, meint Michalsen – vorausgesetzt, der Magen verträgt so viel Würze.
Senföle sollen noch mehr Effekte haben. So gibt es Hinweise, dass sie unter anderem antidiabetisch wirken, krebshemmende Eigenschaften haben sowie vor oxidativem Stress schützen. Die meisten Studien dazu wurden jedoch im Labor durchgeführt. Wie die Substanzen genau im Menschen wirken und wie viel man für die positiven Effekte zu sich nehmen müsste, ist offen. „Es gibt keine Faustregel nach dem Motto: zwei Esslöffel täglich“, sagt Kaufmann.
Einige Inhaltsstoffe sollen aber bedenklich sein
Außerdem unterscheiden sich die Inhaltsstoffe von Sorte zu Sorte deutlich. In scharfen Sorten werden mehr braune und schwarze Samen verarbeitet, die einen hohen Gehalt des Glykosids Sinigrin haben. Für milden Senf verwendet man eher helle Samen, die Sinalbin freisetzen. Dieses Senfölglykosid kann neben nützlichen offenbar auch unangenehme Eigenschaften entfalten: So geht man beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) davon aus, dass daraus bei der Senfherstellung Bisphenol F gebildet werden kann. Diese Substanz ist noch wenig untersucht, aber Wissenschaftler vermuten, dass sie wie das bekanntere Bisphenol A hormonwirksam und daher bedenklich ist. Um zu beurteilen, ob von Senf diesbezüglich wirklich Risiken ausgingen, lägen aber zu wenig Daten vor, heißt es bei der Behörde.
Ein anderer Inhaltsstoff, der Probleme bereiten kann, ist die Omega-9-Fettsäure Erucasäure. Bei Tieren, die viel davon fraßen, zeigten sich krankhafte Veränderungen am Herzen. Deshalb darf Senf als Würzmittel in der EU nicht mehr als 3,5 Prozent von der Fettsäure enthalten. Für Senföl gilt ein Höchstgehalt von fünf Prozent. Abgesehen davon kann Senf – wie andere Korbblütler – Allergien auslösen.
Fußbad mit Senfmehl
Anwendung
Man kann Senf auch äußerlich anwenden: „Für ein Fußbad gibt man ein bis zwei Esslöffel Senfmehl ins warme Wasser“, sagt der Naturheilkundler Andreas Michalsen. „Dadurch wird die wärmende Wirkung verstärkt.“
Wirkung
Die Zutat wirkt durchblutungs- und kreislaufanregend und wird in der Naturheilkunde etwa angewandt, um eine heraufziehende Erkältung abzuwehren. Auch bei Kopfschmerzen und rheumatischen Erkrankungen soll das Fußbad lindernd wirken. Aber: „Bei äußeren Anwendungen muss man sehr vorsichtig sein und auf Verbrennungszeichen achten. Die Haut wird schnell knallrot“, sagt Michalsen. Die Scharfstoffe sind stark reizend – wirkt Senf zu lang ein, können sich Brandblasen bilden. (ast)